Wolfstage (German Edition)
zusammengeschlagen, während
Lenni bei einem Einsatz war. Seine Exfreundin ist schwarz – das nur als
Erläuterung. Er hat sich das irgendwie nicht verzeihen können, und die
Beziehung ist kurz darauf zerbrochen.«
»Klingt fürchterlich.«
»Ja. Lenni war ziemlich fertig. Und die Rechten bringen ihn seitdem
ganz besonders auf die Palme.«
»Kann ich verstehen.« Johanna schwieg einen Moment. »Ich danke Ihnen
erst mal, Kollege«, sagte sie dann. »Falls sich noch die eine oder andere Frage
ergibt, würde ich Sie gern erneut kontaktieren.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
Johanna legte ihr Handy beiseite. Nach kurzem Überlegen zog sie den
Zeitungsstapel zu sich heran. Erst beim zweiten Durchblättern fiel ihr auf,
dass Wiebor Anzeigen markiert hatte: Mehrere Annoncen einer Tagungsstätte im
nahe gelegenen Reitlingstal waren mit Bleistift unterstrichen. In einem der
Anzeigenblätter hatte Eva Blum mit ihrem Kosmetiksalon inseriert. Die Annonce
war mit einem kleinen Ausrufezeichen versehen.
Johanna war perplex. Sie bezweifelte ganz entschieden, dass Wiebor
auf der Suche nach einer Kosmetikerin gewesen war. Sie ging die Notizen durch,
die sie sich am Morgen nach der Befragung von Eva Blum gemacht hatte. Ihr
Freund war gar nicht gut auf Kati zu sprechen gewesen, und er hatte das in
einer Art und Weise zum Ausdruck gebracht, die Eva nicht gefallen, sie
wahrscheinlich sogar eingeschüchtert hatte. Vielleicht war Kati ein Streitpunkt
in der Beziehung. Warum auch immer.
Johanna entschied sich nach einem Blick auf die Uhr, erneut mit Katis
Freundin zu sprechen, und sie hoffte, die junge Frau allein anzutreffen.
Eva Blum verabschiedete gerade eine Kundin, als Johanna
den Laden zum zweiten Mal an diesem Tag betrat. Ihre Augen weiteten sich.
»Hätten Sie noch ein paar Minuten Zeit für mich?«, fragte Johanna,
als die grell geschminkte Frau das Geschäft verlassen hatte.
»Ja, schon …« Blum schloss die Tür ab. »Viel Zeit habe ich
allerdings nicht. Ich muss gleich noch jede Menge Bürokram erledigen«, erklärte
sie und schlüpfte zurück hinter den Tresen.
»Es dauert nicht lange«, erwiderte Johanna. »Ihr Freund und Kati –
die verstehen sich wohl nicht besonders gut, oder?«, kam sie sofort zur Sache.
»Das kann man so sagen. Die beiden mögen sich nicht sehr.«
»Warum?«
Blum nahm einen Kuli zur Hand. »Einfach so. Wie sich halt manche
Menschen spontan mögen oder eben nicht mögen. Kati ist wahrscheinlich zu
selbstbewusst. Wie Richard schon erwähnte – sie sagt immer ihre Meinung.
Geradeheraus und jedem mitten ins Gesicht, ob einem das nun gerade passt oder
nicht.«
»Imponiert Ihnen das?«
Eva Blum lächelte plötzlich. »Ja, stimmt. Kati ist manchmal so forsch,
dass es einem den Atem verschlägt. Sie hat mich damit schon oft zum Lachen
gebracht.«
»Und Richard findet ihre Forschheit nicht komisch?«, schätzte
Johanna.
Der Kuli wanderte in die andere Hand. »Nein, forsche Frauen sind ihm
irgendwie suspekt.«
Damit hatte Johanna Erfahrung. »Das birgt wahrscheinlich Konfliktstoff«,
stellte sie fest. »Es wäre ihm wohl lieber, wenn Sie nicht so eng mit Kati
befreundet wären, oder?«
»Ja, das wäre ihm wesentlich lieber.« Eva Blum sah zur Seite.
»Aber Sie haben sich bislang nicht beirren lassen?«
Blum zögerte. »Na ja … um ehrlich zu sein, doch, irgendwie schon.«
Sie hob das Kinn. »Ich will, dass Kati meine Freundin bleibt und wir uns
regelmäßig treffen, aber an Richard liegt mir auch sehr viel. Ich finde es
nicht in Ordnung, wenn sie ihn dauernd madig oder sich über ihn lustig macht.
Aber umgekehrt mag ich es auch nicht, wenn er über Kati herzieht«, fügte sie
hinzu. »Und ich habe allmählich die Nase voll von dem Herumgestänkere der
beiden. Am Wochenende vor Katis Verschwinden waren wir zusammen auf einer
Geburtstagsfete und …«
»Sie drei?«
»Ja – unter anderem natürlich. Es war eine große Fete. Wir sind
gemeinsam in Richards Wagen hingefahren, weil es sich einfach anbot.« Eva hob
kurz die Hände. »Da lässt wirklich keiner ein gutes Haar am anderen. Egal, wo
wir sind oder was gerade anliegt. Total bescheuert.«
»Und weiter?«
»Wie weiter?«
»Ist sonst noch irgendwas vorgefallen?«
»Nein.« Eva Blum legte den Kuli beiseite und betrachtete
interessiert ihre Fingernägel.
Johanna seufzte innerlich. »Frau Blum, ich frage Sie ganz konkret:
Haben Sie irgendeinen Verdacht oder auch nur eine leise Vermutung, was mit Kati
passiert sein
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