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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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anderem als einer ungewöhnlichen Häufung plötzlicher Todesfälle zu tun. Von den übernatürlichen Theorien würde ich ihm nichts erzählen. Er war ein geradliniger Kerl, ein eingefleischter Marine. Er würde niemals an Außerirdische oder sonst etwas Paranormales glauben, und ich hatte nicht die Zeit, ihn zu überzeugen.
    „Ich werde mich darum kümmern“, sagte ich.
    „Ich begleite dich.“
    „Nein.“ Ich würde Doc Bill mitnehmen. „Du musst hier für mich die Stellung halten. Ich … “ Ich ließ meine Stimme brechen, was mir nicht schwerfiel. „Ich schaffe das nicht.“
    Ein Ausdruck des Mitgefühls flackerte über Cals Gesicht. „Natürlich. Ich bleibe hier.“
    Er wollte mir die Schulter tätscheln, tat das aber so ungeschickt, dass er mir versehentlich einen Kinnhaken und einen Schlag gegen den Hals versetzte. Ich flüchtete mich aus seiner Reichweite. „Wo haben sie Merry gefunden?“
    „Sie ist in ihrem Bett gestorben, hoffentlich im Schlaf. Die arme Frau.“
    „Ja“, pflichtete ich ihm bei. Es wäre nett, wenn wir zur Abwechslung mal einen ganz normalen Todesfall hätten, aber ich bezweifelte es. „Wir sehen uns morgen. Ich werde in der Stadt übernachten. Du kannst mich übers Handy erreichen.“
    Cal hob zum Abschied die Hand, dann marschierte er mit langen, selbstsicheren Schritten über den Rasen zu den Feuerwehrmännern.
    Doc Bill hatte es in den vergangenen Tagen auf Platz eins meiner Kurzwahl-Liste geschafft. Er nahm beim zweiten Läuten ab, und ich nannte ihm die Adresse.
    „Ich bin es allmählich wirklich leid, Ihre Nummer auf meinem Display zu sehen“, grummelte er.
    „Mal ganz ehrlich, Doc. Hat es Ihnen je gefallen?“
    Ich hielt vor Merrys Haus, das in einer der vielen Seitengassen von Lake Bluff lag. Trotz der späten Stunde war das Gebäude so hell erleuchtet wie am Unabhängigkeitstag. Merrys Ehemann Ted öffnete die Tür, noch ehe ich klopfen konnte.
    Sein Gesicht war bleich und tränenüberströmt. Er versuchte zu sprechen, brachte aber nur ein heiseres Krächzen zustande, woraufhin er sich umdrehte und zurück ins Wohnzimmer ging. Die Haustür ließ er offen.
    Ich hatte schon früher mit hysterischen Hinterbliebenen zu tun gehabt, nur handelte es sich meist um Frauen. Ted maß knapp einen Meter fünfundneunzig und wog an die hundertfünfzig Kilo. Er war Steinmetz, und seine Hände waren groß wie Ziegel. Aber offensichtlich machte die Körpergröße keinen Unterschied, wenn das Herz gebrochen war. Trotzdem, Merry war schon lange krank gewesen, und den Gerüchten zufolge hatte für sie keine Hoffnung bestanden. Keine Ahnung, warum ich angenommen hatte, dass Ted auf das Unvermeidliche hätte vorbereitet sein müssen, aber so war es nun mal.
    „Ted.“ Ich trat leise ins Zimmer, um ihn nicht in seiner Trauer zu stören, gleichzeitig musste ich ihm einige Fragen stellen. Ich würde versuchen, den Mann von der Notwendigkeit einer Obduktion zu überzeugen – es konnte nicht schaden, das Einverständnis des nächsten Angehörigen zu haben – , aber das war unmöglich, solange er völlig neben sich stand.
    „Grace.“ Er versuchte, Luft zu holen, doch stattdessen hickste er wie ein Kind, das zu lange und zu heftig geschluchzt hatte.
    „Lassen Sie sich Zeit.“ Ich setzte mich auf die Sofakante. Ted trat ans Fenster.
    „Sie … sie … sie … “
    „Ich weiß“, beschwichtigte ich ihn.
    „Sie hätte nicht sterben dürfen.“
    Ich wurde reglos. „Wie meinen Sie das?“
    „Sie war gestern beim Doktor. Sie war dabei, sich zu erholen. Es grenzte an ein Wunder.“
    „Ein Wunder“, echote ich, während ich mir das Hirn zermarterte, was zum Kuckuck Walker in dieses Glas gefüllt hatte. Ich würde es herausbekommen.
    „Was hat der Arzt genau gesagt?“
    „Nur, dass sie sich erholen würde. Dass ihr noch Zeit bliebe.“
    „Wie viel?“
    „Das hat er nicht gesagt, aber … “ Er hob seine gewaltigen Hände und ließ sie hilflos wieder sinken.
    „Erzählen Sie mir, was passiert ist.“
    „Sie ist früh zu Bett gegangen, genau wie immer. Ich habe mir die Nachrichten angesehen, anschließend Leno. Plötzlich hörte ich dieses grauenvolle Geräusch.“ Er verzog das Gesicht und schlug die Hände auf die Ohren. „Also bin ich nach oben gegangen, aber da war sie schon … “ Stöhnend ließ er die Hände fallen und begann wieder zu schluchzen.
    Ich wollte mir Merry ansehen, aber gleichzeitig wollte ich ihn nicht allein lassen. Zum Glück traf genau in diesem Moment Doc

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