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Wolkengaenger

Titel: Wolkengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Philps , John Lahutsky
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groß, dass sie ihr Kinn berührte. Und sie hatte Zähne aus Eisen, mit denen sie Funken sprühen konnte. Und
     ihr Haus stand auf Hühnerbeinen«, zitierte Wanja die Zeilen, die er auswendig konnte.
    »Und was geschah dann?«
    Wanja blickte in das Buch, als ob er nach der Stelle suchte, an der es weiterging. »Die Stiefmutter befahl Wassilissa, in
     den Wald zu gehen und Beeren zu pflücken. Doch Wassilissa verlief sich.«
    »Oh, nein. Baba Jaga ist in dem Wald. Sie wird sie fressen!«
    »Ja. Sie steht genau vor Baba Jagas Haus, und hinter ihr haben ihr die Bäume den Weg versperrt. Da streckt Baba Jaga ihren
     Kopf aus dem Fenster …«
    »Hör auf«, flehte Elvira. »Ich weiß, wie es ausgeht. Sie entkommt. Und sie heiratet den Prinzen. Und sie trägt ein silbernes
     Kleid.«
    |172| »Woher willst du denn wissen, dass es silbern ist? Das steht gar nicht im Buch.«
    »Ich weiß es, weil Silber meine Lieblingsfarbe ist.«
    »Schluss mit dieser Geschichte. Ich lese dir eine andere vor. Die kennst du noch nicht. Sie heißt
Der kleine goldene Fisch
. Es war einmal ein armer Fischer, der lebte am Meer. Eines Tages verfing sich ein winziger Fisch in seinem Netz. Er war golden
     und glitzerte. Der kleine Fisch konnte sprechen und sagte zu dem Fischer: ›Ich bin zu klein für eine Mahlzeit. Wirf mich zurück
     ins Wasser, und ich erfülle dir einen Wunsch.‹ Und der Fischer sagte: ›Aber ich habe alles, was ich brauche.‹ Und er warf
     den Fisch zurück ins Wasser. Als er dann nach Hause kam, sagte ihm seine Frau, dass es sehr dumm von ihm war, den Fisch um
     nichts zu bitten. Sie sagte: ›Geh zurück, und bitte ihn um einen großen Palast voller Gold.‹«
    Elvira langweilte die Geschichte. »Ach, Wanja, wünschen wir uns lieber selbst etwas. Also, ich wünsche mir so viel Schokolade,
     wie ich essen kann.«
    »Und ich wünsche mir jeden Tag einen Kuchen, so einen, wie Wika ihn mir zu meinem Geburtstag gebacken hat.«
    »Und ich wünsche mir einen Walkman, wie Barney einen hat, und einen Geldbeutel voller Münzen.«
    »Und ich wünsche mir, in meinem eigenen Auto herumzufahren.«
    »Wanja, was wünschst du dir am allermeisten?«
    »Sag du zuerst.«
    »Nein du.«
    »Nein du.«
    Die beiden Kinder verstummten. Manche Gedanken waren zu schmerzlich, um sie mit dem anderen zu teilen. Sie wussten beide,
     dass sie nicht wie andere Kinder waren. Sie waren anders. Andere Kinder hatten eine Mutter, die ihnen leckeres Essen brachte,
     die sie tröstete, wenn sie Schmerzen hatten, die sie zur Toilette brachte, wenn sie mussten, und die ihnen einen zärtlichen
     Gutenachtkuss gab.

[ Menü ]
    |173| 13.
KOGNAK UND SCHOKOLADE
    April bis September 1997
    Acht lange Monate waren vergangen, seit Linda Fletcher den Artikel über Wanja im
Daily Telegraph
gelesen hatte. Während dieser Zeit war Wanja zunächst aus Filimonki zurück ins Babyhaus gekommen, von dort aus ins Krankenhaus
     Nr. 58 und anschließend ins Sanatorium Nr. 26, einem in einem Moskauer Park versteckt gelegenen Heim. Die zarten Bande zwischen
     Elvira und Wanja waren gerade geknüpft, da wurden die beiden wieder auseinandergerissen. Ob er sie je wiedersehen oder ins
     Krankenhaus Nr. 58 zurückkehren würde, erfuhr Wanja nicht. Die einzige Konstante in seinem Leben waren seine Unterstützer,
     die ihm folgten, wohin er auch ging. Manchmal dauerte es eine Weile, bis sie ihm auf die Spur kamen, doch letzten Endes fanden
     sie ihn immer wieder.
    Nun stand endlich Lindas Besuch an. Obwohl sie ihr Heimatland Großbritannien nie zuvor verlassen hatte, wurde sie mit den
     Umständen in Moskau spielend fertig. Der letzte Schnee war gerade getaut, doch der längst überfällige Frühling ließ noch immer
     auf sich warten. In Begleitung von Sarah und Wika fuhr Linda mit dem Zug zu jenem Moskauer Park, durch einen Birkenwald, Wika
     führte sie über eine wackelige Brücke und einen schlammigen Weg zu einer alten Villa.
    Verglichen mit dem Babyhaus war die Atmosphäre im Sanatorium Nr. 26 weniger bedrückend. Hier war Wanja in Gruppe 4 untergebracht.
     Durch die Tür sahen die drei Frauen vier Kinder, die Suppe löffelnd um einen Tisch saßen. Obwohl Wanja mit dem Rücken zur
     Tür saß und mit dem kahlköpfigen Jungen, den Linda in der Zeitung gesehen hatte, kaum |174| mehr etwas gemein hatte, musste sie nicht fragen, welcher von den vieren Wanja war, sondern steuerte geradewegs auf ihn zu.
     Wanja warf ihr einen Blick über die Schulter zu und schenkte ihr ein Lächeln, das zu

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