Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
Stadt aufhielten. Lucas konterte mit einem milden Hinweis darauf, dass wir angesichts des Prozessverlaufs wahrscheinlich damit b e schäftigt sein würden, die Revision vorzubereiten.
Nach dem Essen rief Lucas das Hotel an, in dem wir zuvor übernachtet hatten. Unser Zimmer stand noch zur Verfügung. Als Benicio von unseren Plänen hörte, rief er die Marsh Clinic an und sorgte dafür, dass unser Gepäck ins Hotel gebracht wurde, damit ich gleich nach der Ve r handlung hinfahren und mich ausruhen konnte. Eine rücksichtsvolle Geste, und inzwischen nur noch eine von vielen. Ich musste mir eing e stehen, dass Lucas von seinem Vater vielleicht noch mehr geerbt haben könnte als eine natürliche Begabung zum Lügen.
Die Verhandlung verlief nicht gut. Weber hatte sich selbst einen Anwalt besorgt. Als ich davon erfahren hatte, war ich zunächst erleichtert gewesen. Im Verlauf des Pr o zesses allerdings wünschte ich mir zunehmend, er hätte sich von der Kabale einen Pflichtverteidiger zuweisen lassen. So sehr es mir gegen den Strich ging, es zuzugeben, ich sah nichts auffallend Ungerechtes an ihrem System. Wenn sie Weber mit einem Anwalt versorgt hätten, dann bin ich mir sicher, Weber wäre kompetent vertreten wo r den – was mehr war, als man von seinem jetzigen Anwalt sagen konnte.
Es gab zwei mögliche Arten, seine Sache zu vertreten. Erstens, man konnte die zweifelhafte Beweislage anfü h ren. Zweitens, man konnte sich auf Unzurechnungsf ä higkeit des Angeklagten zurückziehen. Webers Anwalt tat beides – und das lief darauf hinaus, dass er diese Te e nager umgebracht hatte, man es ihm aber nicht nachwe i sen konnte, und dass er ohnehin verrückt war, allerdings nicht verrückt genug, um brauchbare Spuren zu hinte r lassen.
Um sechs Uhr nachmittags hielten die Anwälte ihre Schlussplädoyers. Um zwanzig nach sechs zogen die Ric h ter sich zur Beratung zurück. Um halb sieben kamen sie mit dem Urteil zurück.
Schuldig.
Die Strafe – das Todesurteil.
Weber geriet verständlicherweise in Panik und musste g e waltsam aus dem Saal entfernt werden, während er hinter seinem Knebel hervor Beschwörungen schrie.
Als einer der Richter ein paar abschließende Worte sa g te, nahm ich den Block und zeichnete ein Fragezeichen, worau f hin Lucas schrieb »keine Veränderungen«. Wir hatten keine zusätzlichen Informationen erhalten, die Weber be- oder entlasteten, und keine unserer Bedenken waren auch nur angesprochen worden. Also würden wir uns seinem Antrag auf Berufung widmen.
Der Richter bedankte sich bei den Zeugen und den A n wä l ten, und das Gericht vertagte sich. Benicio beugte sich vor, flüsterte uns zu, er würde gleich zurück sein, und bat uns, so lange zu warten. Dann ging er mit Griffin nach vorn. Der zweite Leibwächter folgte; Troy blieb auf se i nem Posten bei uns in der Bank. Benicio, Griffin und der zweite Leibwächter gingen zu der Tür, durch die Weber hinausgeführt worden war. Bevor Griffin den Saal verließ, drehte er sich um, fing unseren Blick auf und formte ein lautloses Danke. Dann verschwanden sie.
»Du musst erschöpft sein«, sagte Lucas, während er meine Handtasche vom Boden aufhob und mir gab.
»Mir geht’s ganz okay«, sagte ich. »Müssen wir die B e rufung heute noch beantragen?«
Lucas schüttelte den Kopf. »Ich werde meinem Vater s a gen, was wir vorhaben, und er wird es an die Kabalen weite r geben. Heute Abend ruhen wir uns aus und denken an etwas anderes.«
Ich sah auf und bemerkte Benicio, der gerade in den G e richtssaal zurückkehrte, begleitet von seinem neuen Lei b wächter.
»Da ist er ja«, sagte ich. »Das ging schnell.«
»Gut«, sagte Lucas. »Vorhin hat er angeboten, uns zum Hotel zu fahren, und wenn es dir recht ist, würde ich das Angebot gern annehmen. Dann können wir ihm unte r wegs erzählen, was wir vorhaben, und brauchen uns damit hier nicht aufzuhalten.«
»Wenn das heißt, dass ich früher ein Bett zu sehen kri e ge, habe ich keinerlei Einwände.«
Lucas sah auf, als Benicio sich zu uns auf die Bank schob. »Paige und ich würden –« Er unterbrach sich. »Was ist los, Papá?«
Benicio schüttelte den Kopf. »Nichts. Was wolltest du s a gen?«
Lucas studierte das Gesicht seines Vaters. Zunächst fiel mir nichts auf. Dann bemerkte ich es – ein winziges Kop f neigen, das dafür sorgte, dass Benicio Lucas’ Blick nicht erwidern musste, während er sprach.
»Ich bin sicher, Paige kann es nicht erwarten, hier rau s zukommen«, sagte Benicio.
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