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Wolkenfern (German Edition)

Wolkenfern (German Edition)

Titel: Wolkenfern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bator
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würde es verderben –, ein wenig Holunder und Bockshornklee, eine Prise Zimt, drei scharfe Paprika. Dieses Rezept hatten sie im Hauswirtschaftskurs in Tschenstochau von einem Mädchen namens Balbina bekommen, die später ausbüxte und in Warschau Schauspielerin wurde. Nun musste man nur einen mit dem Gift getränkten Wattebausch in den Schrank legen, um sicher zu sein, dass die Wollsachen und Pelze unangetastet blieben. Wahrscheinlich hatten die Teetanten etwas durcheinandergebracht, weil das von ihnen hergestellte Gift die Motten nicht besonders beeindruckte, aber dafür eine andere Wirkung entfaltete und außerdem vorzüglich schmeckte. Die Stärke des von den Teetanten hergestellten Gifts bestand darin, dass es Menschen half, wieder zu sich zu finden. Die Teetanten verabreichten es denjenigen, die es ihrer Meinung nach zu brauchen schienen, und rieten dazu, täglich einen Teelöffel vor dem Einschlafen zu sich zu nehmen. Sie gaben es zum Beispiel Franciszka Pylek von der Post, die nach der Rückkehr aus dem Lager einfach nicht mehr bei sich war; leer wie ein ausgeblasenes Ei ging ihr Körper durch Kamieńsk, während Franciszka Pylek an einer Grube voller Leichen kniete und laut weinte, obwohl sie ihre eigene Stimme nicht hören konnte. Mir ist so schwer ums Herz, schluchzte sie in den entsetzlichen Stunden vor dem Morgendämmer, ich werde nie wieder ich selbst sein. Sie beschloss, Rattengift zu schlucken, dessen schrecklichen Geschmack aber mit einem Gläschen Mottengift von den Teetanten herunterzuspülen, denn im Angesicht des Todes durch Selbstmord konnte ein kleines Vergnügen ja nicht Sünde sein. Sie schrieb einen Abschiedsbrief, verteilte ihre irdischen Güter, darunter auch ein neues Kostüm aus grünem Samt, kleidete sich für den Sarg, um andere nicht mit dieser Arbeit zu belasten, schluckte und erwachte drei Tage und Nächte später mit einem Gefühl seltsamer Leichtigkeit. Franciszka riss das Fenster weit auf, kippte den Rest des ganz offensichtlich nicht mehr wirksamen Rattengifts aus und zerriss ihren Abschiedsbrief, auf dem stand: An jene, die meinen Leichnam finden. Die Mixtur der Teetanten gab Franciszka Pylek zuerst ein so intensives Gefühl der Leichtigkeit, dass jeder Durchzug sie in die Höhe hob, und wenn ein stärkerer Wind ging, packte sie sich vorsichtshalber Steine in die Jackentaschen und bewahrte zu diesem Zweck in der Garderobe im Flur außer Anstecknadeln und Handschuhen immer ein paar ansehnliche Kieselsteine auf, die sie am Ufer der Kamionka gefunden hatte. Erst nach Wochen stellte Franciszka fest, dass diese lästige Leichtigkeit nicht die einzige Auswirkung des dreitägigen Schlafes nach dem Genuss des Gifts der Teetanten war. Als sie auf der Bank vor der Kirche saß und Eis aß, kam Franciszka Pylek, die glücklicherweise das Lager und unglücklicherweise ihre Familie überlebt hatte, wieder zu sich. Vielleicht war sie nicht ganz dieselbe wie früher, aber dem geschenkten Selbst schaut man nicht ins Maul, dachte sie bei sich und kaufte zwei weitere Kugeln Sahneeis. Das schmeckte ihr so gut, dass sie wie mit zwei Zungen schleckte. Franciszka Pylek schloss die Augen vor Glück und dankte von da an den Teetanten bei jeder Gelegenheit für ihre Rettung.
    Róża schüttelte das Fläschchen und sah gegen das Licht, ob sich die Flüssigkeit nicht getrübt hatte. Als sie probehalber zwei Tropfen auf einen Teller gab, schimmerten sie genauso wie sie sollten, hellblau und opalisierend wie ein Mondstein. Die Teetanten sahen sich an und nickten zur Besiegelung des Entschlusses, der gefallen war. Wenn es noch einen anderen Tadeusz Kruk gab außer dem, den sie kannten und fürchteten, musste der nach Verabreichung des Mottengifts zum Vorschein kommen.
    Tadeusz Kruk war nicht erstaunt über die Einladung in die Napoleonhütte, denn er hatte selbst schon darüber nachgedacht, auf welchem Wege er an die Teetanten herantreten konnte. Grażynka hatte jetzt schon mehr als eine Woche in seinem Laden verbracht, und diese Tage waren für ihn einfach traumhaft gewesen. Tadeusz Kruk verstand nicht, wie er so lange ohne sie hatte auskommen können. Zuerst wusch sie nur den Kundinnen die Haare und mischte den Aufhellerbrei, dessen beißende Peroxiddämpfe ihre Augen zum Tränen brachten. Bald aber hatte er ihr beigebracht, die Spitzen zu schneiden, und manche Kundinnen fragten gleich nach ihr. Ruhen Sie sich ein bisschen aus, Herr Tadziu, lassen Sie Grażynka lernen. Das Mädchen hatte kein

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