Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
Vom Netzwerk:
weiß nicht, wie
ich es beschreiben soll … Wir haben geschossen, intuitiv … einfach in
den dunklen Wald hinein, ohne etwas erkennen zu können.«
    Wir hatten Angst, wiederholte Johanna im Stillen. »Wer ist wir?«
    Henrik schüttelte den Kopf. »Das sage ich nicht. Zwei Pfeile haben
wir wiedergefunden. Den dritten nicht.«
    »Ihren.«
    »Ja. Inzwischen wurde es immer dunkler. Wir mussten die Suche
abbrechen. Als wir zurückkamen, sahen wir das Auto und … Dann war klar,
dass Milan der Verfolger war.«
    »Haben Sie denn nicht mitbekommen, dass Sie jemanden verletzt
hatten? Gab es keinen Schrei, kein Stöhnen nach all den Geräuschen, die Sie
vorher gehört hatten oder meinten gehört zu haben?«
    Henrik wischte sich über den Mund. »Nichts Eindeutiges. Wie gesagt –
wir gingen davon aus, dass da ein Tier herumstöberte.«
    »Aber als Sie Milans Auto auf dem Rückweg entdeckten, ist Ihnen
nicht der Gedanke gekommen, dass Sie Ihrem Bruder noch helfen könnten?« Johanna
ließ nicht locker. »Sie wussten oder ahnten doch, dass Ihr Pfeil ihn getroffen
hatte, und statt Hilfe zu holen, haben Sie sich um Ihr Alibi gekümmert.«
    Er wandte den Kopf zur Seite.
    »Herr Hildmann!«, sagte Johanna beschwörend. »Zu diesem Zeitpunkt
lebte Milan noch! Er ist erst um Mitternacht an seinen Verletzungen gestorben.
Sie hätten ihn vielleicht retten können!«
    Hildmann drehte den Kopf zurück und sah sie mit leicht geöffnetem
Mund an. »Vielleicht«, flüsterte er. »Vielleicht auch nicht. Das können Sie
nicht wissen. Niemand weiß das.«
    »Wollen Sie Ihr Gewissen beruhigen?«
    »Ich will gar nichts.«
    »Was ist mit Kati geschehen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Jonathan Maybach?«
    »Das sagte ich schon – ich weiß es nicht.«
    Johanna starrte ihn eine volle Minute an. Dann beendete sie das
Verhör. Hildmann erhob sich langsam.
    »Sie sind vorläufig festgenommen«, sagte sie leise. »Sie brauchen
einen guten Anwalt.«
    Schuster führte Henrik Hildmann einen Augenblick später ab.
    »Informieren Sie bitte seine Eltern«, bat Johanna ihn im Hinausgehen.
»Und Staatsanwältin Kuhl.« Ihr war elend. Für Familie Hildmann war seit dem
Wochenende nichts mehr wie zuvor. Und würde es nie wieder sein.
    Johanna massierte sich die Schläfen. Vielleicht war es bei dem
Streit zwischen den Brüdern wirklich um Volker Siebert gegangen, überlegte sie.
Henrik hatte bei der Befragung am Mittag erzählt, dass er dem Freund der
Familie, der in der Geschäftsführung der Autostadt saß, vorgeschlagen hatte,
als Gastdozent in der Tagungsstätte tätig zu werden. Unter Umständen hatte
Milan längst mitbekommen, in welche Kreise sein Bruder geraten war, oder er
hatte gespürt, dass Henriks Begeisterung für seinen Job, seine Verehrung für
Taschner zumindest fragwürdig waren, und reagierte erbost auf den Versuch,
Freunde der Familie damit zu behelligen.
    Siebert war erfolgreich und sicherlich einflussreich. Vielleicht
kannte er Taschner sogar. Vielleicht fand er die Idee, in der Tagungsstätte
aufzutreten, auch völlig absurd. Vielleicht …
    Johanna griff zum Telefon und wählte nach einem Blick in ihre
Unterlagen die Nummer der Sieberts.
    »Mein Mann ist nicht zu Hause«, erklärte Erika Siebert auf eine
entsprechende Nachfrage der Kommissarin kurz angebunden.
    »Wissen Sie, wann ich ihn erreichen kann?«
    »Ich fürchte nein. Und ans Handy geht er momentan nicht, wie ich
gerade selbst feststellen musste. Wahrscheinlich sitzt er in einer Besprechung.
Die kann dauern.«
    »Nun gut. Ich versuche es später noch mal«, erwiderte Johanna. »Oder
morgen. Danke.«
    Anschließend informierte sie Reinders in gestraffter Form über die
neueste Entwicklung.
    »Es kommt ja richtig Bewegung in die Sache – sehr schön!«, lobte
der Wolfsburger Kripobeamte. »Wir beeilen uns mit dem Laptop. Aber ich kann
nichts versprechen. Haben Sie noch was vor heute?«
    »Ich gehe erst mal in aller Ruhe essen. Es könnte noch ein langer
Abend werden.«
    »Bei mir auch«, gab Reinders eifrig zurück, und es hörte sich fast
so an, als riebe er sich die Hände. »Wir sind dem Drogenring ganz dicht auf den
Fersen.«
    »Dann drücke ich die Daumen.«
    »Ich Ihnen auch.«

12
    Er hatte noch über eine Stunde Zeit. Emilie erwartete ihn
erst um acht. Sie hatte versprochen zu kochen. Ich könnte ausreiten, dachte er.
Den Kopf auslüften.
    Tibor war gerade im Begriff, das Zimmer zu verlassen, als sein Handy
klingelte. Lummer, stand auf dem Display, das war der Makler. Nicht

Weitere Kostenlose Bücher