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Wolkenfern (German Edition)

Wolkenfern (German Edition)

Titel: Wolkenfern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bator
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Frau … also wirklich.
    In ihrem Biberpelz sah Jadzia aus wie ein Bär, und Dominika fiel plötzlich der Tanzbär wieder ein, ein Rätsel, wie auf einmal ein Tanzbär in die Geschichte ihrer Oma kam, denn im Album, der Quelle aller Geschichten Halinas, war doch kein Bär zu sehen. Dominika musste lächeln, wenn sie an die letzten Fotos von Halina Chmura dachte, die sie an den Weihnachtstagen gemacht hatte, mit dem Tannenbaum im Hintergrund. Warte mal, hatte die alte Frau gesagt, warte einen Moment, ich geh mich noch ein bisschen zurechtfummeln. Sie schlurfte ins Nebenzimmer und kam eine Viertelstunde später wieder im rot-lila gemusterten türkischen Pullover mit hellblauem Halstuch, ihre feuerroten Haare standen in alle Richtungen ab, ihr Mund, mit Jadzias Lippenstift nachgezogen, lächelte schelmisch. Heilige Muttergottes, was hast du dir da für eine Bombasterei unter dem Hals gewurschtelt, gehst du in den Zirkus oder was? Jadzia verdrehte die Augen. Doch Dominika gefiel ihre feuerhaarige Oma mit der Schleife um den Hals, aus der ihr Gesicht wie eine vertrocknete Blütenknospe emporwuchs. Als Dominika nach Halinas Tod das alte Album betrachtete, dieses Objekt der Faszination in ihrer Kindheit, sah sie auf der letzten Seite das Foto von jenem Tag am Weihnachtsbaum mit der Unterschrift: Ich Halina Chmura, an die Feiertage 1996.   Dominika wurde klar, dass dies das einzige Porträt ihrer Oma war, das sie je gesehen hatte, denn auf den Familienfotos war Halina immer unscharf und verschwommen im Hintergrund. Dominika Chmura wusste in dem Augenblick, dass das Album von Oma Kolomotive der erste, keinem Nutzen dienende Gegenstand war, den sie hüten und von nun an immer mitnehmen würde, wohin sie auch zog.
    Der Singsang des Pastors, des dicken Kaplans Michał, der Adaś’ Platz eingenommen hatte, brachte die tuschelnden Trauergäste zum Verstummen. Jadzia drückte Dominikas Arm fester und seufzte aus der Tiefe ihres Biberpelzes Im Namen des Vaters und des Sohnes, und der Mütter und Töchter, setzte Małgosia leise hinzu. Im Namen des Vaters und des Sohnes, wiederholten die Trauergäste, und des Heiligen Geistes, Amen. Ausgerechnet in dem Moment musste Grażynka auftauchen. Pünktlich zum Amen ging ein Raunen durch die Reihen, sträubten sich die Pelze der Frauen. Im schwarzen Hut, Lackstiefel bis über die Knie, heilige Muttergottes, was hat die sich aufgedonnert, flüsterte die Lepka. Aufgemotzt. Zugekleistert. Aufgebrezelt. Abgehalftert. Alte Hure. Ausgemustert. Glückspilz. Die Pelze der um Halina Chmuras Sarg versammelten Damen sprühten Funken. Also, diese Stiefel mit den hohen Nuttenabsätzen, die glänzen wie Fischschuppen, der Hut aus einem anderen Film, was noch mehr anpisste als die Stiefel, denn so was setzte man im normalen Leben ja nicht auf, so einen Hut mit einer breiten Krempe wie ein Wagenrad, und mit Schleier. Mit Schleier!, seufzte Jadzia, typisch Grażynka, kommt zu spät aufs Begräbnis und dann im Schleier, wie der Springteufel aus der Dose. Unter dem schwarzgetupften Schleier schimmerten die grellrot geschminkten Lippen, darunter ein enganliegender Mantel, dem man ansah, dass er teuer gewesen war. Grażynka ging, als bewege sie sich nicht über einen Friedhofsweg, sondern einen roten Teppich, Kopf hoch, Brust raus, in einer Hand ein Rosenstrauß, der ein Vermögen gekostet haben musste, bestimmt hundert Stück und alle tiefrot, passend zum Lippenstift, also wirklich, rote Rosen auf einer Beerdigung! In der anderen Hand ein Täschchen, wie man es auf dem Markt nicht finden würde, ganz ohne Verzierung, nur so schwarz, mit ein bisschen Steppnaht und einer Goldkette zum Tragen. Aber trotzdem irgendwie elegant, dachte Jadzia, und sie schickte sich an, Grażynka mit einem Lächeln zu begrüßen. Grażynka war nicht die Person, die sich mit einem Lächeln abspeisen ließ, sie schlug den Schleier hoch und drückte Jadzia, Dominika und auch Małgosia Küsse auf die Wangen, die knallrote Lippenstiftspuren hinterließen. Lassen Sie sich nicht stören!, rief sie dem Pastor zu, heilige Muttergottes!, murmelte Jadzia. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, wiederholte der Pastor, den dieses plötzliche Erscheinen von Stiefeln mit Fischschuppenmuster, Brüsten und Lippen aus dem Konzept gebracht hatte, Im Namen des Vaters und des Sohnes, wir nehmen heute Abschied von unserer Schwester Halina Chmura, hob er in seiner Singsangstimme an, die Dominika an eine andere Pastorenstimme

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