Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
gesagt als getan war. Während ich mich durchs Zimmer schlich, blieb Bauer ruhig; sie starrte zu unsichtbaren Eindringlingen hin und verfluchte sie. Aber sobald die Wachleute sie berührten, explodierte sie mit der unerwarteten Kraft des Deliriums. Mit vereinten Kräften brachten wir sie kaum auf das Bett hinunter.
Danach befestigte ich mit einem Wachmann die Gurte. Während meine Finger mit den Schnallen beschäftigt waren, schien Bauers Arm zu schimmern und sich zusammenzuziehen. Ich schüttelte scharf den Kopf und spürte einen Schmerz wie glühende Kohlen darin. Mein Sichtfeld begann zu verschwimmen.
»Elena?«, grunzte Carmichael, während sie sich damit abmühte, Bauers anderen Arm festzuschnallen.
»Alles okay.«
Ich war noch mit dem Knoten beschäftigt, als Bauers Arm zuckte; das Handgelenk wurde dünner, die Hand verdrehte und verzerrte sich zu einem Knoten. Ich hatte mir nichts eingebildet. Sie begann sich zu verwandeln.
»Elena!«
Bei Carmichaels Ausruf fuhr ich zurück. Bauers Hand riss sich los und schlug an der Stelle nach der leeren Luft, wo gerade eben noch meine Kehle gewesen war. Hautverbundene Finger und missgestaltete Klauen fuhren durch die Luft. Ich warf mich über sie, als sie sich wieder aufrichtete.
Ein wütendes Fauchen, und sie schleuderte mich fort. Mit beiden jetzt freien Händen packte sie einen Wachmann und warf ihn quer durch den Raum. Er brach an der Wand bewusstlos zusammen. Bauers Rücken zuckte und verzerrte sich; große Klumpen bewegten sich unter der Haut. Sie heulte und fiel auf die Seite.
»Sedieren Sie sie!«, brüllte ich.
»Aber Sie haben doch gesagt –«, begann Carmichael.
»Es ist zu früh! Sie ist noch nicht so weit! Sedieren Sie sie! Jetzt!«
Haar schoss aus Bauers Rücken und Schultern hervor. Knochen streckten sich und zogen sich wieder zusammen, und sie schrie auf – halb Heulen, halb Wimmern. Ihr ganzer Körper hob sich vom Bett, mit mir über sich. Ihr Gesicht war unkenntlich, eine Höllenmaske aus zuckenden Muskeln, die weder menschlich noch wölfisch war. Reißzähne schoben sich über die Lippen. Ihre Nase war auf halber Strecke zur Schnauze stecken geblieben. Haar wuchs in Büscheln. Dann waren da die Augen. Bauers Augen. Sie hatten sich nicht verändert, aber sie quollen und rollten; die Schmerzen waren fast greifbar. Sie fing meinen Blick auf, und eine Sekunde lang sah ich Erkennen. Ein Teil von ihr hatte das Delirium hinter sich gelassen und war bei Bewusstsein, gefangen in dieser Hölle.
Carmichael rammte Bauer die Spritze in den Arm. Bauer richtete sich ruckartig auf und verhielt so, ich immer noch quer über ihrem Schoß. Ihr Körper zuckte ein paar Mal; dann gab sie ein leises Schniefgeräusch von sich, und ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. Sie zwinkerte einmal. Dann glitt sie aufs Bett hinunter.
Ich spannte die Muskeln in Erwartung der nächsten Runde; dann kehrte die Wandlung sich um. Diesmal war die Metamorphose weder gewaltsam noch schmerzhaft. Bauer rutschte friedlich wieder in ihre menschliche Gestalt zurück wie bei einem Computermorphing. Als sie wieder vollkommen zum Menschen geworden war, drehte sie sich auf die Seite und schlief ein.
Armen stattete der Krankenstation einen weiteren Besuch ab. Am Tag zuvor war seine Routineuntersuchung fällig gewesen. Heute simulierte er einen Migräneanfall, und zwar so gekonnt, dass nicht einmal Carmichael seine Symptome anzweifelte – obwohl das so überraschend wahrscheinlich nicht war. Immerhin war er Psychiater und hatte damit selbst eine medizinische Ausbildung. Wir nahmen unsere Unterhaltung dort wieder auf, wo wir sie hatten abbrechen müssen. Er hatte einen Fluchtplan, bei dem ein weiterer vorgetäuschter Krankheitsfall eine Rolle spielen würde. Dies würde dafür sorgen, dass er zu mir in das obere Stockwerk hinaufverlegt wurde, und von hier aus war eine Flucht leichter als aus dem gesicherten Zellenblock. Auch diesmal wieder brachte er all das in einer so harmlosen Konversation unter, dass ich mein eigenes Hirn auf Hochtouren bringen musste, um den Doppelsinn seiner Bemerkungen nicht zu verpassen.
Je länger ich mit Armen sprach, desto mehr begann ich meine Pläne im Hinblick auf Bauer als einen Plan B für den Notfall zu betrachten. Armen war mir als Verbündeter sehr viel lieber. Zunächst einmal, er war bei Bewusstsein, was gegenüber der komatösen Bauer entschieden ein Vorteil war. Zweitens erinnerte er mich an Jeremy, was mein Vertrauen in ihn um das Zehnfache
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