Women of Primrose Creek 02 - Zeit der Liebe, Zeit des Gluecks
die Zügel hielt. Neben ihm saß ein kleiner Junge und klammerte sich an das Sitzbrett. Sein braunes Haar glänzte in der Sonne. Selbst aus dieser Entfernung konnte Skye erkennen, dass das Kind mager und blass war, und Mitleid stieg in ihr auf.
Armer kleiner Kerl. Er schien schreckliche Angst zu haben.
Mit einem Stirnrunzeln stand Skye auf, schüttelte ihren hoffnungslos zerknitterten Rock aus und machte sich auf den Weg zum Haus ihrer Cousine, das auf einer Anhöhe, fast direkt gegenüber von Bridget und Traces Haus, auf der anderen Seite des Creeks stand. Das Haus der Shaws mit seinem neuen Dach und den Glasfenstern, ganz zu schweigen von hölzernen Böden und vier getrennten und großen Räumen - in einer Gegend, in der Blockhütten die Regel waren wurde weit und breit bewundert.
Als sie eintraf, stand die Haustür einen Spalt offen. Caney war zwar nicht zu sehen, doch Skye konnte sie drinnen mit ihrer melodischen Stimme ein Spiritual singen hören. Wenn Caney Malcolm Hicks nicht heiratete - was sie vorhatte -, konnte sie vielleicht ihren Lebensunterhalt mit Auftritten auf einer Bühne verdienen, wie es Megan tun wollte.
Skye klopfte an den Türrahmen und trat ein. Caney stand am Herd mit seinem glänzenden Chrombesatz und rührte in einem Topf etwas um, das gut roch. Sie lächelte grüßend.
»Ah, Miss Skye, du bist ein willkommener Anblick.«
Skye blickte unruhig zur Tür von Christys und Zacharys Zimmer. »Wie geht es ihr?«
Caney seufzte. »Sie grämt sich sehr, dieses Mädchen, und ist überzeugt, dass Mr. Zachary nicht zu ihr zurückkommen wird, niemals. Will dem Baby nicht mal einen Namen geben.«
»Wo ist Megan?«, fragte Skye. Zurzeit befürchtete sie fast, hören zu müssen, dass ihre Cousine sich davongemacht hatte, um Ruhm und Abenteuer zu suchen.
Caney breitete weit die Arme aus und ließ sie sinken. »Das weiß nur der Himmel. Dieses Mädchen kommt noch in schlechten Ruf, wenn es nicht aufhört, sich dauernd herumzutreiben. Ständig träumt sie und verhält sich wie jemand aus einem dieser Shakespeare-Stücke. Nennt sich Ophelia oder Lady Macbeth!«
Skye lächelte. Megan liebte es, Rollen zu spielen, auch wenn sie die einzige Zuschauerin war.
»Caney?«, ertönte eine Stimme aus dem Elternschlafzimmer. »Ist Zachary dort bei dir?«
Skye und Caney tauschten Blicke.
»Nein, Miss!«, rief Caney zurück. »Es ist deine Cousine Skye, die gekommen ist, um eine Weile bei dir zu sitzen und deinen süßen Jungen zu bewundern.«
»Oh«, erwiderte Christy, offenkundig enttäuscht. Dann fügte sie mit erzwungener Fröhlichkeit hinzu: »Komm rein. Vielleicht macht es Caney nichts aus, uns etwas Tee aufzubrühen, bevor sie in die Stadt fährt.«
Caney forderte Skye mit einer Geste auf, das Zimmer ihrer Cousine zu betreten, und griff dann nach dem Teekessel.
Christy saß im Bett, und ihr schwarzes Haar fiel zerzaust und strähnig auf die Kissen hinter ihrem Rücken und über ihre Schultern und Brüste. Sie hatte stets einen blassen Teint gehabt, doch jetzt war sie alarmierend bleich, und in ihren grauen Augen war ein Ausdruck, der in Skye den Wunsch weckte, loszureiten, Zachary Shaw zu suchen und ihm dann bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen, weil er zu einem solchen Zeitpunkt überhaupt fortgegangen war. Das neugeborene Baby, ein unmöglich winziges Bündel, lag in Christys Armbeuge, eingehüllt in eine leuchtend gelbe Decke, die von Bridget während des Winters gestrickt worden war.
»Lass mich das Baby sehen«, bat Skye und trat ans Bett.
Stolz schlug Christy die Decke zurück, um einen dunkelhaarigen Säugling zu zeigen, der zufrieden schlief. »Ist er nicht wunderschön?«, flüsterte sie.
Skye zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Ihr Nicken war aufrichtig. »Er ist wirklich ein prächtiger Junge«, stimmte sie zu. »Wie heißt er?« Sie wusste, dass das Baby noch keinen
Namen hatte, aber sie hoffte, die Erwähnung des Themas würde Christys Gedanken in eine positivere Richtung lenken.
Christys Miene verdüsterte sich, und sehr langsam deckte sie den Kopf des Babys wieder zu. »Darüber haben wir stets gestritten, Zachary und ich«, sagte sie und blickte wehmütig zum Fenster, als sehe sie dort einen Engel schweben, der darauf wartete, sie heim in den Himmel zu führen. »Wir hatten uns auf Elizabeth für eine Mädchen geeinigt. Wenn wir stattdessen einen Sohn bekommen würden, wollte ich ihn natürlich Zachary nennen, aber mein Mann bestand darauf, dass ein Junge einen eigenen
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