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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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junge
Mädchen litt unter Schluckbeschwerden. Hannah wusste Bescheid. Die gleichen
Symptome waren bei einer ihrer Studienkolleginnen in London festzustellen
gewesen, deren Bett direkt neben ihrem im Schlafsaal stand. Die Unglückliche
hatte sich eines Nachts mit Belladonnatinktur betäubt, um die heftigen Krämpfe
im Verlauf ihrer Menstruation zu lindern. Wie Miss Magenta hatte sie zu viel Belladonna eingenommen, und obwohl man einen Arzt
gerufen hatte, war jedwede Hilfe zu spät gekommen.
    »Wir
müssen sie wach bekommen«, sagte Hannah. »Und sie dazu bringen, sich zu
übergeben.«
    »Wir haben
bereits versucht, sie zu wecken, Miss. Riechsalz hilft aber nicht.«
    Hannah
besaß noch immer Dr. Applewhites Wundermittel.
Sie holte das Fläschchen aus ihrer Teppichtasche, entkorkte es und bewegte es
unter der Nase des Mädchens hin und her.
    Magenta schnappte nach Luft, riss die Augen auf. »Helfen Sie mir, sie in
Seitenlage zu betten«, wies Hannah die anderen an. Kaum lag Magenta auf der Seite, zwang Hannah den Mund des Mädchens auseinander und
steckte ihr die Finger in den Rachen. Das Mädchen fing an zu würgen. »Bringen
Sie mir eine Schüssel, schnell!«, gab Hannah Anweisung, und gerade noch
rechtzeitig wurde das Geforderte herbeigeschafft. Alles, was Magenta in den letzten Stunden zu sich genommen hatte, kam wieder hoch. Mit
angehaltenem Atem verfolgten die Mädchen, wie ihre Freundin sich erbrach, bis
ihr Magen völlig leer war. »Jetzt müssen Sie sie zum Aufstehen bewegen und mit
ihr hin und her gehen«, sagte Hannah. »Und füllen Sie bitte dieses Glas mit
Wasser. Wir müssen ihr Blut verdünnen.«
    Nach einer
halben Stunde des Hin- und Herlaufens im Schlafzimmer, in der man die
benommene Magenta, auf der
einen Seite untergehakt von Hannah, auf der anderen von einem der Mädchen,
zwang, in Bewegung zu bleiben und nur zwischendurch kurz innehielt, um ihr
Wasser einzuflößen, waren Puls, Pupillen und Körpertemperatur endlich wieder
normal. Hannah setzte das Mädchen in einen Sessel, schärfte den anderen ein,
sie wachzuhalten und ständig mit ihr zu sprechen, griff dann nach ihrer Tasche
und bat, zum Hausherrn gebracht zu werden.
    Wie
gerufen stand Alice bereits draußen im Flur. Sie hatte die Weisung erhalten,
Miss Conroy nach Beendigung ihres Besuchs bei Magenta nach unten zu bringen. Hannah wurde durch einen Bogengang in einen
großen, opulent ausgestatteten Salon geführt, in dem sich gut gekleidete und
wohlhabend wirkende Männer in Gehrock oder Frack mit atemberaubend anzusehenden
Damen vergnügten. Die meisten von ihnen waren jung und bildhübsch und in
Abendkleider gewandet, wenn auch mit unanständig tiefen Dekolletes und Röcken,
die so kurz waren, dass man einen Blick auf die Strümpfe erhaschen konnte. So
sehr sich Hannah auch bemühte, nicht zu starren, blieb ihr Blick an einer
besonders kleinen Gestalt hängen, einer Zwergin von zierlichem Körperbau, die
als Trommlerjunge verkleidet war und auf dem Schoß eines der Herren saß; und in
einer Ecke, unter eingetopften Palmen, bemerkte sie einen Herrn, der
champagnerschlürfend die Gesellschaft eines polynesischen Zwillingspärchens
genoss, das nichts weiter als Baströckchen und Blumengirlanden über dem nackten
Busen trug.
    Die Männer
rauchten Zigarren, Pfeifen und Zigaretten, die Luft war durchdrungen von
beißendem Cannabisgeruch, der Hannah vertraut war, hatte doch ihr Vater häufig
Hanftabak gegen Nervosität verschrieben. Auf einem langen Tisch waren Platten
mit Delikatessen aufgebaut, und ein barfüßiges Mädchen in einem japanischen
Kimono lief mit einem Tablett Champagnergläser zwischen den Gästen hin und her.
    Die größte
Überraschung aber kam, als Alice Hannah in einen kleineren Salon führte, sich
dann rasch zurückzog und die Tür hinter sich schloss.
    »Schön
guten Tag auch«, sagte die Gastgeberin. »Ich bin Lulu Forchette.«
    Die
Besitzerin des Hauses war die imposanteste Erscheinung, die Hannah je zu
Gesicht bekommen hatte. In schillernde blaue Seide gekleidet, Handgelenke,
Finger und den feisten Nacken mit funkelndem Geschmeide geschmückt und
Reiherfedern im flammend roten Haar, lehnte Miss Lulu Forchette in einem Samtsessel,
in der einen Hand ein Glas Champagner, in der anderen eine lange
Zigarettenspitze.
    »Wie mir
Alice berichtet hat, ist Magenta mit Ihrer
Hilfe wieder über dem Berg. Sie haben ihr das Leben gerettet. Setzen Sie sich
doch, meine Liebe, ich möchte alles über Sie und dieses Wunder wissen, das Sie
da

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