Wollust - Roman
Zähnen kaum noch einen Ton heraus. »Äh, Rina, ich glaub kaum, dass Mr. Mark mit unseren trivialen Problemen belästigt werden sollte.«
»Entspann dich.« Mark legte wieder eine Hand auf die Schulter des Jungen. »Das geht schon in Ordnung. Atme einmal tief durch.«
Gabe nickte, nahm einen tiefen Atemzug und ließ die Luft langsam wieder hinausgleiten.
»Besser?«
»Mir geht’s gut.« Gabe war seine Nervosität plötzlich peinlich.
»Schön. Zuerst einmal: Wer hat dich unterrichtet?« Nachdem Gabe ein halbes Dutzend Namen heruntergerattert hatte, fragte Mark: »So viele? Was war los? Bist du immer wieder zu gut für deine Lehrer geworden?«
»Ja, das auch. Und ich war sozusagen den Launen meiner Eltern ausgeliefert, dauernd gab’s dieses Transportproblem, weil wir nicht in der Stadt wohnten – ich meine, in Manhattan. Ich komm von der Ostküste. Wir wohnten ungefähr eine halbe Stunde außerhalb der Stadt.«
»Wie sind Sie beide miteinander verwandt?«
»Gar nicht«, sagte Gabe. »Ich bin ein Findling …«
»Du bist kein Findling«, widersprach Rina. »Seine Eltern sind im Moment beschäftigt. Er wohnt bei uns. Als er sich an der Hand verletzt hatte, fiel mir Matt ein. Wir gehen in dieselbe Synagoge, und er ist der Beste.«
»Sie beschämen mich«, sagte Birenbaum. »Aber nicht zu doll.«
Mark grinste. »Du bist der Beste.« Dann wandte er sich an Rina: »Wie lange wird Gabe bei Ihnen bleiben?«
»Das hängt von Gabe und seinen Eltern ab. Was mich betrifft, kann er sich bei uns einquartieren, vor allem, wenn er so den Lehrer bekommt, den er sich wünscht.«
»Wo sind deine Eltern?«
Gabe lief feuerrot an, aber Rina blieb ganz ruhig. »Genau darin liegt das Problem. Wir wissen nicht, wo seine Eltern sind, aber seine Eltern wissen, dass Gabe bei uns ist. Was können Sie beruflich gesehen für ihn tun?«
Der Junge hielt sich die Hände vors Gesicht. Mark lächelte. »Ich hab dir doch gesagt, beruhige dich. Zu wissen, wer ich bin, ist keine Grundvoraussetzung für das Erlangen der amerikanischen Staatsangehörigkeit.« Er wandte sich wieder an Rina. »Ich könnte … Folgendes … für ihn tun. Ich möchte, dass Sie beide wissen… dass ich keine Schüler annehme. Mit meinem Unterricht an der Universität, dem Komponieren und dem Pendeln am Wochenende nach Santa Fe habe ich kaum freie Zeit zur Verfügung.«
»Ich könnte ja nach Santa Fe ziehen«, platzte es aus Gabe heraus.
»Du ziehst nirgendwo hin«, sagte Rina.
Wieder musste Mark lachen. »Ich habe eine kilometerlange Warteliste, und es wäre unfair, dich an die Spitze zu katapultieren.«
»Natürlich«, sagte Rina, »aber vielleicht können Sie uns jemanden empfehlen?«
»Warten Sie. Ich sagte, es wäre unfair … wenn ich beschließen würde, ihn Vollzeit zu unterrichten. Aber da das hier nach einer Übergangslösung aussieht, könnte ich ihm ein paar Stunden geben.«
»Das wäre wirklich sehr nett von Ihnen«, sagte Rina.
»Hör zu, Gabe. Ich verlange von deinem Spiel keine hundertprozentige Perfektion. Aber was ich verlange … ist … hundertprozentiger Einsatz. Wenn ich mir Zeit für dich nehme,
bist du besser gut vorbereitet.« Er konsultierte seinen BlackBerry. »Ich kann dich nur einmal… nein, sagen wir zweimal die Woche… um zehn Uhr morgens in der Uni sehen. Einen anderen Termin habe ich nicht frei. Ich weiß nicht, ob das mit deinem Stundenplan kollidiert.«
»Das lässt sich einrichten. An welchen Tagen?«
»Wie wäre es mit … Dienstag und … und wenn ich das verschiebe und diese Verabredung dorthin verschiebe …« Er spielte mit seinem Kalender herum. »Versuchen wir es mal Montag und Dienstag um zehn Uhr – pünktlich.«
»Ich bin Lehrerin«, sagte Rina, »und muss um neun in der Schule sein …«
»Ich kann den Bus nehmen«, sagte Gabe.
Rina ging nicht darauf ein. »Mein Mann oder ich werden ihn vorbeibringen. Ich bin mir sicher, er findet etwas, mit dem er sich bis zehn Uhr beschäftigen kann.«
»An der Uni gibt es eine Musikfakultät«, sagte Mark, »mit Übungsräumen.« Er sah Gabe an. »Hast du keinen Führerschein oder kein Auto?«
»Er ist noch zu jung«, klärte Rina ihn auf. »Er wird im Juni erst fünfzehn.«
»Jünger, als ich dachte. Umso besser. Was für ein Klavier hast du?«
»Wir besitzen kein Klavier«, sagte Rina. »Können Sie uns eines empfehlen?«
»Ein gutes Klavier kostet mehrere zehntausend Dollar.«
»Das ist ziemlich teuer«, stellte Rina fest.
»Mal sehen, ob ich
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