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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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näher
an sie heranpirschte.
    Hannah
überlegte, ob ein Hilferuf das Tier verscheuchen oder ob es sie dann angreifen
würde, als plötzlich ganz in ihrer Nähe jemand raunte: »Nicht bewegen. Bleiben
Sie ganz still stehen.«
    Gleich
darauf trat ein Mann aus der Dunkelheit und baute sich, den Rücken ihr
zugekehrt, vor ihr auf. »Ist ja gut, Freundchen«, sprach er beruhigend auf den
Hund ein. »Wir tun dir doch nichts. Wir wollen nur hier vorbei.«
    Die
Nachtgeräusche schienen an Stärke zuzunehmen, als der Unbekannte den Hund
fixierte und weiterhin zu beruhigen suchte. Wer war dieser Fremde? Er war von
der Straße her gekommen und keineswegs gekleidet wie die Gentlemen in Lulus Haus, sondern eher wie ein Arbeiter. Auf dem Kopf trug er
einen Schlapphut mit breiter Krempe, und er roch nach Tabak.
    »Tut mir
leid, dass wir in dein Territorium eingedrungen sind«, redete er auf den Hund
ein, »aber so ist's nun mal. Wir bleiben trotzdem Freunde, ja?«
    Die
unheimliche Begegnung schien sich endlos hinzuziehen und unwirklich zu werden.
Von Blumenduft eingehüllt, konnte Hannah vom Haus her Musik und Lachen
vernehmen, derweil ein Fremder zwischen ihr und einem wilden Hund stand.
    Und dann
hörte das Knurren auf, das Hecheln verstummte, und gleich darauf machte der
Hund kehrt und vertrollte sich in die Nacht.
    Der
Unbekannte wandte sich Hannah zu. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Sie legte
die Hand auf die Brust und stieß einen Seufzer aus. »Mein Herz klopft wie
verrückt! Aber danke für das, was Sie getan haben.«
    Er warf
einen Blick zurück in die Dunkelheit. »Sie begreifen eben nicht, dass dies
nicht mehr ihr Territorium ist. Jetzt, da ihr Jagdrevier weg ist, durchwühlen
sie die Abfälle, auf der Suche nach Fressen.«
    »Was für
ein Hund war das?«
    »Die Aborigines bezeichnen ihn als Dingo. Man kann sie nicht zähmen, und häufig können
sie einem auch gefährlich werden. Himmel nochmal, wo bleiben meine Manieren? Jamie
O'Brien, zu Ihren Diensten«, sagte der Fremde und lüpfte grinsend
den Hut.
    Zum
Vorschein kam blondes Haar, und unter der breiten Hutkrempe waren jetzt
zwinkernde Augen auszumachen. Mr. O'Briens Haut war
wettergegerbt wie die eines Seemanns - sein Zwinkern erinnerte Hannah an
Kapitän Llewellyn, und sie
fragte sich, ob sein Haar von Natur aus blond war oder von der Sonne
ausgebleicht. Er überragte sie um Haupteslänge, war aber weder stämmig noch
breitschultrig, sondern eher hager. Und da er keine Jacke trug und stattdessen
über seinem weißen Hemd eine schwarze Lederweste mit silbernen Knöpfen, wirkte
er geradezu drahtig. Die Ärmel seines Hemdes waren hochgekrempelt und gaben
muskulöse Unterarme frei. An seinem Gürtel hing ein ledernes Futteral, aus dem
der Griff eines Messers ragte. Ein Mann, der gewohnt war, seinen Mann zu
stehen.
    Trotz
seines schlanken Körperbaus spürte Hannah die Kraft, die ihm innewohnte. Ein
Städter war er vermutlich nicht, eher einer dieser raubeinigen Gesellen, die
gelegentlich von den Farmen und selbst aus dem Outback hier auftauchten. Ein
Viehtreiber vielleicht, mit dicken Schwielen an den Händen.
    Sie
merkte, dass er sie irgendwie merkwürdig ansah. Er hatte ihr seinen Namen genannt
und schien auf eine Reaktion zu warten. Sollte sie wissen, wer er war? War er
irgendwie bekannt?
    Dann fiel
ihr ein, dass er, nachdem er sich vorgestellt hatte, seinerseits ihren Namen
erfahren wollte. »Hannah Conroy«, sagte sie zu dem Fremden, der so dicht vor
ihr stand, dass sie von dem Baum, an dem sie noch immer lehnte, nicht wegrücken
konnte. Seine Augen, die das lichte Blau eines Mannes zeigten, der sich ständig
im Freien aufhält, ließen ihre nicht los, und sie sah das amüsierte Zwinkern in
den Augenwinkeln. Dabei hatte sie durchaus nicht das Gefühl, dass er sich über
sie lustig machte. Als sie den Duft von frischer Seife und Rasiercreme
schnupperte und er ja immerhin auf dem Weg zu Lulus Haus war, ahnte sie,
weshalb er sich hier aufhielt.
    »Was hat
eine anständige junge Dame wie Sie an einem Ort wie diesem zu suchen?«, fragte
er und sah an ihr vorbei zum Haus.
    Sie
erklärte, dass sie Hebamme sei und man sie zu einem der Mädchen gerufen habe.
    Er warf
einen Blick auf die Teppichtasche in ihrer Hand. »Eine Hebamme also?«, sagte er
leise, und um seine Augenwinkel zuckte es belustigt. »Für jemanden in Lulus Haus?«
    »Eine der
Damen war ohnmächtig.«
    »Ach so.«
Er schwieg, und Hannah sah, wie sich seine blauen Augen ähnlich wie die
Gezeiten des Ozeans

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