Wolkengaukler
an, und ich spürte förmlich, wie er mit seinen Diamantaugen in sie tauchte und ihre Seele zu liebkosen schien. Ich wusste, dass ihr das in diesem Moment durch und durch ging! Dann sagte er mit tiefer Stimme: „Tut mir leid, Katharina, aber das geht gerade nicht.“ Nur das, keine Erklärung, keine Rechtfertigung. Eine ziemlich eindeutige Abfuhr! Aber er blickte ihr dabei so liebenswürdig und sanft in die Augen, dass sie den Korb gar nicht wahrzunehmen schien, sondern nur die Schultern hob und seufzte: „Schade, na ja, vielleicht später!“ Damit lächelte sie ihn noch einmal hoffnungsvoll an und schwebte dann förmlich mit ihrer Leibgarde davon. Mein Lover! Mit diesen Augen konnte er alles! Er zwinkerte mir zu: „Glück gehabt! Das klappt nicht immer.“ Und dann flüsterte er zu meinem Schrecken: „Was meinst du, wollen wir die Masken fallen lassen?“
Ich sah ihn zweifelnd an. Mich hier vor der versammelten Mannschaft zu outen war ein großes Wagnis. Ich musste mit denen noch ein ganzes Jahr durchstehen, und wer wusste, wie sie reagierten! Andererseits freute ich mich auf ihre Gesichter, wenn sie sahen, dass wir zusammengehörten. Und ich stand zu Christoph, egal vor wem. Entschlossen drückte ich Felix mein Glas in die Hand und ging neben Christoph her zur Tanzfläche. Es war schon dunkel geworden, die bunte Partybeleuchtung warf ein diffuses Licht auf die Köpfe der Tanzpaare, während die Schaulustigen rundherum im Dämmerlicht versanken. Wenn ich die Augen schloss und mich ganz auf die Musik konzentrierte, würde es fast so sein, als wäre ich mit Christoph allein, wie vor fast einem Jahr, bei ihm zu Hause, vor dem Kamin ...
Er legte seine Arme um meine Hüften und ich meine um seinen Hals. Er sah mir die ganze Zeit in die Augen, hielt meinen nervösen Blick fest, bis ich ruhig wurde und mich ganz in sein geheimnisvoll silbernes Leuchten versenkte.
„Entspann dich und lass dich führen“, flüsterte er wie damals. Ich ließ mich einfach fallen, drückte meinen Körper sanft gegen seinen, um den Rhythmus zu spüren, und lehnte meine Stirn gegen seine, ohne ihn jedoch aus den Augen zu lassen. Der Zauber wirkte wieder, und nur am Rande nahm ich das erschrockene, ungläubige Gewisper um mich herum wahr: „Oh mein Gott, sieh dir das an! Das darf doch nicht ... mit Jann! ... das glaube ich nicht! ... die sind beide ... ach du Scheiße! ...“ Für einen Moment sah ich Katharinas Gesicht, blass und starr vor Schrecken. Celine stand neben ihr und hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt. Gutes Mädchen! Den Rest der Gaffer ignorierte ich einfach.
Mit Christoph zu tanzen war für mich auch wie eine Achterbahnfahrt, es kribbelte und zog überall in mir, ich verlor den Boden unter den Füßen, und mein Kopf war wie durchgepustet. Aber er war mein Sicherheitsgurt, der mich festhielt und mit mir mitkam, wohin ich mich auch bewegte. Wir zogen die Runde durch, und in seinen Armen fühlte ich mich sicher und geborgen, ohne auch nur eine Sekunde lang an die Zeit nach diesem Tanz zu denken.
Schließlich verließen wir die Tanzfläche wieder, gefolgt von ungläubigen, verstörten, teilweise geringschätzigen und ablehnenden, aber auch neidischen und resignierten Blicken – alles war vertreten. Doch jetzt war die Sache wenigstens geklärt, mochten meine Klassenkameraden nun daraus machen, was sie wollten! Sie würden daran sicherlich noch eine ganze Weile zu knabbern haben, und dazu würden sie in den nächsten sechs Wochen bestimmt genug Zeit und Muße finden. Das Resultat ihrer geistigen Verdauungsarbeit würde ich erst im neuen Schuljahr präsentiert bekommen. Wer weiß, wie es aussehen würde ... Celine kam zu uns, und auch Felix, der uns unsere Gläser wieder mitbrachte. Sie beide jedenfalls standen zu uns und setzten damit unbewusst für die anderen ein eindeutiges Zeichen. Meine Männerfreundschaft mit Felix schien mittlerweile wieder alles auszuhalten. Das machte mich froh.
„Ihr saht so schön aus! Très romantique!“, rief Celine übermütig und küsste Christoph auf die Wange. Es kam keines der Mädels mehr, um Christoph zum Tanzen aufzufordern, und Katharina ging ziemlich bald nach Hause. Ich hatte Mitleid mit ihr, aber kein schlechtes Gewissen.
Später gesellten sich dann doch noch ein paar Jungs aus meiner Clique zu uns, deren Freundschaft zu mir und Begeisterung für Christophs Charme sich durch die unerwartete Offenbarung nicht hatten auslöschen lassen. Das gab mir Hoffnung, beschwichtigte
Weitere Kostenlose Bücher