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Wolfsmondnacht (German Edition)

Wolfsmondnacht (German Edition)

Titel: Wolfsmondnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Lynn Morgan
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abwehrende Bewegung mit der Hand. »Ich habe Euch nur die Grundzüge erklärt, doch nicht alles lässt sich lehren. Intuition.« Er schnippte mit den Fingern. »Intuition ist wichtig in unserem Geschäft, neben einem untrüglichen Verstand.«
    »Gewiss, Monsieur.«
    »Doch da ist noch etwas, über das ich mit Euch reden möchte.« Monsieur Blanchard wirkte plötzlich befangen, eine Eigenschaft, die Jean-François bisher nicht von ihm kannte.
    » Oui ?«
    »Wir sind Geschäftspartner, haben uns gegenseitig geholfen, sind gewissermaßen auf dem Weg, Freunde zu werden.« Monsieur Blanchard nippte an seinem Wein. »Ich habe eine Bitte an Euch, die Eure Diskretion erfordert.«
    Jean-François schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
    »Ihr könnt Euch selbstverständlich auf mich verlassen.«
    Monsieur Blanchards Hand zitterte leicht, als er sein Weinglas zurück auf den Tisch stellte. »Ihr seid noch in einem anderen Gewerbe tätig.«
    »Ihr meint das Bordell?«
    » Oui .« Monsieur Blanchard nippte erneut an seinem Wein. »Ich bin ein viel beschäftigter Mann und hatte in den letzten Jahren wenig Zeit für gewisse Dinge und zudem eine Scheu, ein Etablissement wie das Eure zu betreten.«
    Jean-François’ Herz schlug schneller. »Ihr wollt, dass ich Euch eines meiner Mädchen schicke?«
    Monsieur Blanchard atmete geräuschvoll aus. Er wirkte mit einem Mal sehr erleichtert. » Oui , wenn es möglich ist.«
    »Das ist ein erhebliches Risiko.» Sie würden ihn ins Grand Châtelet werfen, wenn herauskam, dass er die illegale Prostitution unterstützte. Die Strafen dafür waren hoch.
    »Für mich werdet Ihr es doch tun?«
    Jean-François hatte Blanchard in den letzten Wochen kennengelernt. Wenn dieser eine Entscheidung traf, dann war diese unumgänglich. Entweder er beugte sich oder seine Ausbildung zum Händler stand in Gefahr. Gewiss konnte er auch ohne diese ein Unternehmen führen, doch Blanchards Wissen war der Schlüssel zum Erfolg.
    »Ich werde es tun, doch erbitte ich mir ebenfalls absolute Diskretion.«
    »Selbstverständlich. Schon im eigenen Interesse.« Monsieur Blanchard schluckte geräuschvoll. »Man wird doch nicht etwa erkennen … Ich meine ihren Stand …«
    Jean-François schüttelte den Kopf. » Non , die Dame, die ich Euch schicken werde, sieht aus wie die Unschuld selbst. Verlasst Euch auf mich.«
    »Meinen verbindlichsten Dank. Ist es Morgen bereits möglich?«
    Jean-François überlegte kurz und nickte. »Abgemacht. Morgen.«
     
    17. Juli 1560
    Die Einzige, die Jean-François zum Nachlassgericht begleitet hatte, war Juliette, doch sie wollte nicht mit hineingehen und wartete stattdessen lieber draußen. Er befand sich jetzt bereits eine halbe Stunde in dem Gebäude.
    Der Nachlassrichter stellte seine Frage erneut. »Wollt Ihr das Erbe annehmen, Monsieur Merdrignac?«
    » Oui , das werde ich.« Jean-François vernahm den Rest der Testamentseröffnung wie durch einen Regenschauer, undeutlich und mit einem Frösteln. Die Sitzreihen waren leer, bis auf Émile, der so weit von ihm entfernt saß, wie es der Raum zuließ.
    Die Worte des Nachlassrichters hallten von den kahlen Wänden wider. Das Haus in der Rue des Rats sollte Émile gehören, doch das Bordell gehörte ihm allein. Das Bordell war über und über verschuldet und doch war es das Einzige, was er noch von Suzette hatte, die einzige Verbindung mit ihr.
    Er hasste sich selbst für seine Sentimentalität. Die Erinnerung an die Nacht, als sie sie mitnahmen, überkam ihn. Ihre letzten Worte ihm gegenüber. Ihre Stimme, die bebte vor der Angst vor dem Scheiterhaufen. Jean-François verspürte trotz der Sommerhitze Kälte in sich. Seine Glieder erschienen ihm steif, als er sich erhob.
    Juliette wartete draußen auf ihn. Émile ging grußlos an ihr vorüber und verschwand im Menschengewirr der Gassen. Jean-François blieb neben ihr stehen und tauschte angedeutete Küsse mit ihr aus.
    Besorgt sah Juliette ihn an. »Wie geht es dir? Du siehst so blass aus.«
    »Es ging mir schon besser. Das Bordell gehört mir.«
    Ein zaghaftes Lächeln trat auf ihre Züge. »Aber das ist doch wundervoll.«
    »Gar nichts ist wundervoll. Auf dem Haus sind Schulden bis zum Dachstuhl.«
    »Das Bordell wird genug abwerfen, um sie abzubezahlen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es sind verdammt viele Schulden. Es wäre besser, ich würde das Haus verkaufen, doch ich kann es nicht, nicht nachdem ich es ihr am letzten Abend ihres Lebens geschworen habe.«
    »Du musst Suzette

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