Wollust - Roman
Identifizierung, weil kein Bild dem anderen glich.
Aaron Otis’ linker Arm war von oben bis unten mit vielfarbigen Wirbeln verziert, während sein rechter Arm mit einer Reihe Armbänder tätowiert war. Sie bestanden überwiegend aus mit Rasierklingen verziertem Stacheldraht, ein paar Reifen japanischer Schriftzeichen, einem Schlangenarmband und einem Aufgebot an Munition in einem Munitionsgürtel.
Die einzige Stelle, die Aaron au naturel zeigte, war sein hageres Gesicht – gebräunt, zerfurcht und mit blonden Stoppeln –, als hätte er sein Leben im Busch verbracht. Er trug ein schwarzes T-Shirt und eine beigefarbene Cargohose. Slipper der Marke Vans umhüllten seine strumpflosen Füße.
Greg Reyburn war etwas anspruchsvoller in der Wahl seiner Körperbilder, aber seine Haut enthielt genug Tinte, um damit einen kleinen Roman zu schreiben. Er war durchschnittlich groß und durchschnittlich schwer. Der junge Mann hatte den Kopf voll dunkler Locken, hohe Wangenknochen und ein spitzes Kinn. Seine Augen waren, wie die seines Reisebegleiters, müde und gerötet. Er trug Jeans, ein schwarzes T-Shirt und Sandalen.
Marge hatte die beiden in getrennte Verhörräume gesetzt. Während Scotty seine Zauberkünste an Greg Reyburn ausprobierte, bearbeitete sie Aaron Otis. Sie hatte ihm eine Limonade gebracht und setzte sich neben ihn, beugte sich nach vorne und versuchte, mütterlich zu wirken. »Sie sehen müde aus.«
»Vollkommen fertig.« Otis nahm die Limonade und bedankte sich dafür. »Das waren echt irre Tage.« Er trank gierig. »Nach der Autoreparatur und dem Urlaub bin ich vollkommen pleite.« Das Wort »Urlaub« setzte er in Luft-Gänsefüßchen. »Das Ganze war ein totaler Reinfall. Und jetzt auch noch Ihr bohrender Blick. Alles irgendwie so voodoomäßig!«
Marge holte einen Notizblock aus ihrer Tasche. »Warum sagen Sie das?«
»Weil Adrianna mich und nicht Garth angerufen hat. Wenn ich gewusst hätte, dass sie sterben wird, hätte ich … na ja, ich weiß nicht, was ich dann getan hätte. Es ist echt unheimlich. Erst mit ihr zu reden … und dann … Sie wissen schon … das ist total gruselig.«
Marge nickte.
»Mann, was ist da passiert? Als ich mit ihr geredet habe, ging’s ihr gut … ich meine, sie war scheißwütend, aber … echt, das Ganze ist voll krass.«
»Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt, Aaron?«
»Ich?«
»Ja, genau. Wie verdienen Sie Ihr Geld?«
»Ich bin ein GU.«
»Ein Generalunternehmer? Sie bauen Häuser?«
»Meistens arbeite ich als Vorarbeiter beim Rohbau für größere Unternehmen.«
»Okay.« War es reiner Zufall, dass Adrianna auf einer Baustelle gefunden wurde? Es musste ja nicht heißen, dass Otis es selbst getan hatte, sofern er tatsächlich meilenweit weg gewesen war. »Wie haben Sie Garth kennengelernt?«
»Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Ich kenne ihn seit der siebten Klasse.«
»Was können Sie mir über ihn sagen?«
»Er ist ein guter Typ … bisschen eitel, aber, hey, warum nicht?«
»Sie beide stehen sich ziemlich nahe?«
»Wir sind eng befreundet. Eng genug, damit ich total geschockt wäre, wenn …« Er unterbrach sich selbst.
»Hat er Sie seit seinem Abgang kontaktiert?«, fragte Marge.
»Nein.« Kurze Pause. »Das macht mich nervös. Wo könnte er sein, wenn er nicht nach Hause gefahren ist?«
»Das fragen wir uns auch. Wir haben alle Listen der Fluglinien überprüft. Er hat auf dem Flughafen Burbank das Flugzeug verlassen, aber danach fehlt uns jede Spur von ihm. Er ist Ihr Freund. Wenn er sich verstecken wollte, wo würde er Ihrer Meinung nach hingehen?«
»Keine Ahnung.« Er ließ einen Bizeps spielen. Seine Tattoobänder zogen sich zusammen und dehnten sich wieder aus. »Seine Familie lebt hier. Haben Sie es bei denen schon probiert?«
»Als Allererstes. Seine Mutter dachte, er ist noch mit Ihnen zusammen.«
»Sieht echt schlecht für ihn aus … so plötzlich zu verschwinden.«
»Oder es ist ihm möglicherweise etwas zugestoßen. Ich
würde ihn gerne finden, um sicherzugehen, dass er unter den Lebenden weilt.«
Otis riss die Augen auf. »Sie glauben … er ist tot?«
»Keine Ahnung, Aaron. Wir wissen, dass Adrianna ermordet wurde. Der Gedanke, dass Garth dasselbe Schicksal ereilt hat, würde mich sehr grämen.«
»Wow.« Er kratzte sich an seinem mit Wirbeln verzierten Arm. »Das ist voll krass. Ich habe geglaubt … Sie wissen schon …«
»Nein, weiß ich nicht. Sagen Sie’s mir.«
»Dass Sie Garth quasi
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