Wollust - Roman
um einiges größer – ungefähr eins achtzig –, aber Hannah wuchs wahrscheinlich noch. Der Mann war ein Schwarzer. Das überraschte ihn, er wusste allerdings selbst nicht, warum. Koby war größer als er, aber kleiner als sein Dad – fast eins neunzig.
Hannah stellte ihn vor. »Cindy, Koby … das ist Gabe.«
Koby streckte ihm die Hand entgegen, und Gabe schüttelte sie.
»Dad sollte jede Minute nach Hause kommen«, sagte Cindy zu Hannah.
»Ein Familienessen?« Hannah blickte auf den Bauch ihrer Schwester und entdeckte eine Wölbung. Sie lächelte innerlich. »Was ist der Anlass?«
»Der Anlass ist, dass ich Dad seit zwei Wochen nicht gesehen habe.« Cindy schaute Gabe freundlich an. »Ich hoffe, du hast Hunger. Rina hat genug für eine ganze Armee gekocht.«
»Sie ist eine himmlische Köchin«, schwärmte Koby.
»Toll.« Gabe schenkte ihm ein gezwungenes Lächeln. »Ich denke, ich wasche mir mal die Hände.«
Nachdem er gegangen war, stieß Hanna einen Seufzer aus. »Oh Mann.«
»War es anstrengend für dich?«, fragte Koby.
»Nein, er ist ein netter Kerl. Es muss komisch für ihn sein. Und ich bekomme langsam das Gefühl, dass sein gesamtes Leben komisch ist.«
»Nett von eurer Mom, ihn hier wohnen zu lassen«, sagte Koby. »Ich sehe mal nach, ob sie Hilfe braucht.«
»Ich komme auch gleich.« Nachdem er in die Küche gegangen war, sagte Cindy: »Ich glaube, Dad hat den Vater des Jungen gefunden, aber erzähl ihm lieber noch nichts, okay?«
»Geht in Ordnung. Das sind ja gute Neuigkeiten.«
»Ich hoffe es. Ich glaube, sein Dad ist ziemlich durchgeknallt.«
»Inwiefern?«
»Das weiß ich nicht genau. Hat er mit dir über seinen Vater geredet?«
»Nicht viel … und genau das würde ich an seiner Stelle auch tun.«
Beide hörten das Auto vorfahren. Decker öffnete die Haustür und strahlte, als er seine Mädchen sah. »Wie geht’s meinen Lieblingstöchtern?« Er gab beiden einen Kuss auf die Wange. »Was verschafft mir die Ehre?«
»Du klangst so mürrisch am Telefon«, sagte Cindy, »und weil ich total narzisstisch veranlagt bin, dachte ich mir, meine Anwesenheit würde dich aufheitern.«
»Volltreffer.« Er sah Hannah an. »Wie war dein Tag?«
»Ereignislos.«
»Wie lief’s mit Gabe?«
»Gut. Er ist in seinem provisorischen Zimmer. Glück bei den Eltern gehabt?«
»Nicht, was seine Mutter betrifft, aber sein Vater hat mich angerufen.«
»Gut«, sagte Hannah. »Gibt es einen Grund dafür, warum er sich bei dir und nicht bei Gabe gemeldet hat?«
»Keine Ahnung. Ich rede gleich mal mit Gabe. Wo ist Koby?«
»In der Küche bei Ima. «
Decker verschwand in Richtung Küche und kam gerade dort an, als Koby eine übergroße gusseiserne Kasserolle aus dem Ofen hob. »Irgendetwas riecht hier ganz hervorragend.«
»Hervorragend und reichhaltig«, sagte Koby.
»Paella mit Huhn und Würstchen.« Rina gab ihrem Mann einen Begrüßungskuss auf den Mund. Sie hatte sich eine mit Schmetterlingen verzierte Schürze umgebunden; ihr schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. »Ich liebe eingängige Menüs.«
»Es gibt auch noch Salat.« Koby stellte die heiße Kasserolle auf dem Herd ab.
»Also dann eben zweigängige Menüs.«
»Und da wären noch die ganzen Vorspeisen. Und der Nachtisch.« Koby grinste. »Keine Sorge, Rina. Ich nehme von allem etwas. Wie immer.«
»Wie schaffst du es, so viel zu essen und trotzdem so schlank zu bleiben?«, fragte ihn Decker.
»Keine Ahnung, Peter. Die meisten Äthiopier sind schlank, aber die meisten von uns in Afrika sind ja auf Minimaldiät. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus guten Genen und Glück.« Er klopfte sich den Bauch und nahm einen Stapel Teller in die Hand. »Ich decke den Tisch.«
»Das kann ich machen«, sagte Decker.
»Du bleibst bei Rina und spielst den Souschef. Meine Frau und meine Schwägerin unterstützen mich. Wahrscheinlich werden sie mich ganz aus meinen Tischdeckpflichten entlassen, was mich nicht weiter stört. Ich habe heute noch keine Zeitung gelesen.«
»Sie liegt auf dem Esstisch«, sagte ihm Rina.
Nachdem Koby gegangen war, blickte Decker in die neugierigen hellblauen Augen seiner Frau. Sie war schweißgebadet und sah unglaublich sexy aus. »Ich habe Chris Donatti gefunden« , sagt er. »Oder besser gesagt, er hat mich gefunden. Er kommt mit dem Auto aus Nevada und sollte gegen Mitternacht in der Stadt sein.«
»Das ist gut … glaube ich.«
»Warten wir’s ab. Ich muss jetzt mit dem Jungen
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