Wolfsmondnacht (German Edition)
schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig, Herr. Ich danke Euch.«
Jean-François öffnete die Tür und wandte sich zum Gehen. » Bonne nuit , Mademoiselle.«
»Herr?«
Er drehte sich noch einmal um. » Oui , Mademoiselle?«
»Betretet diesen Raum nicht vor dem Morgengrauen.«
Er hob eine Augenbraue. »Damit Ihr Euer Hexenwerk hier ungestört vollziehen könnt?«
»Aber nein, Herr. Ich werde Euch einen Wunsch dafür erfüllen.«
»Seid vorsichtig mit derartigen Versprechungen. Ihr wisst ja nicht, was ein Mann sich wünscht.« Er grinste verschmitzt. »Seid Ihr etwa eine Fee?«
»Vielleicht etwas ähnliches.« Sie lachte, doch es klang nervös.
»Dann wünsche ich mir einen Kuss von Euch.«
Sie errötete leicht, lächelte dann jedoch. »So soll es sein.«
Er erwiderte ihr Lächeln. »Ich hätte den Raum ohnehin nicht betreten, es sei denn, ich hätte den begründeten Verdacht, dass Euer Leib und Leben in Gefahr wären. Schließlich bin ich kein Wüstling.« Sein Lächeln vertiefte sich. »Zumindest kein ganz so schlimmer, wie man mir nachsagt.«
»Das glaube ich Euch. Gute Nacht, Herr.«
»Nenn mich Jean-François.«
»Jean-François.« Ihre Stimme war wie ein Hauch des Nachtwindes. Sie berührte etwas tief in ihm.
»Wie ist Euer Name?«, fragte er.
»Pamina.«
»Ein seltener Name, den ich nie zuvor vernahm. Was ist seine Bedeutung?«
»Immerwährende Vollmondnacht.«
Am nächsten Morgen war Pamina verschwunden. Ohne ein Wort war sie allein und verletzt in den Wald hinausgelaufen. Zumindest nahm Jean-François dies an. Es fehlte keine Kleidung. Nackt würde sie wohl kaum in die Stadt gegangen sein.
Zudem stammte sie vermutlich nicht aus Dôle. Ein derart schönes Weib wäre ihm bei seinen früheren Besuchen aufgefallen. Sicherlich war sie unterwegs zu ihrem Heimatort. Hätte sie ihm ein Wort gesagt und er hätte ihr Kleidung gegeben und sie nach Hause begleitet.
Jean-François verlor keine Zeit. Er ergriff seine Arkebuse und lief hinaus in den Wald. Was auch immer Pamina am vergangenen Tag angefallen hatte, konnte noch dort draußen sein.
Morgennebel hingen zwischen den Bäumen. Taubenetzt waren die Blätter und Zweige, die sich dunkel und drohend nach ihm ausstreckten. Mehr als einmal richtete er seine Arkebuse auf Schatten und krallenartiges Geäst, die aussahen, als würden sie jeden Moment nach ihm greifen.
Sein Herz machte einen Satz, als direkt vor ihm etwas von einem Baum sprang. Reflexartig riss er den Lauf der Waffe herum.
Erstaunt sah er Pamina an, die in einem Kleid vor ihm stand, dessen Grünton mit den Farben des Waldes verschmolz. Der Rock war weit geschnitten und kürzer als üblich. Er konnte ihre Fesseln und die Hälfte ihrer Unterschenkel sehen. Wie verrucht.
»Guten Morgen, Jean-François. Du wirst mich doch nicht erschießen?« Sie lächelte verschmitzt.
» Bonjour, Pamina. Ich war in Sorge um dich, denn ich dachte, das Untier hätte dich geholt.«
»Ich kann auf mich aufpassen.«
»Nicht bei dem, was diese Wunden verursacht hat.«
»Es waren nur ein paar Kratzer.«
Er betrachtete sie. Kleine Zweige und Blätter hingen in ihrem langen Haar. »Nur ein paar Kratzer? Wir hielten dich zuerst für tot. Was war das für ein Untier, das dich angegriffen hat?«
»Ich habe es nicht gesehen. Das sagte ich doch bereits.«
Er zog ein Eichenblatt aus ihrem Haar und drehte es zwischen Daumen und Zeigefinger. Seinen Blick jedoch wandte er nicht von ihr ab. »Du solltest nicht mehr in den Wald gehen, bis dieses Untier gefangen ist, meine wilde Fee.«
»Danke für deine Sorge, doch sie ist unnötig.«
Er betrachtete den Ausschnitt ihres Kleides, der den Spalt ihres Busens mehr als erahnen ließ. »Sieh an, wer hätte das gedacht. Du besitzt ja sogar Kleidung.«
»Ich habe gestern im Fluss gebadet. Als mich das Untier angegriffen hat, bin ich in den Wald gelaufen. Da blieb keine Zeit, um meine Kleidung zu holen und mich anzuziehen.«
»Ein Grund mehr, diese Kreatur zu jagen.«
»Darum wird sich meine Familie kümmern.«
»Du schuldest mir noch etwas, schöne Fee.« Er lächelte, als er die feine Röte auf ihrem Gesicht bemerkte.
»Dann komm näher, wenn du dich traust.« Übermut blitzte aus ihren Augen.
Sachte zog Jean-François sie zu sich heran. Die Arkebuse ließ er vorsichtig mit wegwärts gerichtetem Lauf zu Boden gleiten. Er wäre nicht der Erste, der sich versehentlich selbst erschossen hätte.
Vorsichtig legte er seine Arme um Pamina, darauf bedacht, die
Weitere Kostenlose Bücher