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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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vorbeisauste, blitzschnell mit einem Satz nach hinten aus.
    Auf den Fußballen balancierend und mit aufgerichtetem Kopf konzentriert lauschend, wurde er ruhiger, während sein Gegner zunehmend in Fahrt geriet.
    Der Surfer-Typ attackierte und parierte, ohne dabei je wieder nahe an Rodolfo heranzukommen, und das, obwohl dieser ihn beinahe anzuheizen schien, indem er ihn anlockte, nur um sich dann im entscheidenden Moment wegzuducken.
    „Du Wichser “, zischte der Fremde, und John lachte.
    Das anschließende Zorngebrüll war unmenschlich. Der Mann brach auf dem Boden zusammen, das Messer schlitterte über den Fliesenboden, und er verfiel in krampfartige Zuckungen.
    Meine Starre fiel von mir ab; ich wählte die 911, rief die Polizei und verlangte gleich auch noch einen Krankenwagen. So, wie der Typ zuckte, würde er eine Pille, wenn nicht gar eine Zwangsjacke brauchen und dann hoffentlich in einer netten, gemütlichen Gummizelle Quartier beziehen.
    Als ich auflegte, tastete John gerade nach dem Messer, das vor seinen Füßen zur Ruhe gekommen war. Ich erhob keine Einwände, denn besser hatte er die Waffe als Mr Völlig-Daneben. Aber kaum dass er die Finger um den Griff schloss, stürzte sich der Surfer-Typ mit einem gutturalen Schrei erneut auf ihn.
    Erschrocken drehte John sich zu ihm um, und die Klinge drang bis zum Heft in die Brust des Mannes ein.
    „Scheiße!“ Ich schlug die Hände vor den Mund.
    Ich rechnete damit, dass der Verwundete wieder zu Boden stürzen oder sich an Rodolfo festhalten würde, um ihn mit sich zu ziehen, doch stattdessen riss er sich los und raste zur Tür, während das Messer noch immer grotesk aus seinem Körper ragte.
    „ Pas argent “, murmelte John gleich einem Fluch und setzte ihm nach.
    Ich hielt ihn auf, indem ich die Hand auf seinen Arm legte. „Er wird nicht weit kommen.“
    Nicht mit einem Messer in seiner Brust.
    Trotzdem nahm ich selbst die Verfolgung auf und erreichte die offene Hintertür genau in dem Moment, als der Typ unter einer Straßenlaterne hindurchlief.
    Ihr diffuses Licht gestattete mir einen kurzen Blick auf sein Gesicht.
    Es war nicht ganz menschlich.

 
    13
    Ich schüttelte den Kopf, und während dieser winzigen Bewegung, diesem einen Wimpernschlag, verschwand der Angreifer.
    Ich trat ins Freie, aber es war nichts mehr von ihm zu sehen.
    Die Logik besagte, dass der Mann sich nicht einfach in Luft aufgelöst haben konnte. Vermutlich versteckte er sich in einer Seitengasse; gut möglich, dass er dort zusammengebrochen war.
    Das ferne Heulen einer Sirene hinderte mich daran, es herauszufinden. Die Polizei war auf dem Weg hierher, und bestimmt wäre es nicht gut, wenn sie John allein und mit blutigen Händen vorfand.
    Ich weiß nicht, woher mein Beschützerinstinkt rührte. Das, was eben passiert war, ließ keinen Zweifel daran, dass er meine Hilfe nicht brauchte. Er mochte blind sein, trotzdem konnte er gut auf sich selbst aufpassen.
    Was war dann also neulich Nacht passiert?
    „Ist er gestorben?“, wollte Rodolfo wissen, als ich wieder nach drinnen kam.
    „Wenn ja, dann nirgends, wo ich es sehen konnte.“
    Seine Miene verdüsterte sich, und er wirkte, als wollte er davonstürzen, um ihn zu suchen. Ich stellte mich ihm in den Weg. „Die Polizei wird gleich hier sein.“
    Er wandte das Gesicht zur Vorderseite des Hauses. „Du hast sie alarmiert? Wozu, verdammt noch mal?“
    „Da war ein Typ mit einem Messer, der versucht hat, dich umzubringen.“
    „Aber es ist ihm nicht gelungen.“
    „Was mehr ist, als man von dir behaupten kann.“
    „Du sagtest, er sei nicht tot.“
    „Da war er es auch noch nicht.“
    Was mir wirklich zu denken gab. Welcher Mensch bricht nicht zusammen, wenn man ihm ein Messer in die Brust rammt?
    Nur einer, dem ich nie wieder begegnen wollte.
    „Hast du wirklich von mir erwartet, dass ich sie nicht verständige?“, fragte ich. „Dass ich dich stattdessen einem Verrückten nachjagen lasse?“
    „Wer sagt, dass er verrückt war?“
    „Ein normaler Mensch würde nicht einfach so mit einem Messer in der Brust abhauen.“
    Nein, ein normaler Mensch – besser gesagt jeder Mensch – würde sterben.
    Ich verdrängte diesen ungebetenen Gedanken. Selbstverständlich war der Eindringling ein Mensch gewesen. Was denn sonst?
    Der eigentliche Verrückte war der Mann, der hier vor mir stand, nachdem er einen messerschwingenden Einbrecher unschädlich gemacht hatte, als wäre das für ihn das Normalste der Welt.
    Manchmal fragte ich

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