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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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verfehlten -
wie hypnotisiert auf den eigentümlichen Berg. Der heiße Wind, der ihm ins
Gesicht schlug, schien dazu beizutragen, ihn irgendwie aus Zeit und Raum
herauszuheben. Der Berg flirrte in der Hitze, schien sich zu bewegen, zu atmen,
so als würde eine fremde Macht die Hand nach ihm ausstrecken, um ihn zu sich zu
ziehen. Wie schön wäre es, wenn er jetzt seine Kamera-Ausrüstung zur Hand hätte.
Dann könnte er das Phänomen auf Platte bannen.
    »Sehr
heiliger Ort«, hatte Jallara gesagt, als der Clan vor Tagen hier angekommen
war. »Erstlinge leben dort in Traumzeit.«
    »Dort
haben Menschen gelebt?«, hatte er nachgehakt. Er meinte, im Wind ein unterschwelliges
Vibrieren gehört zu haben, ähnlich wie der Ton einer Stimmgabel für das
unterste Register einer Orgel. Eigentlich hatte er es nicht gehört, sondern
vielmehr gespürt.
    »Nicht
Menschen, Thulan. Schöpfer.«
    Schöpfer,
ging es Neal jetzt durch den Kopf, als die Jäger ihre Speere schleuderten und
siegessicher johlten. Was löste diese eigentümlichen Vibrationen aus? Die
Energie von unterirdischem Dampf etwa? Oder seismische Aktivität? Wenn er doch
nur seine geologischen Instrumente zur Verfügung hätte, seine wissenschaftliche
Ausrüstung! Nur allzu gern hätte er den roten Felsen erforscht - war er denn
nicht nach Australien gekommen, um Geheimnisse zu erforschen? -, aber Jallara
hatte ihm zu verstehen gegeben, dass der Berg unantastbar sei. »Sehr heilig,
sehr tabu«, hatte sie gewarnt und hinzugefügt, dass nicht einmal der Stammesführer
des Clans, Thumimburee, sich dort aufhalten dürfe.
    Jallaras
Warnungen stachelten Neals Neugier nur noch mehr an. Aber so gern er auch aus
der Gruppe ausgeschert wäre und auf eigene Faust Erkundungen unternommen hätte,
respektierte er doch die Gesetze des Clans und fügte sich.
    Es gab da
noch etwas, dem er auf den Grund gehen wollte, etwas, das nichts mit Geologie
zu tun hatte - und eigentlich auch nichts mit der sichtbaren Welt um sich
herum.
    Seit sie
vor fünf Monaten vom Billabong aufgebrochen waren, hatte der Clan einen Toten
zu verzeichnen, zwei Geburten, den Initiationsritus eines Mädchens und den von
zwei jungen Burschen. An der Totenfeier und an den Feiern anlässlich der
Geburten hatte Neal teilnehmen dürfen, von dem Ritual, in dem das Mädchen im
Mittelpunkt stand, war er ausgeschlossen worden, was ihm durchaus einleuchtete.
Als er dann aber auch beim Initiationsritus der beiden jungen Burschen
weggeschickt wurde, verstand er das erst, als Jallara ihm klargemacht hatte,
dass die Teilnahme ausschließlich Männern vorbehalten sei, die sich bereits der
Initiation unterzogen hätten und in die Gemeinschaft aufgenommen worden wären.
Neal war enttäuscht gewesen, als er bei den Frauen und Mädchen und kleinen
Jungen im Lager zurückbleiben musste, während die Männer mit den beiden jungen
Burschen zu einem geheimen Ritual in die Wildnis gezogen waren.
    Die ganze
Nacht hindurch hatte Neal mit Jallara am Lagerfeuer gesessen, und je länger er
den Klängen von Thumimburees Didgeridoo lauschte, die ihm der Wind aus der
Ferne zutrug, umso größer wurde sein Wunsch, dies mitzuerleben. Und erst recht
spitzte sich seine Neugier zu, als tags darauf die beiden jungen Burschen, die
sich kaum noch auf den Beinen halten konnten, zurückgebracht wurden. Laut
Jallara handelte es sich um ein blutiges und schmerzhaftes Ritual. Sie hatte
nicht übertrieben.
    Nachdem
sich die dreizehnjährigen Anwärter erholt hatten, waren sie, nur bewaffnet mit
ihren Speeren, aufgebrochen zu einer Wanderung, die offenbar etwas mit
Selbstfindung zu tun hatte, derweil der Clan seinen niemals endenden Weg
fortsetzte. Als sich die jungen Burschen ein paar Tage später wieder zu ihnen
gesellten, wurde ein fröhliches Corroboree veranstaltet, um den Eintritt der
beiden ins Mannesalter zu feiern.
    »Die
Rückkehr von der Wanderung ist demnach ein Beweis, dass sie jetzt Männer
sind?«, hatte Neal gefragt.
    »Sie gehen
Geister sehen, Thulan. Erhalten geheime Botschaft.«
    Geister,
hatte Neal überlegt. Geheime Botschaft. Wie auf der Suche nach einer Vision.
Was hatten die beiden gesehen? Welche Botschaften hatten sie, auf sich selbst
gestellt und nur mit einem Speer bewaffnet, da draußen in der Wildnis
empfangen? Da es tabu war, über das zu sprechen, was man auf einer solchen Wanderung
erlebte, konnte Neal nur Vermutungen anstellen. Und das machte ihn umso
neugieriger.
    Eines
Morgens wachte er auf und sagte sich: Diese Wanderung

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