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Working Mum

Working Mum

Titel: Working Mum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Pearson
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machen musste, um aus dem Fahrstuhl zu kommen. Bei Sitzungen wurden Witze darüber gerissen, dass der Boden auf der Etage wegen meines Gewichts verstärkt werden müsse, und ich hab am lautesten gelacht. Jedes Mal, wenn ich an ihm vorbeiging, pfiff Chris Bunce den Elefantenmarsch aus dem Dschungelbuch: «Hup two three, four, Keep it up two three, four!» Scheißkerl.
    Ich hatte mich zu einem Geburtsvorbereitungskurs angemeldet, hab es aber nie geschafft, rechtzeitig um 19.30 da zu sein. Schließlich ging ich zu einem Geburtswochenende in Stoke-Newington, das von Beth geleitet wurde: Haferkekse, Walmusik, ein Bauch aus Kleiderbügeln und ein Baby aus einem Strumpf über einem Tennisball. Beth forderte uns dazu auf, Gespräche mit unserer Vagina zu führen. Ich sagte ihr, dass wir nicht miteinander sprechen – und sie dachte, das sei ein Witz. Sie hatte ein Lachen wie ein Elch.
    Richard hasste den Kurs aus tiefstem Herzen. Er konnte es nicht fassen, dass er seine Schuhe ausziehen musste, aber das mit der Stoppuhr gefiel ihm. Man hätte schwören können, er sei beim Grand Prix von Monaco.
    «Wie ich dich kenne, Kate», sagte er, «wirst du die schnellsten Wehen in der Geschichte der Menschheit haben.»
    Beth sagte, wenn wir nur regelmäßig die hechelnden Atemzüge übten, die sie uns beigebracht hatte, dann hätten wir die Möglichkeit, damit den Schmerz zu beherrschen. Und ich übte sie hingebungsvoll, an der Kasse, im Bad, vor dem Schlafengehen. Ich hab nichts gewusst.
    Auf der Rolltreppe der U-Bahn-Station hatte ich einen Fruchtblasensprung, ich bespritzte den Burberry eines japanischen Analysten, der sich überschwänglich entschuldigte. Per Handy sagte ich meinen Lunchtermin mit einem Kunden ab und nahm mir ein Taxi ins Krankenhaus. Dort boten sie mir eine Epiduralanästhesie an, aber ich habe sie nicht genommen. Ich war das Miststück, das die Gehirnentwicklung ihres Kindes gefährdet hatte – schmerzstillende Mittel abzulehnen war meine Art zu zeigen, wie Leid es mir tat. Ich wollte dem Baby beweisen, dass seine Mutter bereit wäre, um seinetwillen etwas durchzustehen. Es war ein Meer von Schmerzen, und ich bin wieder und wieder hineingetaucht. Das Wasser war hart, es schlug einen nieder wie eine Welle auf einem Bootsdeck, und wenn man gerade wieder auf die Beine gekommen war, schlug sie nur nochmal zu.
    Nach fünfundzwanzig Stunden Wehen legte Rich die Stoppuhr hin und sagte der Hebamme, dass wir einen Arzt sehen wollten. Sofort. Im Operationssaal hörte ich den Chirurgen während meines Not-Kaiserschnitts sagen: «Nur keine Sorge, das fühlt sich so an, als ob ich in ihrem Bauch ein wenig aufräume.» Tat es nicht. Es fühlte sich an, als sei das Baby eine Eiche, die mit den Wurzeln aus lehmigem Boden gezogen werden sollte. Ziehen und drehen und nochmal ziehen. Schließlich kletterte einer der jungen Ärzte auf den Operationstisch, setzte sich rittlings auf mich und zog sie an den Füßen heraus. Er hielt sie hoch wie einen aus dem Meer gezogenen Fisch, eine blutgesprenkelte Meerjungfrau. Ein Mädchen.
    Während der nächsten Tage trafen viele Blumensträuße ein, aber der größte stammte von Edwin Morgan Forster. Es war so ein üppiges Arrangement, wie man es vor Heldengedenksteinen ablegt, mannshohe Disteln und Riesenlilien, die die Luft mit ihrem Pfeffer schwängerten und das Baby zum Niesen brachten. Gott, wie ich diese Blumen hasste, wie sie uns die Luft wegnahmen, ihr und mir. Ich gab sie der Hebamme, die sie schulterte und auf dem Motorroller mit nach Hause nahm.
    Nach sechsunddreißig Stunden fragte die Nachthebamme, eine Irin, weichere und musikalischere Stimme als die von der Tagesschicht, ob sie jetzt das Baby nehmen solle, damit ich mich ausruhen könne. Als ich das ablehnte, sagte sie: «Wenn man eine gute Mutter sein will, Katharine, dann braucht man dazu vor allen Dingen genug Kraft.» Und sie schob meine Tochter in ihrem kleinen Plexiglas-Aquarium davon.
    Kopfüber stürzte ich in einen Minenschacht der Erschöpfung. Stunden später – es fühlte sich an wie Minuten – hörte ich sie weinen. Bis zu diesem Augenblick hatte ich nicht gewusst, dass ich das Weinen meines Kindes kannte, aber als ich es hörte, wusste ich, dass ich es immer erkennen würde, ich würde es von jedem anderen Weinen auf der Welt unterscheiden können. Von irgendwoher, einen braunen Korridor entlang, rief sie mich zu sich. Ich hängte mir den Katheter über den einen Arm, legte die andere Hand schützend über die

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