Working Mum
Brustwarzen hinüberspähen wie behelmte mittelalterliche Krieger über die Burgwehr. Dazu eine Strumpfhalter/Slip-Apparatur, die offensichtlich mit Hochseefischernetz abgesetzt ist.
2) Mitgliedschaft im National Trust.
Beides fällt in die Kategorie: bitte umtauschen. Emily schenkt mir einen phantastischen Reisewecker. Anstelle eines Alarmsignals spielt er eine Nachricht ab, die sie selber gesprochen hat: «Aufwachen, Mummy, wach auf, Schlafmütze.»
Wir schenken Emily einen Hamster (weiblich, wird aber Jesus getauft), ein Barbie-Fahrrad, ein Puppenhaus, einen ferngesteuerten Roboterhund und eine Menge anderer Sachen aus Plastik, die sie nicht braucht. Emily ist hingerissen von der Friedenstruppen-Barbie, die ich mir im Duty Free von Stockholm gegriffen habe, bis sie Paulas Geschenk aufmacht: Pipi-Baby, das ich ausdrücklich verboten hatte.
Wir riskieren hysterische Anfälle, indem wir versuchen, die Kinder die meisten ihrer Geschenke oben auspacken zu lassen, damit meine Schwiegereltern sich weniger über die schamlose großstädtische Prasserei («ihr werft mit eurem Geld um euch») und das frevelhafte Verwöhnen der jüngeren Generation entsetzen. («Zu meiner Zeit konnte man von Glück sagen, wenn man eine Puppe mit einem Porzellankopf bekam und eine Apfelsine.»)
Es ist schwieriger, über manches andere Stillschweigen zu bewahren. Zum Beispiel ist es schwierig, Großeltern vorzumachen, dass ein Kind nur gelegentlich Videos guckt, wenn das Kind beim Frühstück wortgetreu jeden einzelnen Song aus «Arielle» wiedergibt und strahlend hinzufügt, dass die DVD-Version noch ein Lied mehr beinhaltet. Bei Tisch mache ich noch eine weitere Konfliktquelle aus, als ich Emily ermahne, nicht mit dem Salz zu spielen.
«Emily, Großvater hat dich gebeten, das hinzustellen.»
«Nein, hab ich nicht», sagt Donald milde. «Ich hab ihr gesagt , sie soll es hinstellen. Das unterscheidet meine Generation von deiner, Kate: Wir sagen was, ihr bittet darum.»
Ein paar Minuten später, als ich am Herd stehe und Rührei mache, wird mir plötzlich bewusst, dass Barbara mir über die Schulter schaut. Sie verhehlt kaum, dass sie den Inhalt der Pfanne unglaublich findet. «Meine Güte, essen die Kinder etwa gern trockene Eier?»
«Ja, so mache ich sie immer.»
«Oh.»
Barbara ist besessen von der Nahrungsaufnahme meiner Familie, ob es nun darum geht, dass die Kinder zu wenig Gemüse zu sich nehmen oder um meinen eigenen befremdlichen Unwillen, mich dreimal am Tag durch ein dreigängiges Menü zu schaufeln. «Du musst bei Kräften bleiben, Katharine.» Und kein Familientreffen bei den Shattocks wäre vollkommen, ohne dass meine Schwiegermutter mich in die Alpenveilchenecke neben der Pantry drängte und mir zuzischte: «Richard sieht mager aus, Katharine. Findest du nicht, dass Richard mager aussieht?»
Wenn Barbara mager sagt, klingt das Wort sofort fett: schwergewichtig, erdrückend, anklagend. Ich schließe meine Augen und versuche Reserven von Geduld und Verständnis zu mobilisieren, die ich nicht besitze. Die Frau vor mir hat meinen Mann mit Genen ausgestattet, die ihm lebenslang die Figur einer Kugelschreibermine garantieren, und sechsunddreißig Jahre später macht sie mir das zum Vorwurf. Ist das fair? Ich erhebe mich über solche Angriffe auf meine Tüchtigkeit als Ehefrau.
«Aber Richard ist dünn», protestiere ich. «Richard war schon mager, als wir uns kennen lernten. Das habe ich unter anderem an ihm geliebt.»
«Er ist immer schlank gewesen», lenkt Barbara ein, «aber jetzt ist gar nichts mehr von ihm übrig. Gleich als er aus dem Auto gestiegen ist, hat Cheryl gesagt: ‹Sieht Richard nicht völlig abgezehrt aus, Barbara?›»
Cheryl ist meine Schwägerin. Ehe sie Peter geheiratet hat, Richards Buchhalter-Bruder, hatte Cheryl irgendeinen Job bei der Bausparkasse. Seit sie drei Söhne bekommen hat, den ersten 1989, ist Cheryl ein Mitglied der Muffia, dem mächtigen Geheimbund organisierter, zu Hause bleibender Mütter. Sowohl Cheryl als auch Barbara behandeln Männer wie Zuchtvieh, das sorgfältiger Pflege bedarf. Kein Weihnachten bei den Shattocks wäre vollkommen, wenn Cheryl nicht fragte, ob ich meinen Cashmere-Rollkragenpullover von Joseph in den British Homestores gekauft habe oder ob es wirklich in Ordnung ist, dass Richard die Kinder oben GANZ ALLEIN badet.
Peter hilft viel weniger mit als Richard, aber über die Jahre habe ich beobachtet, wie Cheryl seine Nutzlosigkeit in praktischen Dingen fördert
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