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Wolfsruf

Titel: Wolfsruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.P. Somtow
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Innentasche seines Mantels nach seiner Börse. Er zog einen Fünfzig-Cent-Schein hervor.
    Der Barkeeper hielt ihn hoch in die Luft. Gelächter schallte durch den Saloon. »Wo ham Sie das denn her?«, fragte der Barkeeper.
    »Von einer Bank selbstverständlich«, sagte Vishnevsky, der eine große Summe von der örtlichen Wells-Fargo-Niederlassung bezogen hatte, mithilfe eines Kreditbriefes über eines der Konten, die der Graf in New York besaß.
    »Hat Ihnen keiner gesagt, dass wir hier keine Pflasterstreifen nehmen?«, schnauzte ihn der Barkeeper an. »Wir sind hier im Westen, mein Freund! Hier glaubt man an Gold und Silber, nicht an Papierfetzen.«
    Claggart ergänzte mit trauriger, mitleidiger Stimme: »Schon wieder reingelegt, Mister Vichysoisse oder wie Sie heißen. Na, es ist mir eine Ehre, Ihnen behilflich zu sein. Sagen wir, fünfzig Cents für einen Dollar?« Er griff in seine Tasche und zückte eine Handvoll Münzen. Bevor Vishnevsky seine Geduld verlieren konnte, fuhr er freundlich fort: »Ah, aber Sie sind ja ein Fremder, deshalb denke ich, Sie sollten beim ersten Mal mit dem Schrecken davonkommen. Fünfundsiebzig für einen Dollar ist mein letztes Angebot.«
    Wenn ich jetzt noch mit ihm zu handeln beginne, dachte Vishnevsky, wird es zu spät. Er nickte zaghaft und reichte Claggart ein Notenbündel. Claggart zählte ein paar Münzen ab. »Aber die sehen ja nicht einmal aus wie amerikanische Dollars!
«, beschwerte sich Vishnevsky, der einige dieser Münzen mit spanischer Prägung noch nie gesehen hatte.
    »Das sind Dobe-Dollars«, eröffnete ihm Claggart.
    Vishnevsky dachte: Ich werde das nie begreifen. Er ließ die Münzen in seine Börse fallen, verstaute diese dann sorgfältig in seiner Manteltasche und nahm einen kleinen Schluck von dem gelben Schnaps. Es schmeckte schlimmer als Bauernwodka, fand er. »Habe ich mir das nur eingebildet, oder habe ich tatsächlich einen Schlangenkopf in der Flasche gesehen, aus der …«
    Claggart lachte. »Nichts ist besser als ein Klapperschlangenkopf, das gibt Kraft. Es ist das Gift. Ich gebe auch immer einen Schuss davon in den Floccinaucinihilipilificator, wenn er nicht stark genug schmeckt. Die Leute haben kein Vertrauen zu einer Medizin, die nach nichts schmeckt. Und Vertrauen, Mister, ist das Wichtigste bei einer Wunderheilung.« Er nestelte ein Fläschchen aus seiner Jackentasche und zeigte es ihm. Vishnevsky konnte einen kurzen Blick auf das Etikett werfen, wo eine grauenerregende Liste verschiedenster Krankheiten - von Schwindsucht bis zu Warzen - aufgeführt war, die mit diesem Trank angeblich geheilt werden konnten. »Ich mach’ das nicht oft, Fremder, aber da Sie hier neu sind … hier, nehmen Sie’s. Es hilft gegen Gebrechen und Malapilidien, die dem stärksten Herzen den Garaus machen könnten.«
    Entweder war Vishnevskys Englisch zu schlecht, als dass er Claggarts komplizierten Ausführungen folgen konnte, oder … »Das Zimmer«, bat er, weil es für ihn wichtigere Dinge gab. »Wie viel wollen Sie für das Zimmer?«
    »Ah, das Zimmer … wie viel ist es Ihrer Meinung nach denn wert, dass ein Mann sein hart verdientes Gemach aufgibt und sich mit zwei oder drei Stinksäcken auf einen schmalen Strohsack quetscht?«
    »Ich werde zahlen, was Sie verlangen«, sagte Vishnevsky.
    »Nun … wir sollten uns wie Gentlemen benehmen. Sie müssen gar nichts bezahlen …«

    »Nein?«
    »… wenn Sie mich beim Black Jack besiegen.«
     
    Obwohl Scott im Grunde nicht viel übrig hatte für Pfaffentum und Hokuspokus, war er zu gut erzogen, um das bei Eddy Bryants Begräbnis zu zeigen. Er und Zeke waren dazu abgeordnet worden, die Witwe Bryant und den Leichnam nach Deadwood zu eskortieren.
    Es war immer noch besser, als im Fort zu bleiben und sich von dem bettlägerigen Captain Sanderson herumkommandieren zu lassen. Der Captain war nicht gerade ein schöner Anblick, wenn sich sein Zustand auch erstaunlich schnell gebessert hatte. Er war schon zuvor engstirnig und tyrannisch gewesen, aber den neuen Captain Sanderson fürchteten die Männer noch mehr. Er bestand darauf, auf einer Befehlsbahre im Lager herumgetragen zu werden, und schien fast stolz auf seine dämonische Tonsur zu sein, auf der blassrosa Narbengewebe und Gangräne wucherten. Es war keine Rede mehr vom Kriegsgericht, seit sich herumgesprochen hatte, dass Lieutenant Harper ihm das Leben gerettet hatte. Allerdings hatte sich Harper durch diese Tat bei den Soldaten nicht gerade beliebt gemacht.
    Es war

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