Wolfstraeume Roman
und röter als das dunkle schlanke Weibchen mit den verblüffend blauen Augen, das ihn weiterhin leckte. Sie war bis zu seinem Bauch vorgestoßen und wanderte noch weiter nach unten. Dann zeigte sie ihm ihren Rücken und hob ihren Schwanz. Hunter knurrte und verwandelte sich ebenfalls in seine Wolfsgestalt. Er drängte sich zwischen Magda und Red, bis sie ihre Nackenhaare aufstellte und ihm bedeutete: Bleib auf deinem Platz.
Die Wölfin sah mich an, und ich verstand genau, was sie mir mit ihrem Blick sagen wollte: »Ich bin hier das Alphatier, ich gebe die Regeln vor. Ich werde mich mit beiden Männchen paaren, und du kannst hilflos daneben stehen und zuschauen, wie du deinen Mann verlierst und dann auch noch den Mann, der dein Liebhaber geworden wäre.«
Red hatte mir eröffnet, dass auch ich den Virus in mir trug. Er glaubte, dass ich mich vielleicht ebenfalls verwandeln konnte. Aber würde ich tatsächlich dazu in der Lage sein? Man musste die richtige genetische Zusammensetzung besitzen. Hatte ich die passenden Gene, die richtige Mischung aus Magie und Intuition?
Red wimmerte. Offenbar fühlte er sich hin und her gerissen zwischen seinen animalischen Instinkten und etwas anderem – etwas, das stark genug war, um ihn innehalten zu lassen. Er zitterte vor Anstrengung, während ihm der brünstige Geruch des Weibchens in die Nase stieg.
Hunter kannte keine solchen Bedenken. Er nutzte die Gelegenheit, stürzte zwischen die beiden und packte das Weibchen am Nacken, um es zu besteigen. Dann blickte er mich an. In seinen Augen konnte ich noch immer etwas
Menschliches erkennen. Etwas, das es amüsant fand, wie ich da stand und dem ganzen Treiben hilflos zusah.
Auf einmal fühlte ich mich nicht mehr hilflos, sondern zog nun ebenfalls meine Kleider aus und wickelte die Bandagen ab. Als ich völlig nackt war, überfiel mich auf einmal eine große Unsicherheit. Absurderweise fragte ich mich, ob mein Bauch herausstand. Ich zog ihn automatisch ein, wobei ein dumpfer Schmerz durch mich hindurchschoss. Ich achtete nicht darauf. Stattdessen schloss ich die Augen und versuchte, etwas in mir zu erwecken: Zorn. Trauer. Eifersucht. Irgendwelche starken Gefühle, die reichten, um Logik, Zivilisiertheit und aufrechtes Primatentum hinwegfegen zu können.
Leider tobten zu viele Emotionen in meinem Inneren, um mich vergessen zu lassen, was ich tat. Ich stand nackt im Wohnzimmer von Hunters Familie, umgeben von den alten Möbeln der Barrows. Dabei kam ich mir zugleich dämlich und lächerlich vor.
In diesem Moment trat Red, der treue Red, zu mir und fing an, meinen Handrücken zu lecken, ehe er mein Handgelenk in sein Maul nahm und sanft daran zog. Er wollte mich offenbar zur Tür führen.
»Nein, Red«, protestierte ich. »Ich will nicht woanders hin.« Ich hatte keine Lust mehr, die Rolle des ewig braven Mädchens zu spielen. Jetzt wollte ich zur Abwechslung auch einmal zur beißwütigen Hündin werden. Doch dann zog er heftiger, so dass mir nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen. Knurrend und fauchend schnappte er nach meinen Fingern und jagte mich nach draußen.
Einen Augenblick lang genoss ich die frische Luft im Garten. Dann wurde mir bewusst, dass ich splitterfasernackt im
Mondlicht auf meiner Veranda stand. Ich hatte soeben alles an Magda verloren – einschließlich meiner Kleidung. Red setzte sich auf seine Hinterläufe und wedelte mit dem Schwanz, als hätte er gerade etwas Großartiges vollbracht.
Enttäuscht und unglaublich wütend fuhr ich ihn an. »Nein! Nein, verdammt nochmal! Du blöder räudiger... böser Hund!« Ich jagte ihm hinterher, viel zu verärgert, um darüber nachzudenken, was ich tat. Red sprang davon. Nie zuvor in meinem Leben hatte ich einem Hund so sehr an die Gurgel gewollt. »Komm hierher! Komm sofort hierher, du dämlicher Köter! Halt! Hierher!«
Red verfiel in die altbewährte Hundetaktik, so zu tun, als wäre alles eine Aufforderung zum Spielen. Er legte sich mit den Vorderläufen auf den Boden und hob das Hinterteil in die Luft. Sein Schwanz wedelte zuversichtlich.
»Nein, ich spiele jetzt nicht mit dir. Das ist nicht lustig, Red...« Er sprang erneut vor mir davon, warf aber immer wieder einen neckischen Blick nach hinten. Ich schaffte es, ihn am Schwanz zu packen. Doch er entglitt mir wieder. Der Wolf gab spielerische Knurrgeräusche von sich und schüttelte heftig den Kopf, als würde er mit einem unsichtbaren Spielzeug kämpfen.
»Das... ist... kein... Spaß!«, brüllte ich
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