Wollust - Roman
ihn anlügen. In all diesen Dingen hat er sich getäuscht, und er liegt verdammt falsch damit, wenn er glaubt, du seist nicht sein Sohn. Die Terry von damals ist nicht die Terry von heute. Deine Mutter war total verknallt in ihn. In ihren Augen lief dein Vater damals übers Wasser. Du bist Chris Donattis Sohn, Gabe, im Guten wie im Schlechten.«
Am nächsten Morgen ging Decker mit Gabes Erlaubnis die Unterlagen durch, die Terry ihm geschickt hatte. An den Vollmachten selbst war er nicht interessiert, nur daran, wer sie vorbereitet und notariell beglaubigt hatte. Er wollte einen Nachweis, dass Terrys Unterschrift tatsächlich von Terry stammte und nicht von irgendeinem Stellvertreter. Er rief die Anwaltskanzlei um acht Uhr morgens an und geriet an den Auftragsdienst, wo er die Nachricht hinterließ, es ginge um einen Notfall, weswegen er dringend mit Justin Keeler sprechen müsste. Zwei Stunden später kam der Rückruf.
»Hier spricht Justin Keeler.«
»Ich bin Lieutenant Decker vom LAPD. Ich arbeite seit einer Woche an einem Vermisstenfall. Ihr Name ist Terry McLaughlin …«
»Sie können gleich aufhören, Lieutenant. Sie wissen doch, dass ich mich auf die Verschwiegenheitspflicht berufen werde.«
»Also ist sie Ihre Klientin.«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Ich bin im Besitz einiger Unterlagen, die ihrem Sohn, Gabriel Whitman, überreicht wurden. Angeblich hat sie diese Papiere unterschrieben und notariell beurkunden lassen. Sie wurden von Ihnen ausgestellt und von einer gewissen Carin Wilson beglaubigt. Arbeitet sie für Sie?«
»Carin Wilson arbeitet für uns. Wie sind Sie an diese Papiere gelangt?«
»Gabriel lebt bei mir und meiner Familie. Der Umschlag lag letzte Nacht auf unserer Türschwelle. Die Papiere sind nicht mit der Post gekommen. Jemand hat sie persönlich vorbeigebracht. Ich will lediglich sichergehen, dass Terry McLaughlin diese Papiere unterschrieben hat und es sich nicht um eine Fälschung handelt.«
»Wenn sie von Carin Wilson beglaubigt wurden, garantiere ich Ihnen, dass es sich bei den Papieren nicht um eine Fälschung handelt. Sie ist zweiundfünfzig und arbeitet seit zwanzig Jahren als Notarin.«
Decker überlegte einen Moment. »Diese Angelegenheit treibt mich ziemlich um, Mr. Keeler. Ich bin sicher, jemand mit Terrys Ausweis hat diese Papiere unterschrieben. Ich will nur abklären, dass die Frau, die Sie für Terry halten, auch wirklich die echte Terry McLaughlin ist. Kann ich vorbeikommen und Ihnen ein Foto von ihr zeigen?«
»Hierzu Ja oder Nein zu sagen, wäre bereits eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Wie wäre es, wenn Sie mir das Foto mailen? Sollte es da ein Problem geben, melde ich mich bei Ihnen.«
»Mr. Keeler, ich versuche nur, dem armen Jungen ein paar Informationen über seine Mutter zukommen zu lassen. Terrys Ehemann ist gewalttätig, sogar fähig zu einem Mord. Ich will nur sichergehen, dass sie nicht tot ist.«
Keeler seufzte. »Sie ist nicht tot.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Das hätte ich Ihnen nicht sagen dürfen. Aber wenn ihr Sohn den Brief in dem Umschlag gelesen hat, weiß er, dass sie lebt.«
»Also hat Terry McLaughlin diesen Brief geschrieben?«
»Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.«
»Offensichtlich kennen Sie den Inhalt des Briefes.«
»Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Lesen Sie einfach diesen verdammten Brief.«
»Das habe ich bereits.«
»Dann respektieren Sie ihre verdammten Wünsche. Und wenn Sie sich Sorgen um sie machen, halten Sie ihr ihren gewalttätigen Ehemann vom Hals.« Keeler legte auf.
Decker massierte sich die Schläfen, als gerade Gabe in die Küche kam. Er trug immer noch seinen Schlafanzug. Er war kreidebleich, und auf seiner Stirn waren jede Menge Pickel, obwohl er die Creme dick aufgetragen hatte. »Falscher Zeitpunkt?«
»Überhaupt nicht.« Decker rang sich ein Lächeln ab. »Setz dich. Was gibt’s?«
»Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich die engste Assistentin meines Vaters angerufen hab. Sie sagt, er ist nicht da, sie sagt ihm aber Bescheid. Also warte ich einfach mal ab.«
»Gut. Sag du mir einfach, wenn er sich meldet. Ich würde immer noch gerne mit ihm reden.«
»Mach ich.« Er kratzte sich an der Stirn. »Also … ist Chris irgendwie aus dem Schneider? Ich mein ja nur, wenn Mom lebt, hat er sie ganz offensichtlich nicht getötet.« Gabe kratzte sich wieder an der Stirn, und es begann zu bluten. Er tupfte das Blut mit einer Serviette ab. »Mann, ich seh bestimmt aus
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