Wolfstage (German Edition)
Abendessen ausspuckte.
Zwei Minuten später betrat eine Polizistin in Uniform mit Putzlappen
und Eimer den Vernehmungsraum und wischte wortlos den Boden sauber. Es sind
fast immer die Frauen, die die Kotze wegmachen, dachte Johanna. Warum
eigentlich? »Danke, Kollegin.«
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte sie, als Eva sich wieder
aufgerichtet hatte und der säuerliche Geruch sich allmählich zu verflüchtigen
begann; ihre Gesichtsfarbe erinnerte an Buttermilch.
Blum fuhr sich über den Mund und starrte Johanna entsetzt an. »Wie
konnten Sie das …?«
»Ich konfrontiere Sie mit der unumstößlichen Wahrheit, weil mir gar
nichts anderes übrig bleibt. Das ist alles. Sie werden gleich besser verstehen,
warum, und noch viel entsetzter sein, befürchte ich mal.«
Eva Blum schluckte und atmete angestrengt aus.
»Kati wurde geschlagen, gefoltert, vergewaltigt. Mehrfach. Dann wurde
sie von Pfeilen durchbohrt«, berichtete Johanna. »Um die Einzelheiten kümmert
sich immer noch die Gerichtsmedizin. Und wir wissen, wer das getan hat.«
Blums Augen wurden so groß wie Unterteller.
»Ihr Tod war eine Hinrichtung. Den Schießbefehl gab Ihr Freund
Richard Peters, und an den Quälereien war er neben Bischoff und Mansloh auch
beteiligt.«
Eva Blum begann zu zittern. »Das kann ich nicht –«
»Sie müssen nichts glauben«, unterbrach Johanna sie scharf. »Es gibt
einen Augenzeugen für die Geschehnisse, und wenn Sie jetzt nicht Ihren Mund
aufmachen und sagen, was Sie wissen und von den miesen Geschichten Ihres
sauberen Freundes mitbekommen haben, krieg ich Sie wegen Beihilfe ran!«
Das war eine ziemlich dreiste Drohung, aber Eva Blum war so
erschüttert, dass sie gar nicht auf die Idee kam, sich dagegen zu verwahren.
»Machen Sie endlich den Mund auf, bevor ich meine gute Kinderstube
vergesse und so richtig rüde werde!«, fuhr die Kommissarin sie an. »Welche
Informationen hatte Kati? Was ist an ihrem Laptop so interessant? Und was hat
es mit diesem USB -Stick auf sich?«
Eva schlug die Hände vor ihr hübsches Gesicht. »Um Gottes willen …«
»Zu spät, würde ich sagen. Der kann daran nichts mehr ändern. Aber
Sie können dazu beitragen, dass die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden,
und zwar alle.«
Eva Blum ließ die Hände sinken.
»Was wusste Ihre Freundin?«
»Nichts Besonderes, wirklich nicht, aber …« Ihre Unterlippe zitterte
so stark, dass sie Mühe hatte zu sprechen.
»Ja?«
»Kati hatte etwas gefunden«, sagte sie schließlich leise. »Einen
Speicherstick. Meinen Sie das?«
Johanna hielt den Atem an und stieß ihn dann ruckartig aus. »Ja, das
meine ich.«
»Aber wieso …? Das war doch nur irgendwelcher Firmenkram …«
»Erzählen Sie einfach, was passiert ist – der Reihe nach«,
unterbrach Johanna sie ungeduldig.
Eva Blum nickte. »Richard hatte den Stick im Auto verloren – er
war ihm irgendwie aus der Tasche gerutscht. Die Dinger werden ja immer
kleiner«, hob sie an. »Kati hat ihn durch Zufall entdeckt, als wir gemeinsam zu
der Fete fuhren. Ich habe mitbekommen, dass Richard den Wagen mehrfach nach dem
Stick abgesucht hat und ziemlich wütend war … und irgendwie erschrocken.
Er sagte, dass es sich dabei um Geschäftsdaten und interne Infos handelte, die
natürlich vertraulich seien – Buchhaltung und anderer Kram.«
Anderer Kram, dachte Johanna. »Und weiter? Woher wussten Sie denn,
dass Kati den Stick hatte?«
»Sie hat es mir gesagt.«
»Wie bitte?«
»Ja! Sie wollte Richard ärgern. Die beiden haben wirklich jede
Chance genutzt, sich gegenseitig eins auszuwischen, das sagte ich Ihnen schon«,
erklärte Eva wieder deutlich lebhafter. »Sie meinte, dass sie den Stick erst
mal behalten und die Dateien auf ihren Laptop kopieren wolle. Sie habe keine
Ahnung, was der Kram bedeute und einige Dateien könne sie gar nicht öffnen,
weil ihr das Programm dazu fehle, aber um Richard ein bisschen zu ärgern, würde
sie schon herausbekommen, was es damit auf sich habe, und den Computertypen,
der die PC s bei der Kreisler wartet, um Hilfe
bitten.«
Johanna spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten.
»Ich war total wütend auf sie«, fuhr Eva Blum nach kurzer Pause
fort. »Richard war stinksauer, und sie lachte sich ins Fäustchen. Ich hab ihr
gesagt, dass sie mit dem Quatsch aufhören und Richard den Stick zurückgeben
soll, aber sie hat nicht gehört. Sie hat nur gelacht …« Eva brach ab.
Johanna fixierte sie. »Sie haben ihm gesagt, dass Kati den Stick
hat,
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