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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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hatten. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen, um nicht über ein Stück Holz, eine Büchse oder einen Körper zu stolpern.
    Irgendwann begriff ich, dass die Gegend einfach nur unbewohnt war, und das schon zu lange, als dass man Katrina dafür hätte verantwortlich machen können. Warum das so war, wusste ich nicht, allerdings konnte die geisterhafte und gleichzeitig verzweifelte Atmosphäre, die über diesem Viertel lag, durchaus etwas damit zu tun haben. Auch wenn die Stadtplaner alles niederwalzen und neu aufbauen würden, hätte ich hier nicht wohnen wollen. Manche Orte sind einfach so.
    Plötzlich realisierte ich, dass ich nur noch auf meine Füße achtete, und nicht mehr auf das Mädchen. Ich schaute hoch, aber es zu war spät. Sie war verschwunden.
    „Hol mich der Teufel.“
    „Stets zu Diensten, Ma’am.“
    Mit einem gellenden Schrei fuhr ich herum; dabei verfing sich mein Schuh in einem Spalt, und ich taumelte. Sullivan hob mich auf seine Arme und trug mich fort.
    Ich versuchte, Widerstand zu leisten, aber ebenso gut hätte ich eine Fliege in einem Spinnennetz sein können. Er drückte mich einfach fester an sich und stapfte weiter.
    Seine Augen reflektierten das Mondlicht, was ihnen einen unheimlichen silberblauen Glanz verlieh. Sein Haare waren in den wenigen Tagen, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, gewachsen. Der ehemals pedantische Militärschnitt hatte sich in ein struppiges Wirrwarr verwandelt. Er roch nicht mehr nach Sonne, sondern nach etwas Dunklerem, etwas, das in den Schatten lauerte und nur bei Nacht herauskam.
    Dies war nicht mehr der ordentliche Mann, zu dem ich mich einmal hingezogen gefühlt hatte; aber schließlich war er ja auch kein Mann mehr, oder doch?
    Mit eingezogenem Kopf schlüpfte Sullivan in ein verlassenes Gebäude; erst jetzt wurde mir bewusst, dass wir ganz allein waren. Wie war es der maskierten Frau gelungen, sich so schnell und so vollständig in Luft aufzulösen?
    „Ist dir irgendjemand begegnet?“, fragte ich Sullivan.
    Der grunzte. Ich wartete darauf, dass er Worte folgen ließ, und als er das nicht tat, unternahm ich einen zweiten Anlauf.
    „Ich dachte, ich hätte Katie gesehen. Meine Schwester. Die verschwunden ist.“
    „Nein.“
    Ich wusste nicht, ob er damit meinte, dass er sie nicht gesehen hatte, dass er sich nicht an ihren Namen erinnerte oder dass sie nicht verschwunden war. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen – der gleichzeitig benommen und leicht fanatisch wirkte –, war nicht auszuschließen, dass Sullivan selbst nicht wusste, was er meinte.
    Ich musste hier weg. Vorzugsweise bevor er mich vergewaltigte und definitiv bevor er mich umbrachte oder zu seinesgleichen machte.
    Fatalerweise war Sullivan ein sehr starker Mann gewesen; er würde ein noch stärkerer Un-Mann sein. Ich hatte zwar eine Waffe, war jedoch noch immer nicht bereit, ihn zu töten.
    Er marschierte in eines der Apartments im rückwärtigen Teil des Gebäudes. Der Mond schien durch ein zerbrochenes Fenster herein; das Glas auf dem Zement funkelte wie Diamanten. Sullivan trat in den Silberstrahl und atmete ein, als würde er Kraft aus dem Licht tanken.
    „Warum gehen wir nicht dort rüber?“ Ich zeigte auf einen Bereich des Zimmers, der nicht mit Scherben übersät war und wo ein dicker, großer Stock darauf wartete, dass ich ihn an Sullivans Kopf ausprobierte.
    Seine Augen zuckten zu meinen. Es war keine Spur von Sullivan mehr in ihnen zu erkennen. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu schreien oder einfach nur loszuheulen. Er senkte den Blick nach unten.
    „Ich werde dich beißen, bis du blutest“, flüsterte er, „und dann werde ich dich überall lecken.“
    Mein Entschluss, ihn am Leben zu lassen, geriet heftig ins Wanken. Dieses Wesen war nicht mehr Sullivan.
    Er kickte das Glas beiseite, bevor er mich im Mondschein mit sich auf die Knie zog. In seinen Augen lag noch immer dieser grauenhafte Schimmer. Kalte Luft strich über mich hinweg, und ich schauderte zusammen.
    Noch bevor ich die Finger zu dem Reißverschluss meiner Gürteltasche bewegen und den Brieföffner herauszuziehen konnte, löste Sullivan den Verschluss und schleuderte das Ding gegen die Wand. Ich rang noch immer nach Luft, als er seine große Pratze im Ausschnitt meines T-Shirts versenkte.
    Ratsch .
    Er riss es mitten entzwei, danach verfuhr er mit meinem BH auf die gleiche Weise. Dank ihm und John würden mir in wenigen Tagen die Klamotten ausgehen.
    „Ich begehre dich schon, seit ich dich

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