Wolfsmondnacht (German Edition)
besuchen. Niemals könnte er sich verzeihen, wenn er den beiden Weibern, die er liebte, etwas antun würde. Dies galt es unbedingt zu verhindern.
Jean-François betrat sein Bordell. Kerzen brannten in den Fenstern. Die Gerüche nach Rotwein und schweren Parfums lagen in der Luft.
»Ah, da kommt er ja, der noble Monsieur. Ihm ist sein Arsch zu fein, um zu arbeiten.« Marguerite lachte hämisch.
Jean-François schloss geräuschvoll die Tür hinter sich und trat näher. Vier Augenpaare richteten sich auf ihn.
»Ich werde wieder arbeiten, doch nicht jetzt«, sagte er.
Marguerite schüttelte sich vor Lachen. »Ach, tatsächlich? Willst jetzt ein großer Händler werden wie dein neuer Bekannter? Bist dir zu schade für uns?«
»Es ist wahr, dass ich mich weiterbilde, doch ich tue es auch für uns, für dieses Haus.«
»Pah! Ein feiner Schnösel willst du werden! Bereits drei Nächte lang hast du kein Geld mehr ins Haus gebracht.«
Jean-François spürte die Wut in sich aufsteigen. Am liebsten hätte er das elende Weibsbild gepackt und geschüttelt, doch er hielt sich zurück. Er hoffte dennoch, sie würde ihn nicht zu sehr herausfordern.
»Ich habe meine Gründe und sehe keine Veranlassung, mich zu rechtfertigen.« Er trat so nahe an Marguerite heran, dass sie seinem Blick nicht mehr ausweichen konnte, ohne zu Boden blicken zu müssen. »Schon gar nicht vor dir, Weib. Wenn dir das nicht passt, dann gehe. Sofort!«
Marguerite erbleichte. »Aber so war das doch nicht gemeint.«
Er bedachte sie mit einem Blick, der sie zusammenzucken ließ. »Ach, und wie war es dann gemeint?«
»Wir haben Schulden bis zum Haaransatz und wir Weiber sollen die Beine breitmachen, um sie abzubezahlen, doch du machst gar nichts.«
»Ich beschütze euch und schmeiße Kunden raus, die sich nicht an die Regeln halten. Außerdem wird das, was ich mit Monsieur Blanchard mache, auch bald genügend Geld abwerfen, um Schulden zu tilgen.«
»Oh, wie viel du doch tust. Und was ist mit den Kunden, die um deinetwillen kommen und die Estelle wieder wegschicken muss? Denkst du, das ist gut fürs Geschäft?«
»Ich habe meine Gründe. Wie ich bereits sagte: Wenn es dir nicht passt, dann gehe.«
»Sie hat nicht Unrecht«, sagte Estelle. »Du könntest uns zumindest sagen, warum du nicht mehr im Bordell mitarbeitest.«
»Es hat gesundheitliche Gründe.«
Estelle erbleichte. » Nombril de Belzébuth ! Er hat die Syphilis!«
»Beruhige dich. Es ist nicht so schlimm, wie es den Anschein macht.« Hilflos hob er die Achseln. Was blieb ihm übrig, als sie in diesem Fehlglauben zu lassen? Er konnte ihnen wohl kaum sagen, dass er befürchtete, die Kundschaft blutleer zu trinken.
» Corps de dieu ! Das Gesicht wird dir abfaulen! Unser Geschäft geht zugrunde! Alles ist am Ende!« Estelle schluchzte auf und schlug die Hände vors Gesicht.
Marguerite lachte gehässig. »Doch zuvor wird ihm noch etwas anderes abfallen.«
Er starrte sie hasserfüllt an. »Marguerite, beherrsche dich, oder ich befreie dich von unnützen Körperteilen, deinem Kopf beispielsweise. Der ist doch nur zum Frisieren auf deinem Hals und nicht einmal das bekommst du hin. Sieht aus wie ein Krähennest, das, was du als Frisur bezeichnest.«
» Trou de balle ! Ich werde dich …« Wütend stapfte Marguerite auf ihn zu.
Estelle schritt zwischen sie. »Beruhigt euch. Wenn ihr euch streitet, ändert das nichts.« Estelles Blick ruhte auf Jean-François. »Ich mache mir Sorgen um dich. Du siehst wirklich nicht gut aus.«
»Danke für das Kompliment, doch deine Sorge ist unnötig. Ich habe einen guten Heiler.«
Estelle blickte ihn aus geröteten Augen an. »Einen Heiler! Ach, einen Totengräber brauchst du!«
»Estelle, jetzt übertreibe mal nicht«, meldete sich Marion erstmals zu Wort. »Man behandelt das mit Quecksilbersalzen. Sie sollen schon ein paar damit geheilt haben.«
»Woher willst du das wissen? Bist auch nur eine putaine «, sagte Marguerite.
Marion hob die Achseln. »Hab das eben gehört.«
»Beruhigt euch«, sagte Jean-François. »Ich habe vermutlich etwas anderes, das die Ärzte noch nicht kennen. Ich werde alles tun, um wieder verfügbar zu sein und die Schulden abzubezahlen. Das Bordell darf nicht geschlossen werden. Wenn ich den Schwur, den ich Suzette geleistet habe, nicht hätte halten wollen, hätte ich das Erbe ausgeschlagen und wäre längst von hier verschwunden.«
Estelle nickte. »Damit hat er Recht. Er wollte ja schon weg.«
Halbwegs beruhigt wandten
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