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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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und
Verletzungen kam, erschrak man doch, wenn ein solcher Fall von
Ansteckungsgefahr eintrat. Ganze Schiffe, so hieß es, seien schon von
bösartigen Krankheiten heimgesucht worden und hätten sich nur mit einem
Bruchteil ihrer Besatzung und ihrer Passagiere in den Hafen geschleppt.
    »Dr.
Applewhite«, sagte Reverend Merriwether, »besteht die Gefahr, dass auch wir die Ruhr bekommen?«
    Der
Schiffsarzt, ein gedrungener Mann mit roten Hängebacken, saß mit am Tisch der
Passagiere und war der Einzige, der es sich schmecken ließ. Er schüttelte den
Kopf. »Keine Sorge, Sir. Hier oben haben wir frische Luft.« Obwohl der Salon
unterhalb des Achterdecks lag, verfügte er über Luken, durch die eine angenehme
Meeresbrise wehte. Applewhite, der, wie sein dicker Bauch und sein Doppelkinn
verrieten, über einen gesegneten Appetit verfügte, spießte eine Kartoffel auf
und schob sie sich im Ganzen in den Mund.
    Hannah,
deren Essen längst kalt geworden war, beugte sich besorgt zu ihm. »Mr. Simms
zufolge ist neuerdings ein Kind davon betroffen.« Sie kannte weder den Namen
des Jungen noch wusste sie, zu wem der vielen Auswanderer im Zwischendeck er
gehörte. Aber der Anblick dieses etwa sechs Jahre alten Braunschopfs hatte sie
jeden Morgen, wenn sie beobachtete, wie sich die Familien vor dem Frühstück zum
Appell vor Mister James aufstellten, aufs Neue erfreut. Er war ihr gleich zu
Beginn der Reise aufgefallen, als er in einem zerlumpten Pullover und kurzen
Hosen zur Inspektion durch den Ersten Offizier strammgestanden hatte. Jemand
hatte ihm ein Seemannsschiffchen aus Papier gefertigt, ein Hütchen, das er
erhobenen Hauptes trug und in dem er für die Dauer des gesamten Appells
vorschriftsmäßig - die Handkante an die Stirn gelegt - salutierte.
    Hannahs Herz war dem netten kleinen Jungen zugeflogen. Er schien ihr die
Hoffnung und den Optimismus der Menschen zu verkörpern, die sich ans andere
Ende der Welt aufmachten, und schon deshalb hatte sie ihn jeden Morgen
abgepasst und sich an seinem Auftritt erfreut.
    Aber seit
Tagen schien er wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
    Jetzt
erschien der vierte Passagier im Salon, füllte, hoch gewachsen und
breitschultrig, wie er war, die gesamte Türöffnung aus: Neal Scott, der
Amerikaner.
    Mrs. Merriwether sah ihn erwartungsvoll an. »Ist da draußen alles in
Ordnung, Mr. Scott? Ich finde es geradezu beängstigend ruhig.«
    »Der
Kapitän bespricht sich mit einigen Passagieren«, erwiderte Scott und nahm
Platz. Trotz des beiläufigen Tons fiel Hannah sein besorgter Gesichtsausdruck
auf.
    Sie fand
Mr. Scott durchaus attraktiv. Er war Mitte Zwanzig, hatte dunkelbraunes Haar;
lange Koteletten rahmten sein kantiges Gesicht ein. Muskulös gebaut, wie er
war, hielt Hannah ihn für die Arbeit im Freien geeigneter als für die geistigen
Studien eines Wissenschaftlers. Sein Aufzug war lässig: Tweedhosen und eine
ebensolche Jacke, verbrämt mit Lederapplikationen an Schultern und Ellbogen,
bunte Weste und locker gebundene Krawatte. Der Filzhut saß ihm wie immer etwas
schief auf dem Kopf, was ihn wie einen Zuschauer beim Derby aussehen ließ.
    In Bayfield hatte Hannah bereits einige junge Männer kennengelernt, weitere dann
unter ihren Studienkollegen im Londoner Krankenhaus. Aber keiner hatte sie so
nachhaltig beeindruckt wie dieser Mr. Scott. Lag das etwa an diesem Hauch von
Exotik, der von ihm ausging? Weil sie noch nie einen amerikanischen Akzent
gehört hatte und deshalb seine Aussprache sie faszinierte? Oder rührte das eher
von der eigenartigen Atmosphäre einer Schiffsreise her, die einem monatelang
die hautnahe Gesellschaft eines Fremden aufzwang?
    Die
zahlenden Passagiere belegten vier kleine Kabinen unter dem Achterdeck, und
obwohl Hannah wusste, dass Mr. Scott die neben der ihren bewohnte, war sie
erschrocken, als sie eines Nachts aus einem Albtraum erwachte - einem sich in
Abständen wiederholenden Traum: Hannah, mit ihrem Vater in der kalten Bibliothek
eingeschlossen - und von nebenan jemand mit gedämpfter Stimme fragte: »Alles in
Ordnung mit Ihnen, Miss Conroy?« Sie habe schlecht geträumt, hatte sie
zurückgegeben, mehr nicht, weil sie ja fast auf Tuchfühlung nebeneinander
schliefen, mit lediglich einer dünnen Bretterwand zwischen ihren Kojen. Danach
hatte Hannah Mühe gehabt, wieder einzuschlafen. Zu wissen, dass unmittelbar
neben ihr, auf der anderen Seite der Trennwand, der gutaussehende Amerikaner
schlief!
    Er sah
nicht nur gut aus, dieser Mr. Scott, er verfügte

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