Wollust - Roman
Tätowierungen vielleicht identifizieren.«
»Vielleicht. Vielleicht war er auch dabei, Rabbi. Die Fotos sehen inszeniert aus, und das bedeutet, dass jemand die Posen eingefangen hat. Wenn Garth und Aaron ihre Mädchen tauschten, warum nicht auch Mandy?«
»Da ist was dran. Aaron hat mir gerade gebeichtet, dass Garth es bevorzugt griechisch treibt, weil er gerne die Kontrolle hat.«
Marge ging in die Hocke und schob die unterste Schublade wieder an ihren Platz. »Mit hundertprozentiger Sicherheit hat der Kerl auf den Fotos gerne die Kontrolle über alles.«
»Kommt so schnell wie möglich mit diesen Bildern her.«
»Und wie lautet unsere Berechtigung, aus Mandys Wohnung persönliches Eigentum zu entfernen?«
»Wir haben zwei brutale Morde, und wir können Mandy Kowalski nirgendwo finden. Dann sehen wir diese Bilder, also sind wir jetzt richtig in Sorge um Mandys Sicherheit. Ich würde sagen: Gefahr im Verzug. Und das ist noch nicht mal gelogen.«
Alles, was er sich wünschte, war, irgendwohin zu verschwinden.
Stattdessen wurde ihm, während er beim Arzt saß, bewusst, dass er eine Eins-A-Nervensäge war.
»Meiner Hand geht’s gut, Mrs. Decker. Das hier ist echt nicht nötig.«
»Sag Rina zu mir, und woher willst du wissen, ob das nötig ist?« Sie hatte ihn unter ihre Fittiche genommen. Gabe war ordentlich angezogen, trug ein sauberes weißes Hemd und Jeans, Turnschuhe an den Füßen. Er sah müde aus, mit schlaffen Lidern hinter seinen Brillengläsern. Seine Stirn war mit Pickeln übersät, und die Haare hingen ihm in die Augen und berührten die Schultern. Schönes Haar – dick und glänzend.
Gabe wackelte mit den Fingern. »Da ist nichts gebrochen.«
»Da gibt es aber auch Nerven und Sehnen, stimmt’s? Es wäre nachlässig von mir, wenn ich es nicht überprüfen ließe.«
»Warum wär das nachlässig von Ihnen? Sie schulden mir nichts.«
Rina sah ihn streng an. »Ich bin nicht deine Mutter. Ich bin nicht dein Vater. Ich bin noch nicht einmal dein gesetzlicher Vormund. Ich kenne dich kaum. Doch aus irgendeinem Grund hat die Vorsehung dich in meinen Schoß plumpsen lassen. Und ich beabsichtige, für dich zu sorgen, bis sich etwas anderes ergibt.«
»Mein Dad ist hier irgendwo in der Gegend«, sagte der Junge. »Bestimmt unterschreibt er die Anträge, damit ich nächstes Jahr auf ein Internat gehen kann.«
»Möchtest du das auch?«
»Weiß nicht.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Jetzt wär’s ein bisschen zu spät für eine Bewerbung, aber ich bin mir sicher, ich werde überall angenommen. Talent ist Trumpf.«
»Schon eine bestimmte Schule ausgesucht?«
»Egal welche. Dem Lieutenant hab ich gesagt, ich könnte mit sechzehn ans Juilliard gehen, also muss ich nur noch knapp ein Jahr durchhalten. Und bei den Highschools ist eine wie die andere.« Gabe zog eine Grimasse. »Ein Klavierlehrer würde mir echt weiterhelfen.«
»Wo findet man für dich einen Lehrer?«
»Es gibt zwei richtig gute am USC. Da müsste ich vorspielen, und ich sollte damit vielleicht warten, bis meine Hand wieder hundertprozentig in Ordnung ist.«
»Gut, dann kriegen wir dich erst mal wieder hin, und danach sehen wir weiter.«
Gabe wischte sich Haare aus den Augen. »Ich bin total froh, dass Sie mich bei sich zu Hause wohnen lassen.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Ich mag meine Tante sehr, aber sie ist echt unreif und schlampig. Mir wird körperlich übel, wenn ich mich mitten in so einer Unordnung aufhalten muss.«
Rina lachte. »Das Zimmer meiner Söhne war noch nie so aufgeräumt. Darf ich dich auf das Zimmer meiner Tochter ansetzen?«
»Ich kann da nicht reingehen«, sagte Gabe. »Ich bekomm sofort Beklemmungen.«
Der Junge meinte das todernst. Die Sprechstundenhilfe rief seinen Namen auf. Als Gabe aufstand, sagte sie zu Rina: »Wenn Sie wollen, können Sie mit rein.«
Rina zuckte die Achseln. »Was meinst du, Gabe?«
»Macht mir nichts aus. Geht ja bloß um meine Hand.«
Die beiden wurden in einen Untersuchungsraum gesetzt. Zwanzig Minuten später kam Matt Birenbaum herein: ein kleiner Mann Mitte fünfzig mit drahtigen grauen Haaren, die notdürftig über eine Halbglatze gekämmt waren. Rina erhob sich von ihrem Stuhl.
»Bleiben Sie sitzen. Wie geht’s Ihrer Familie? Was macht der Loo?«
»Das übliche Chaos. Wie geht’s den Jungs, Matt?«
»Josh beginnt im Herbst sein Medizinstudium.«
»Masel tov. Das, womit er aufgewachsen ist, hat ihm wohl gefallen.«
»Habe versucht, es ihm auszureden,
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