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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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interessant, dass er meinen Gedanken erraten hatte.
    „Ich bin Polizistin“, erwiderte ich. „Ich vermute so einiges. Was hast du gesehen?“
    „Ich fuhr die Einfahrt hoch und stellte fest, dass das Dach in Flammen stand. Ich dachte, du wärst drinnen. Die Tür war verschlossen. Ich habe dagegen gehämmert und nach dir gerufen; bis dann diese Männer kamen und mich festhielten.“
    „Ich weiß deine Sorge zu schätzen, aber es geht mir gut. Du kannst jetzt gehen.“
    „Ich lasse dich nicht allein.“
    Seine Stimme war zu laut; ich zuckte zusammen und warf einen Blick zu Cal, der, seiner finsteren Miene nach, Ians Antwort gehört haben musste. Er machte einen Schritt auf uns zu, aber ich schüttelte den Kopf. Ich brauchte keine Unterstützung von meinem Hilfssheriff, wenn ich ein Problem mit einem Mann hatte.
    Ich sah Ian ins Gesicht. „Ich bin ein großes Mädchen, Doktor. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
    „Wo wirst du schlafen?“
    „Bestimmt nicht bei dir“, fauchte ich.
    „Das meinte ich nicht.“
    Schade eigentlich , zuckte es mir durch den Kopf. All meinen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz wollte ich mit ihm schlafen, ihn halten und von ihm gehalten werden. Hätte ich in einer anderen Stadt gelebt, in einer, die nicht so klein, so konservativ, so vorverurteilend war … Nein, das würde keinen Unterschied machen.
    Wäre ich ein anderer Mensch gewesen, einer, der sich nicht darum scherte, was real oder wahr oder richtig war, hätte ich ihm zugestimmt, dass eine verschwundene Ehefrau gleichzusetzen war mit einer toten Ehefrau. Doch das war ich nicht, darum tat ich es nicht. Trotzdem hielt es mich nicht davon ab zu begehren, was ich nicht haben konnte.
    „Danke“, sagte ich leise. „Aber das geht nicht.“
    „Grace, du musst mir zuhören … “
    Ich hob eine Hand. „Nicht jetzt. Bitte.“
    Er presste die Lippen aufeinander und nickte knapp. „Es ist nur so, dass ich mit einer vorbereiteten Ansprache hierherkam, und dann … “
    „Stand mein Haus in Flammen.“
    „Ja.“
    „Grace?“
    Ich drehte mich zu Sam Makalway um, dem Feuerwehrhauptmann, der gerade auf uns zukam. Er hatte den Posten kürzlich von Joe Cantrell übernommen, der während der gesamten Zeit, in der mein Vater Sheriff gewesen war, den Posten des Feuerwehrchefs bekleidet hatte. Sam war der Feuerwehr direkt nach seinem Highschool-Abschluss beigetreten und absolut qualifiziert für den Job.
    Er war ein paar Jahre älter als ich, groß und breitschultrig, hatte kurzes, rotes Haar und ein eigentlich blasses, rundes Gesicht, das sich jedoch zunehmend rötete, je näher er einem Feuer kam und je länger er dort blieb. Im Moment schwankte sein Gesichtsbarometer zwischen Lachsrosa und Rosenrot, und mir entfuhr ein Seufzer der Erleichterung. Allzu schlimm konnte es also nicht sein.
    Sam war in dieselbe Klasse gegangen wie mein Bruder Gene. Sie waren keine Kumpel gewesen – meine Brüder waren ausschließlich untereinander befreundet – , trotzdem hatten sie sich gut vertragen. Ich mochte Sam. Er verstand seine Arbeit, was meine umso leichter machte.
    „Wir haben es unter Kontrolle.“ Er gestikulierte zum Dach, das jetzt nur noch qualmte, anstatt mit dornigen Flammenzungen in Richtung des leicht ungleichgewichtigen Silbermonds zu lecken. „Wie es aussieht, wurde nur das oberste Zimmer zerstört.“
    „Na ja, ich schätze, das ist besser als … “ Ich brach ab, als mir dämmerte, was das bedeutete.
    „Grace?“ Ian nahm meinen Arm und schüttelte ihn sanft. „Du musst atmen.“
    Ich konnte nicht nur nicht atmen, ich konnte auch nicht stehen, darum ließ ich mich schwerfällig vor Ians Füßen auf die Erde sinken.
    Beide Männer gingen neben mir in die Hocke; Sam wies Cal an, die Sanitäter zu rufen.
    „Nein“, presste ich hervor und atmete tief und keuchend ein. „Mir fehlt nichts.“
    Das stimmte nicht, trotzdem brauchte ich keinen Sanitäter. Nichts und niemand konnte das hier in Ordnung bringen.
    Die Papiere meiner Urgroßmutter waren im obersten Zimmer gewesen, und jetzt waren sie Asche.
    Es fühlte sich an, als hätte ich sie ein zweites Mal verloren.

24
    Ian schloss seine langen Finger um mein Handgelenk und maß meinen Puls. Seiner Miene nach gefiel ihm das Ergebnis nicht.
    „Du musst dich beruhigen“, ermahnte er mich leise.
    Cal beugte sich über mich; Sam folgte seinem Beispiel. Sie waren es nicht gewohnt, mich während der Arbeitszeit auf dem Boden hocken zu sehen. So, wie ich zusammengesackt war,

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