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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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in Augenhöhe zuging, wusste sie genau, was sie im Inneren
erwartete: eine schmucke Diele mit gebohnertem Fußboden, ein Flur, der sich
bis zum hinteren Teil des Hauses erstreckte, in dem Küche und Waschküche
untergebracht waren, zu beiden Seiten Türen, die in Zimmer führten, die
ansprechend möbliert waren mit Sofas und Stühlen, mit Spitzendeckchen auf den
Tischen und geknüpften Teppichen in lebhaften Farben. Bestimmt duftete es nach
Zitronenpolitur, Messing und Glas funkelten um die Wette mit einer der gerade
in Mode gekommenen Lampen, um deren Glasschirm kleine Kristalle baumelten, die
so hinreißend zart klimperten.
    Sie
klopfte.
    Ein
abgehetzt wirkendes Dienstmädchen öffnete ihr, hörte kaum zu, was Hannah sagte,
bat sie herein und war schon wieder verschwunden. Hannah sah sich um. Das
Innere von Seven Oaks entsprach
genau ihrer Vorstellung. Rechter Hand wies ein offener Durchgang zu einem
geschmackvoll eingerichteten Salon. Linker Hand befand sich ein Speisezimmer
mit einem polierten Tisch und sechs Stühlen, in einem Schrank mit gläserner
Front stapelte sich Porzellan. Die Schlafzimmer gingen offenbar nach hinten
hinaus.
    Vom
anderen Ende der Eingangshalle steuerte jetzt zielbewusst eine Frau auf sie zu.
Sie streifte einen Arbeitshandschuh ab, streckte Hannah die Hand entgegen und
stellte sich als Mary McKeeghan vor, die Herrin des Hofes.
    Hannah
überreichte ihr ihre Visitenkarte und erklärte ihren Besuch damit, dass sie
alle in diesem Bezirk aufsuche, um sich ihnen in ihrer Eigenschaft als Hebamme
anzuempfehlen.
    »Hier wird
keine Hebamme benötigt!« Mary McKeeghan lachte schroff auf, lächelte aber
dabei, so dass Hannah sich auf der Stelle zu ihr hingezogen fühlte.
    Mary
McKeeghan war eine gutaussehende Frau mit kräftigen Schultern und
sonnengebräuntem Gesicht. Über einem Rock, der aus weichem Rehleder zu sein
schien, trug sie ein angestaubtes weißes Mieder und auf ihrem zerzausten
rotbraunen Haar einen Schlapphut. Hannah schätzte sie auf Mitte dreißig. Der
Ehering verriet, dass sie verheiratet war.
    Sie
erschrak, als sie sah, dass beide Oberarme mit einem schwarzen Stoffband
umwickelt waren.
    Mrs. McKeeghan hatte Hannahs Blick
bemerkt. »In diesem Haus wird getrauert«, erklärte sie. »Weil ich aber jede
Menge Mäuler zu füttern habe« - sie wies nach hinten, wo Hannah die Küche und
eine Schar hungriger Männer vermutete - »bin ich noch nicht in die Stadt
gekommen, um mir ein schwarzes Kleid zu kaufen. Und Krepp für die Eingangstür
auch nicht. Ist augenblicklich die Zeit, in der bei uns Hochbetrieb herrscht.«
    Dies hatte
Hannah bereits auf jeder der von ihr besuchten Rinder- und Schaffarmen zu hören
bekommen. Wenn es nicht um trächtiges Vieh ging, das vor der Niederkunft stand,
dann ging es um den Anbau von Getreide. Aber so viel man auch schuftete, Babys
wurden weiterhin geboren und Hebammen benötigt.
    »Mein
Beileid zu Ihrem Verlust«, sagte sie.
    »Meine
Schwester.« Marys grüne Augen füllten sich mit Tränen. »Sie ist vom Pferd
gestürzt und hat sich den Hals gebrochen. War schlimm genug, aber hinzu kommt,
dass sie ein Neugeborenes hinterlassen hat.« Mary McKeeghan warf einen Blick
über die Schulter und trat von einem Fuß auf den anderen, so als wäre sie schon
wieder auf dem Sprung. Eine Frau, der nur wenig Zeit zur Verfügung stand.
    »Ein
Neugeborenes!«
    »Na ja,
fünf Monate alt, ein Junge, und auch er bereitet uns Kummer.«
    »Was fehlt
ihm denn?«
    Marys grüne
Augen schienen sich ein genaues Bild von Hannah machen zu wollen, angefangen
bei dem dunkelorangeroten Kleid mit dem kurzen schwarzen Cape über die
schwarzen Handschuhe bis zu der unter dem Kinn gebundenen kleinen schwarzen
Haube. Hannah hoffte nur, in ihrem Auftreten so reif und professionell zu
wirken, dass man ihr jugendliches Alter übersah. »Kennen Sie sich denn mit
Babys aus, ich meine außer sie auf die Welt zu befördern?«
    »Ich habe
durchaus Erfahrung, aber gewiss doch.«
    »Hier
lang«, sagte Mary McKeeghan und ging ihr mit so ausholenden Schritten voran,
dass Hannah Mühe hatte, ihr zu folgen.
    Die
Schlafzimmer befanden sich tatsächlich im rückwärtigen Teil, und das, das
Hannah jetzt betrat, war geräumig und sonnendurchflutet, mit einem baldachingeschmückten
Bett, über das ein aus lauter verschiedenen Stoffteilen gefertigter Quilt
gebreitet war. Auf dem geschrubbten Boden lag ein geknüpfter Teppich in
leuchtenden Farben, hübsche dunkle Holzkommoden zierten die Wände. Unweit

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