Wolken über der Wüste
Ansonsten hätte ich wie sonst immer eine Ersatzbatterie mitbringen sollen.“ Er schüttelte langsam den Kopf und sah Pierce an. „Wegen dieser Nachlässigkeit solltest du mich feuern.“
Pierce musste lachen. „Nun bring uns erst mal nach Hause, dann werde ich darüber nachdenken.“
„Nein, ich meine es im Ernst.“
„Ich auch.“ Pierce legte Tate kurz die Hand auf die Schulter. „Man kann nicht auf alles vorbereitet sein. Dir hat man die Batterien gestohlen, ich habe mich entführen lassen. Wir sind quitt.“
„Okay.“ Tate wühlte in dem Kleidersack und zog zwei schwarze weite Kleidungsstücke heraus, die er Pierce und Brianne zuwarf. „Ich hatte keine Zeit, mich um die Größen zu kümmern, aber ich glaube, sie sind groß genug. Und dies müsst ihr auf den Kopf setzen, Sie vor allem“, sagte er und sah Brianne an. Genau dieses volle helle Haar hatte auch Cecily … „Sie fallen hier einfach zu sehr aus dem Rahmen.“
Sie warf sich das große Gewand über. „Das ist aber keine Art und Weise, über ‚weißes Gold‘ zu sprechen“, fügte sie an.
Tate runzelte die Stirn. „Was?“
„Weißes Gold“, wiederholte sie. Sie schaute Pierce an, der nicht gerade amüsiert wirkte. „So hat Mr. Sabon mich bezeichnet. Er meinte, ich hätte zu Zeiten des Sklavenhandels einen guten Preis erzielt.“
„So? Meint er das?“ Pierce verbarg nur schwer seinen Zorn. „Ich wette, danach hast du ihn nicht mehr so abstoßend gefunden.“
Sie ärgerte sich über seinen Ton. „Stimmt, er tat mir eher Leid, wenn du es genau wissen willst.“
Seine Augen wirkten kalt und schwarz. „Sehr interessant. Dann war unsere Heirat also vollkommen überflüssig?“
Das war ihr beinahe schon wieder entfallen. Sie hatten geheiratet und miteinander geschlafen, um sie, Brianne, vor Sabon zu retten. Dann stellte sich heraus, dass von Sabon weder für sie noch irgendeine andere Frau eine Gefahr ausging. Aber eine einfache Annullierung der Ehe kam nun nicht mehr infrage, sie mussten sich richtig scheiden lassen. Das allerdings würde einige Zeit dauern.
Sie errötete, als sie an ihre leidenschaftliche Begegnung auf dem schmalen Bett dachte. Pierce wandte schnell den Blick ab; er wusste genau, woran sie dachte. Doch er wollte sich nicht mehr daran erinnern. Das alles lag jetzt hinter ihm. Sowie sie zu Hause waren, würden sie Brauer und seine Intrige stoppen. Danach würden sie in aller Stille die Scheidung einreichen, und Brianne würde wieder aufs College gehen. Das dürfte keine Schwierigkeit darstellen. Zuerst mussten sie sich allerdings auf das Naheliegende konzentrieren. „Wir müssen hier raus“, stellte er fest.
Alle drei trugen den fließenden Burnus und einen Turban. In der Verkleidung ähnelte Brianne beinahe einem jungen Mann. Ihre Haut war zwar sehr hell, aber auch unter den Arabern gab es hellhäutige Rassen. Sie würde nicht besonders auffallen, vor allem nicht in der Begleitung von Pierce und Tate, die beide sehr viel dunkler waren als sie.
Im Schutz der Menge ließen sie sich in das Zentrum von Qawis kleiner Hauptstadt treiben, immer darum bemüht, kein Aufsehen zu erregen. In einem Dorf, in dem jeder jeden kannte, wäre das unmöglich gewesen. Aber dies war eine Hafenstadt, und man war an Fremde gewöhnt, auch wenn man sie nicht schätzte. Deshalb fielen sie auch nicht besonders auf, als sie sich jetzt der Kaimauer näherten. Es war unmöglich für Brianne, die entsetzliche Armut zu übersehen. Philippe hatte Recht gehabt, diese Stadt war nicht mit den anderen reichen arabischen Hauptstädten zu vergleichen.
Sie gingen an einer Reihe von Frachtschiffen vorbei, bis Tate stehen blieb und auf einen kleinen Frachter zeigte. „Ich kenne diesen Kahn und seinen Kapitän“, klärte er leise die anderen beiden auf. „Bleibt hier. Ich gehe an Bord und werde sehen, ob er uns mitnimmt.“
„Kann man ihm trauen?“ wollte Pierce wissen.
Tate zuckte mit den Schultern. „Du kannst hier niemandem trauen. Ich denke, man kann sich auf ihn verlassen, wenn man ihm genug zahlt. Wartet hier auf mich. Bin gleich zurück.“
„So, das ist also der berühmte Mr. Winthrop“, meinte Brianne, als Tate auf dem Schiff verschwunden war. Zum ersten Mal, seit sie mit Pierce geschlafen hatte, waren sie wieder allein, und Brianne fühlte sich ausgesprochen unbehaglich in seiner Gegenwart.
„Ja, er ist ganz schön eindrucksvoll, findest du nicht?“
Sie nickte und sah ihn nicht an. Sie wirkte verlegen und verwirrt und sogar
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