Wolfstage (German Edition)
ebenso
fuchsig reagierte wie auf Bemerkungen zu seiner reparaturbedürftigen Brille und
die Darlegung von Fernsehfachwissen zum Thema DNA -Analysen
und Feststellung des exakten Todeszeitpunktes.
»Kannst du die Zeichnungen beschreiben?«, fragte Johanna.
»Es handelt sich um ein sehr filigranes ineinander verschlungenes
Muster …«
»Serienproduktion?«
»Ich denke nicht. Warte, ich lege sie unters Mikro.« Er räusperte
sich. »Okay, sie ähneln sich zwar, sind aber nicht identisch … Hm …
mit etwas Vorstellungsvermögen könnte man annehmen, dass der Graveur einen
stilisierten Tierkopf darstellen wollte. Und da steht auch noch etwas drunter –
zwei Buchstaben: H.H. auf dem einen Bolzen und …
ja, doch, R.M. auf dem zweiten.«
Johanna stockte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich abrupt.
»Bist du sicher?«
Pockly stöhnte. »Nein. Einen Eid würde ich nicht darauf schwören.«
»Aber –«
»Hör zu, die Gravuren sind sehr klein, und die Buchstaben
erschließen sich mir nur mit einer guten Portion Phantasie, doch …«
»Phantasie und Beweise beißen sich manchmal.«
»Ich weiß, aber wie willst du ohne Phantasie Ideen und neue Ansätze
entwickeln?«
Johanna lächelte. »Mensch, Pockly, gut, dass ich dich habe!«
»Pass auf, Kommissarin, ich schicke dir Bildvergrößerungen als E-Mail-Anhang,
und du machst dir selbst einen Reim darauf. Vielleicht kommst du auf etwas ganz
anderes, vielleicht teilst du meine Einschätzung.«
Eine Viertelstunde später hatte Johanna die Bilddateien auf dem PC . Während sie die Fotos öffnete, meldete Colin Sander
sich von unterwegs, um zu berichten, dass die Alibis von Hildmann und Bischoff
bestätigt wurden und sie sich auf den Rückweg gemacht hätten.
»Auch der Kinobesuch?«
»Ja. Die Lady am Verkauf behauptet steif und fest, sie könne sich an
die beiden erinnern. Die hätten so fröhlich herumgeflachst.«
»Aha – glauben Sie ihr?«
»Nicht ein Wort. Man hat sie hinterher präpariert.«
»Hm.« Johanna nickte. »Gut, können wir im Moment nicht ändern. Sie
denken an Milans PC ?«
»Klar, den bringen wir gleich mit.«
»Ich möchte, dass Sie mal einen Blick auf Milans Mails werfen.
Vielleicht hat er sich bei irgendwem über seinen Bruder ausgelassen. Kriegen
Sie das hin, auch wenn der Zugang ein Passwort hat?«
»Ich bin zwar kein Profi, aber das dürfte kein Problem sein.«
»Prima. Noch was …«
»Der Tonfall klingt nach noch mehr Arbeit.«
»Treffer. Einer von Ihnen muss heute Nacht die Tagungsstätte im Auge
behalten – die bisherigen Hinweise reichen nicht aus, um eine offizielle
Observation durchzukriegen und dafür zusätzlich Leute bereitzustellen. Sie
können sich die Schicht auch mit Schuster teilen, das soll mir recht sein. Aber
ich will wissen, wer zu ungewöhnlicher Zeit das Gelände verlässt und wo es
hingehen soll.«
»Verstehe. Schuster lässt ausrichten, dass er gern mit dabei ist.«
»Okay. Für wann ist Mansloh bestellt worden?«
Colin gab die Frage an Schuster weiter, der am Steuer saß. »Gegen
achtzehn Uhr«, erläuterte Sander, während Schuster im Hintergrund etwas
hinzufügte, das Johanna nicht verstehen konnte.
»Was sagt er?«
»Mansloh geht davon aus, dass es ums Protokoll der Befragung bei ihm
zu Hause geht. Als wir ihn erreichten, befand er sich gerade auf dem Heimweg.
Er ist ziemlich entnervt.«
Johanna grinste. »Oh. Das tut mir aufrichtig leid. Und bevor ich es
vergesse: Fahren Sie bitte über Reitlingstal und bringen Henrik Hildmann gleich
mit. Ich hätte da noch ein paar Fragen an ihn.«
Rolf Mansloh zog ein mürrisches Gesicht, als er der
Kommissarin gegenüber Platz nahm.
»Hätte das nicht ein paar Tage Zeit gehabt? Ich habe wahnsinnig viel
um die Ohren. Mein Alibi haben Sie doch schon überprüft. Ich habe wirklich was
Besseres zu tun, als –«
»Na, wenn das so ist: Sie können auch nach Hause fahren, und ich
komme später noch mal bei Ihnen vorbei«, unterbrach Johanna sein Lamentieren.
»Wenn es Ihnen besser passt. Vielleicht ist dann auch Ihre Freundin da …
Wie geht es ihr eigentlich? Schwangere vertragen Aufregung nicht ganz so gut,
oder?« Sie gab sich keinerlei Mühe, den zynischen Unterton abzumildern. »Tja,
wer spricht schon gern über andere Frauen, wenn die schwangere Freundin dabei
ist?«
»Ja, schon gut, ich hab’s verstanden.« Mansloh machte eine wegwerfende
Handbewegung.
»Na, sehen Sie. Ist Ihnen noch etwas eingefallen, was für die
Ermittlungen und die Suche nach Kati
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