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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Gegen Insekten
schützte er sich, indem er sich mit einem Gemisch aus pulverisiertem Gestein
und Pflanzensaft einrieb. Und zur Pflege der Zähne benutzte er nach dem
Beispiel von Jallaras Volk dünne Zweige und Eukalyptusblätter.
    Gewiss
doch - er bot einen gewöhnungsbedürftigen Anblick, dieser halbnackte Weiße mit
seinem Lendenschurz aus Fell, wenn er an seiner aufgebockten Kamera stand und
dem jungen Fintan Anweisungen gab. Neal war sich bewusst, dass er damit Sir
Reginald erboste. Die Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Allein schon der
Blick auf Sir Reginalds Karte hatte Neal empört. Die Männer hatten, was ihnen
als sogenannten Entdeckern durchaus zustand, geographischen Punkten ihren Namen
gegeben: Masons Bucht,
Allens Hügel, Williams Berg. Das Gebiet, in dem Neal mit Jallaras Clan
herumgezogen war, war hingegen ein weißer Fleck auf der Landkarte, versehen mit
dem Aufdruck »Unbekannt«. Für Neal gab es durchaus Namen dafür:
Ameisen-Traumpfad, Dingo-Traumzeitpfad, Kein-Namen-Berg. Wie wohl die richtigen
Bezeichnungen für die geographischen Orte lauteten, die diese weißen Männer
nach sich benannt hatten, überlegte er.
    Endlich
hatten sie Galagandra erreicht, wo es unbegrenzt Süßwasser geben sollte.
Bislang waren sie auf keins gestoßen. Die Region bestand aus Salzseen und mit
Wüsteneichen und Mulgas bedeckten Sandebenen, ein Flachland so weit das Auge
reichte, mit nur gelegentlich einer kleinen Erhebung. Das Lager der Expedition
war entlang einem ausgetrockneten Flussbett aufgeschlagen worden, an dem
verkrüppelte Bäume ums Überleben kämpften. Weiter flussaufwärts grenzten
mehrere übermannshohe Felsbrocken an die Ausläufer eines von Gestrüpp
überwucherten knapp tausend Fuß hohen roten Berges.
    Der
Fährtensucher John Allen war mit zwei Männern frühmorgens zur Quelle des
Flusses aufgebrochen, der, wie allgemein angenommen, an den wenigen Tage, an
denen es hier regnete, über die Ufer trat und quarzhaltigen Schlamm vom Berg
hinunter in die Ebene schwemmte. Von dem Quarz wusste Neal, weil Sir Reginald
ihn aus irgendwelchen Gründen um eine Untersuchung des Erdreichs gebeten hatte.
    Sir
Reginald erhob sich vom Lagerfeuer, nicht ohne den Geologen seiner Expedition
mit einem finsteren Blick zu bedenken. Was genau ihn an Scott störte, konnte er
nicht sagen. Nicht zuletzt waren es dessen Tätowierungen, die ihn
verunsicherten. Sechs Reihen roter Punkte, die vom Nabel aufwärts auf beiden
Seiten des Brustbeins bis zu den Schultern reichten. Ein Narbenbild, das so
ungeheuerlich wie verstörend war. Der ältere Mann konnte nur ahnen, welche
Schmerzen damit einhergegangen waren. Was war während der Rituale der Wilden
noch passiert? Neal weigerte sich, darüber zu sprechen, behauptete, das sei
tabu. Als ob die Gesetze der Eingeborenen in der Welt des weißen Mannes Gewicht
hätten! Und was zum Teufel war in diesem Lederbeutel, den er um den Hals trug?
    Oliphant
beobachtete, wie der Amerikaner nach Art der Aborigines einen Waran über das
Feuer hielt - ungehäutet. Seit er unversehens wieder aufgetaucht war, in einem
Lendenschurz aus der Haut eines Kängurus und mit einem Speer bewaffnet, hatte
Neal kein Wort über den Sandsturm und über seine weiteren Erlebnisse verloren.
Seltsam still war er seither, wie ausgewechselt sein einst so fröhliches und
mitteilsames Naturell. Hatten ihm in den sechs Monaten die Wilden etwas
Grässliches angetan? Oder war der Grund für die Veränderung eher privater
Natur?
    Ahnt er womöglich, wie es in Wahrheit um mich bestellt ist?
    »Ziehen
Sie sich endlich was Vernünftiges an, Mann«, schnarrte Oliphant und entfernte
sich.
    Neal
schenkte seinem Kommentar keine Beachtung. Auch die Wiedereingliederung in den
Kreis seiner weißen Kollegen war keine reine Freude. Ständig löcherte man ihn
mit Fragen um die sexuellen Praktiken der Aborigines und ob er denn »schwarzen
Samt« gekostet habe. Professor Williams wollte Neal für sein Buch über Tiere in
der Wildnis ausfragen. Was er berichten könne? Wie feierten die Aborigines die
Geburt eines Kindes, wie trauerten sie, wenn jemand starb? Na, nicht anders als
Weiße. Und Aborigines waren doch kein Thema für ein Buch über Tiere! Neal dachte an die Abende am Lagerfeuer, da er den
verhallenden Klangschwingungen von Thumimburees Didgeridoo und der melodischen
Stimme Jallaras gelauscht hatte, wenn sie Neal erklärte, wie Lieder von den
Geistermächten der Traumzeit herabstiegen und wie durch das Spielen solcher
Lieder

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