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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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empfand
sie umso mehr Genugtuung darüber, derart auf ihr Äußeres bedacht zu sein, denn
der Gentleman, der mit einem charmanten Lächeln auf sie zukam, sah nicht nur
blendend aus, sondern schien eindeutig wohlhabend zu sein. Er trug einen dieser
in Mode gekommenen mit einem schwarzen Band verzierten Panamahüte aus hellen
Pflanzenfasern, hinter denen alle her waren, weil sie sich in den heißen
Sommermonaten leicht und angenehm tragen ließen. Auch die gesamte Kleidung des
Fremden war weiß, und seine Jacke war aus Leinen gefertigt, bezeichnend für
einen Mann, der sich einen eigenen Diener leisten konnte.
    Liza schätzte ihn auf sechs- oder siebenundzwanzig und ertappte sich bei
dem Wunsch, gern vierzehn Jahre jünger zu sein. »Was kann ich für Sie tun,
Sir?«, fragte sie liebenswürdig, während die matronenhafte Edna Basset, die gekommen war, um ihre Post abzuholen, und dann auf ein
Schwätzchen mit Liza geblieben
war, neugierig die Szene verfolgte.
    Der Fremde
nahm den Hut ab, so dass sein kurz geschorenes brünettes Haar sichtbar wurde,
und schaute sich in der ansprechenden Halle mit den vielen Pflanzen und den
gerahmten Aquarellen an den Wänden um. Auf dem Empfangstresen, neben einer mit
Tausendschönchen gefüllten Vase, lehnte ein Schild mit der Aufschrift:
»Schlafen Sie schnell, wir benötigen die Betten.«
    »Mein Name
ist Neal Scott«, sagte der Fremde und lächelte. »Ich möchte zu Miss Hannah
Conroy.«
    Zwei
Augenpaare wurden vor Staunen kugelrund. »Mr. Scott!«, rief Liza freudig aus. »Der amerikanische Wissenschaftler? Wir haben schon von
Ihnen gehört, ist's nicht so, Edna? Allerdings
hat Miss Conroy davon gesprochen, dass Sie frühestens in einem Jahr hier sein
würden.«
    »Ich weiß.
Meine Pläne haben sich geändert, und leider blieb mir keine Zeit, Miss Conroy
dies rechtzeitig mitzuteilen. Ist sie da?«
    »Sie ist
ins Barossa Valley gefahren.«

Sein
Lächeln wich Betroffenheit. »Wissen Sie, ob sie meinen letzten Brief erhalten
hat? Ich war vor drei Wochen schon mal hier, und man hat mir gesagt, ich hätte
sie knapp verpasst. Sie sei unterwegs, weil eine Grippewelle herrsche und sie
gebraucht werde ...«
    »Im
Barossa Valley«, wiederholte Liza bedauernd.
Das hauptsächlich von deutschen Siedlern bewohnte Weinanbaugebiet war gut und
gern dreißig Meilen weit entfernt, eine hügelige Landschaft, weshalb schwer
abzuschätzen war, wann Hannah zurück sein würde. Liza wandte sich zu den Fächern an der Wand um, in denen man
Zimmerschlüssel, Nachrichten, Rechnungen und Post hinterlegte. »Hier«, sagte
sie und händigte ihm einen verschlossenen Umschlag aus. »Ist der von Ihnen?«
    Neal
erschrak, als er den Umschlag erkannte, den er vor drei Wochen abgeschickt
hatte. Hannah wusste gar nicht, dass er in Adelaide war! »Ja. Leider.«
    »Sie
sollte eigentlich längst zurück sein«, meinte Liza und schob den Umschlag wieder in Hannahs Postfach. »Möchten Sie nicht auf sie warten? Wir haben einen hübschen
Salon und können Ihnen eine reiche Auswahl an Tees und Kuchen anbieten.«
    Neal warf
einen Blick durch eine offen stehende Tür und sah einen geschmackvoll
eingerichteten Raum, der eher einem Wohnzimmer denn einem Lokal glich. Mehrere
Gäste hatten dort auf Sofas Platz genommen und führten leise Gespräche, und im
Ofen brannte ein einladendes Feuer. Direkt verführerisch ... »Tut mir leid,
aber ich kann nicht bleiben. Ich muss Adelaide
noch heute Nachmittag verlassen.«
    »Heute
Nachmittag!«, entfuhr es Liza und Edna gleichzeitig. Beide hätten sie gern noch ein Weilchen mit dem
hinreißenden Amerikaner verbracht, wären auch gern Zeuge einer rührenden
Wiedersehensszene geworden. Das Leben auf dem Lande konnte ja so eintönig sein!
»Es heißt, dass die Epidemie im Abklingen ist«, sagte Liza. »Was bedeutet, dass Hannah auf dem Heimweg ist und jeden Moment hier
sein kann. Für eine Tasse Tee wird's doch noch reichen, hm, Mr. Scott?«
    »Bedaure,
aber ich muss mich einer
Expedition anschließen. Und wenn ich mich verspäte, wird Sir Reginald nicht auf
mich warten.«
    Für Liza Guinness war dieser Fremde das Exotischste, was je ihre Türschwelle
überschritten hatte - und der einzige Amerikaner, der ihr je untergekommen
war. »Sie meinen doch nicht etwa Sir Reginald Oliphant?«
    »Doch,
genau den.«
    »Ich habe
seine Bücher! Und alle gelesen!« Verklärt lächelnd wandte sie sich ihrer
Freundin zu. »Ist das zu fassen, Edna. Ein Forscher in meinem Hotel.« Und Edna, die sich ebenfalls

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