Word-OleSte-DerTou
fast schon vergessenen Zeit nach, als es beim Reisen um die Ankunft an einem neuen Ort ging und nicht um das Befolgen plumper Antiterrorvorschriften.
»Zuerst das blinde Gemetzel und jetzt die Abrechnung.« Mit verkniffenem Gesicht stand Grainger vor der Glasscheibe.
Selbst gemessen an CIA-Standards, war Tom Grainger alt - einundsiebzig, die meisten seiner weißen Haare verschwunden im Duschabfluss, sein Badregal voll mit Medikamenten. In der Öffentlichkeit trat er nie ohne Krawatte auf.
»Der Großinquisitor hat uns über seine Untergebenen eine Nachricht zukommen lassen - über Terence Fitzhugh, um genau zu sein. Ich muss mich auf Exekutionen gefasst machen, heißt es. Ascot hat uns einen Zermürbungskrieg angekündigt, und er zwingt mich, meine eigenen Leute abzuservieren. Ein langsames Harakiri.«
Milo kannte Grainger seit 1990, als man ihn in London in die klandestine Welt der Company einlud. Er wusste, dass der Alte in Bezug auf Langley immer zu melodramatischen Äußerungen neigte. Die Geheimabteilung in Manhattan war sein Privatreich, und es schmerzte ihn, daran erinnert zu werden, dass die Fäden in Wirklichkeit woanders gezogen wurden. Vielleicht war er deshalb am Flughafen aufgekreuzt, statt auf das Gespräch am nächsten Morgen im Büro zu warten. Hier konnte niemand sein Genörgel hören. »Du hast schon Schlimmeres überstanden, Tom. Wir alle haben schon Schlimmeres überstanden.«
»Wohl kaum.« Grainger nahm den Beschwichtigungsversuch nicht zur Kenntnis. »Ein Viertel. So viel verlieren wir. Er hat mich vorgewarnt. Nächstes Jahr werden unsere Mittel um ein Viertel gekürzt, dann können wir unsere Betriebskosten praktisch nicht mehr decken. Ich darf entscheiden, welche Reiseberater einen blauen Brief kriegen und welche in andere Abteilungen versetzt werden.«
»Und die Touristen?«
»Tja! Zu viele, darauf läuft es raus. Zwölf Plätze für ganz Europa, die Leute schuften rund um die Uhr, und trotzdem soll ich drei von ihnen loswerden. Scheißkerl. Für wen hält der sich eigentlich?«
»Für deinen Chef.«
»Und wo war mein Chef, als die Flugzeuge kamen?« Der Alte drosch die Knöchel gegen das Glas. In der Nähe drehte sich ein Junge stirnrunzelnd zu dem lärmenden Spiegel um. »Du warst wohl auch nicht dort, oder? Das alte Büro hast du nie besucht ... nein.« Er hing seinen Erinnerungen nach. »Damals warst du noch Tourist. Wir haben am Schreibtisch gehockt und Starbucks-Kaffee getrunken, ohne zu ahnen, dass gleich die ganze Welt in die Luft fliegt.«
Milo kannte das alles schon. Graingers endloses Geleier über den 11. September, an dem das frühere geheime CIA - Büro in 7 World Trade Center eingestürzt war. Es passierte nicht sofort, denn die neunzehn jungen Männer, die an diesem Morgen vier Flugzeuge entführten, hatten keine Ahnung, dass sie eine ganze Company-Abteilung hätten ausradieren können, wenn sie in eins der kleineren Hochhäuser gerast wären. Sie wollten durch die Zerstörung der zwei riesigen Türme berühmt werden, und deswegen konnten Grainger und seine Mitarbeiter gerade noch rechtzeitig die Flucht ergreifen, bevor die zwei Hauptziele zusammensackten und dabei auch Nummer sieben niederrissen.
»Das war wie Beirut mal fünfzig«, erklärte Grainger. »Der Dresdener Feuersturm im Zeitraffer. Die erste Welle der plündernden Barbaren vor Rom.«
»Das ist doch alles Quatsch. Wolltest du deswegen unbedingt mit mir reden?«
Grainger wandte sich von der Glasscheibe ab. »Du hast einen Sonnenbrand.«
Milo lehnte sich an den unordentlichen Schreibtisch des Sicherheitsleiters von LaGuardia und senkte den Blick auf seine Arme. Der linke, den er aus dem Autofenster hatte hängen lassen, hatte wirklich eine andere Tönung. »Willst du nicht einfach auf meinen Bericht warten?«
Grainger ignorierte seine Frage. »Bei mir glühen die Drähte. Wer ist diese Simmons-Zicke?«
»Die ist schon in Ordnung. Nur ziemlich wütend. Wäre ich auch an ihrer Stelle.«
Während draußen Gepäck über das Förderband ratterte, fasste Milo seine Unterhaltung mit dem Tiger zusammen. »Er wollte, dass ich die Leute aufspüre, die ihn mit Aids angesteckt haben. Terroristen, meint er. Verbindungen in den Sudan.«
»Sudan, super. Aber er hatte nur diese paar Namen für dich. Herbert Williams. Oder Jan Klausner. Das ist ziemlich dürftig.«
»Und die Klinik Hirslanden. Dort hat er sich unter dem Namen al-Abari untersuchen lassen.«
»Das werden wir nachprüfen.«
Milo sog an seiner
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