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Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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nichts.
    »Gabe, dein Vater war gestern in der Stadt.«
    Der Junge schwieg.
    »Ich glaube«, setzte Decker an, »er hat dich kontaktiert. Ich vermute, dass Chris dir Sachen gegeben hat und dass diese Sachen in deiner Tasche waren. Und wahrscheinlich hast du
deshalb so reagiert. Ich frage dich jetzt noch einmal: Was war in der Tasche?«
    Wieder schwieg Gabe nur.
    »Also gut, darauf kommen wir später zurück«, sagte Decker. »Was hat Chris dir erzählt?«
    »Warum glauben Sie, dass Chris in der Stadt war?«
    »Weil wir beide nach deiner Mutter suchen und dieselbe Richtung eingeschlagen haben. Er ist mir ein paar Schritte voraus, weil er sich voll und ganz darauf konzentrieren kann.«
    »Sie haben ihn also gesehen?«
    Jetzt war Decker an der Reihe, die Frage zu umgehen. »Wir nehmen an, das Auto deiner Mutter gefunden zu haben.«
    Gabe blickte auf. »Ehrlich? Wo?«
    »Es wurde bei einem Metallteile-Händler verschrottet. Wir haben die Zulassung und die Fahrzeug-Identnummer. Jetzt versuchen wir, diesen Wagen mit dem Auto, das deine Mutter fährt, in Verbindung zu bringen. Weil der Wagen, den wir gefunden haben, nicht ihr gehört hat.«
    »Warum glauben Sie dann, ihr Auto gefunden zu haben?«
    »Wie viele neue Mercedes werden als Schrott verkauft?«
    Der Teenager beantwortete die Frage nicht. »Wem gehörte das Auto?«
    »Atik Jains. Kommt dir der Name bekannt vor?«
    »Nein.«
    »Er ist Inder. Aus Indien. Jainismus ist eine verbreitete Religion in Indien. Kennt deine Mutter irgendwelche Inder?«
    »Nein«, sagte Gabe. Aber sein Gesicht lief knallrot an.
    »Du merkst selbst, dass du rot wirst?« Decker wartete einen Augenblick, bevor er fortfuhr: »Gabe, wir beide haben dasselbe Ziel: deine Mutter zu finden. Wir müssen zusammenarbeiten.«
    »Keine Ahnung, ob sie irgendwelche Inder kennt. Das soziale Leben meiner Mutter hab ich nicht weiter verfolgt. Soweit ich weiß, hat sie nicht besonders viele Freunde.«

    »Und trotzdem wurdest du rot, als ich dich gefragt habe, ob sie Inder kennt. Warum?«
    »Wahrscheinlich ist es völlig irrelevant.«
    »Erzähl’s mir trotzdem.«
    Der Junge zierte sich. »Es ist schon eine Weile her. Ich hab im Krankenhaus auf Moms Dienstschluss gewartet. In der ganzen Abteilung wimmelte es von Typen mit Turban. Sah aus wie eine Terroristenaktion oder so was. Als ich Mom danach gefragt habe, meinte sie nur, da wär ein richtig reicher Maharadscha am Herz operiert worden, und die ganzen Männer wären seine Bodyguards.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Da muss ich nachdenken. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als ich meine ersten Klavierstunden am Juilliard hatte. Also ungefähr vor zwei Jahren.«
    Decker zog einen Notizblock aus der Tasche. »Gut. Was noch?«
    »Nichts«, sagte Gabe. »Ich glaub, ich hab irgendeine superschlaue Bemerkung darüber gemacht, dass Indien eine Milliarde Menschen hat und der Maharadscha nach New York kommen muss, um einen Herzchirurgen zu finden. Mom meinte nur, dass der Sohn des Maharadschas als Gastarzt in der Herzchirurgie arbeitet und der Sohn ihn dort haben wollte, um ihn im Auge behalten zu können.«
    Sekunden verstrichen.
    »Das war alles.«
    »Du warst also ungefähr zwölf?«
    »Um den Dreh. Ich erinner mich nur daran, weil man ja nicht jeden Tag zwanzig Kerle mit Turban sieht.«
    »Hat deine Mutter noch etwas über den Maharadscha oder seinen Sohn gesagt?«
    »Nein.« Er wandte sein Gesicht wieder ab und kühlte erneut seine Hand. »Aber sie kannte ihn … den Sohn des Maharadschas
… der übrigens schon ziemlich alt ist, so um die fünfzig.«
    Decker lächelte. »Erzähl weiter.«
    Gabe seufzte. »Meine Klavierstunden waren in der Stadt, also war ich oft in Manhattan. Normalerweise nahm ich den Bus von zu Hause aus und ging dann nach dem Unterricht zu Fuß rüber zum Krankenhaus, um später mit Mom nach Hause zu fahren. Einmal, so vor einem Jahr, war ich früher fertig – was noch nie passiert war. Mein Exlehrer war ein Sklaventreiber, aber es ging ihm nicht gut. Egal, jedenfalls kam ich am Krankenhaus an und sah Mom im Gespräch mit diesem Mann, der ein bisschen wie Zubin Mehta aussah – graumeliertes Haar, gut angezogen, würdevoll.«
    »Okay.« Decker schrieb alles auf. »Wirkten sie so, als würden sie sich näher kennen?«
    »Also sie haben sich nicht berührt, aber sie redeten … viel. Und sie lächelte – meine Mom. Dann wurde er angepiepst, und das war’s. Dann sah mich meine Mom, und wir fuhren nach Hause. Sie erzählte mir, er sei der

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