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Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
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Klatsch von den herumreisenden Industrie-Vertretern – war klar, dass ich zum Scheitern verurteilt war: »Das kann nie was werden, wie soll das was werden mit so einem kleinen Sortiment zu niedrigen Preisen?!«
    Die Drogisten hielten an ihren schlechten Prognosen fest. Für den bisherigen Riesenerfolg wählten sie stets eines von drei Erklärungsmustern:
    Erstens: Dummheit. Viele Drogisten taten sich damals noch sehr schwer mit der Mehrwertsteuer, die erst 1967 in Deutschland eingeführt worden war. Mit dem Wegfall der Preisbindung kam zusätzliche Verwirrung auf. Man kaufte netto ein, musste aber brutto verkaufen. Da geriet schnell Einiges durcheinander. Deswegen meinten manche: »Der Werner ist nur deswegen so billig, weil er vergessen hat, die Mehrwertsteuer zu kalkulieren.«
    Zweitens: Manipulation. Zu dieser Erklärung neigte offenbar meine damals weit über 80-jährige Großmutter, eine richtige Preußin, quasi meine Mutter im Quadrat, die sich bei einem Kaffeebesuch zu mir beugte und flüsterte: »Sag mal, Götz, du hast nun Erfolg. Wen ziehst du denn da über den Tisch?«
    Drittens: Protektion. Da man sich nicht vorstellen konnte, dass sich mein Geschäftsmodell rechnete, vermutete man, dass mich irgendjemand finanziell subventionierte. Im geflüsterten Klartext: »Da steckt der Aldi dahinter!«
    Nun, es war nichts dergleichen. Wir hatten eine Umsatzrendite von über 15 Prozent, heute freuen wir uns über ein Prozent. Ich habe nie mehr so viel Geld verdient wie in meinen ersten beiden Läden.
    Ein Freund kam, sah und staunte
    Weil ich – allen Unkenrufen zum Trotz – mit der zweiten Ladeneröffnung die Sicherheit hatte, dass mein Konzept funktionierte, suchte ich nun nach einem Partner, um richtig durchzustarten. Er fand sich in Günter Lehmann, Juniorchef des in Süddeutschland damals sehr bekannten Lebensmittelfilialisten »Pfannkuch«. Durch die Übergabe von 50 Prozent Geschäftsanteil erhoffte ich mir einen aktiven »Mitunternehmer«, aber nach anfänglicher Euphorie wurde über die Jahre aus ihm ein eher passiver Mitgesellschafter.
    Schon im November 1974 eröffnete der dritte dm, jetzt in Böblingen in einem geschlossenen Pfannkuch-Markt. Im Januar darauf startete dm im Ruhrgebiet, zuerst in Herne, dann kam Essen, und dann eröffnete etwa alle vier Wochen der nächste Laden, in Serie sozusagen. Mitte des Jahres 1975 gab es schon über 20 Läden.
    Und ich begriff: Erfolg heißt Erfolg, weil er Folgen hat.
    Denn allmählich fing die Sache an, mir über den Kopf zu wachsen, buchstäblich. Bislang war alles recht einfach gewesen. Wenn man weiß, was man verkaufen will, und weiß, wie das geht, dann braucht man nur ein paar Leute, denen man sagt, was sie zu machen haben – und fertig. Meine allererste Mitarbeiterin kam damals mit jungen Jahren vom Arbeitsamt. Sie machte bei dm richtig Karriere und blieb bis zu ihrer Pensionierung.
    Doch inzwischen hatte dm eine Größenordnung erreicht, wo es eine umfassende Struktur brauchte. Ich wandte mich an meinen alten Ruderfreund Günter »Pepi« Bauer, der mittlerweile bei Hofer, der österreichischen Filialkette, die Aldi 1968 übernommen hatte, Karriere gemacht hatte. Wir hatten nur unregelmäßig und selten Kontakt, aber ich wusste, dass er inzwischen für über fünfzig Filialen verantwortlich war und die Aldi-Denke tief verinnerlicht hatte. Im August 1975 rief ich ihn kurzerhand an: »Komm doch mal nach Karlsruhe; dann zeige ich dir, was ich da gemacht habe.«
    Er kam, sah und staunte: Als erstes fuhren wir zu der Filiale in Karlsruhe. Es war Samstagvormittag, die Einkaufswagen waren voll, und alle Kassen brummten. Dann ging es nach Böblingen. Dort dasselbe Bild. In Pepis Augen sah ich schon, dass es ihn gepackt hatte. Die Sache war auch für ihn mehr als evident. Auf der Fahrt berichtete ich dem alten Freund über die Umsätze der vergangenen Wochen, und er verglich die dm-Zahlen mit denen von Aldi. »Wahnsinn!«, konnte er das Gehörte kam fassen: »Da muss sich der Hofer aber verdammt anstrengen, um auf solche Ergebnisse zu kommen!«
    Ein paar Wochen drauf besuchten Günther Lehmann und ich ihn drei Tage in Österreich. Wir fuhren durch die großen Landeshauptstädte, Pepi zeigte uns die eine oder andere Hofer-Filiale, und wir entwickelten Ideen, was wir gemeinsam auf die Beine stellen könnten, wenn wir uns zusammentäten.
    Pepi meinte, er könne sich in vier oder sechs Wochen in alles einarbeiten, und dann könnten wir bald die erste Filiale in

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