Working Mum
werden möchten, aber wenn du es versuchst, wird ihnen plötzlich klar, wie viel lieber es ihnen ist, dass man ihnen Respekt zollt. Sie denken darüber nach, ob sie uns furchtbar viel Geld anvertrauen sollen, deshalb gilt Sir und Ma’am von vorne bis hinten. Und denk dran, wir wandeln auf Freiersfüßen.»
Momo ist überrascht. «Ist das ein Flirt?»
«Ja, aber wir flirten nicht. Es ist so was wie höfische Liebe.»
Momo hat keine Ahnung, was das ist. Hat nie Chaucer gelesen. Mein Gott, was bringen sie denen denn noch bei heutzutage?
«Also, wir bekunden unsere unsterbliche Hingabe. Wir würden unseren Geliebten zu Gefallen alles tun, für eine ihrer Akten würden wir eine Million Meilen laufen und so weiter. Und der Schlüssel ist, ihnen immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass wir zwar hundert weiße Jungs hinter uns haben, die das Bankwesen gewissermaßen erfunden haben, aber dennoch der Chancengleichheit für alle Rassen und Geschlechter so tief verpflichtet sind wie niemand sonst. Ethische Fonds wollen ordentliche Gewinne, sie wollen Vielfalt und Chancengleichheit, aber Dritte Welt wollen sie nicht. Daher geben wir ihnen bestes Großbritannien mit Regenbogenglanz, und hier kommen wir ins Spiel.»
«Ist das nicht irgendwie unethisch, Kate?»
Wochenlang war sie meinem radioaktiven Zynismus ausgesetzt, und sie stellt immer noch solche Fragen? Was soll ich mit diesem Kind nur machen? «Wenn wir die Wahrheit sagen würden, Momo, würden wir verlieren, dann hätten wir die Belohnung, uns extrem ethisch verhalten zu haben. Aber wenn wir uns durchbluffen und gewinnen, zwei Frauen, von denen eine nicht weiß ist, dann haben wir ein 300-Millionen-Dollar-Konto für Edwin Morgan Forster an Land gezogen. Und das bedeutet, dass sich Chancengleichheit für die wirklich bezahlt macht, und das wiederum kann bedeuten, dass wir eines Tages nicht mehr nur als Schaufensterpuppen benutzt werden, sondern die Chance kriegen, den Laden zu übernehmen. Und das wird sich ganz und gar ethisch vollziehen und den Effekt haben, dass wir uns einen Haufen exquisiter Schuhe kaufen können. Nächste Frage.»
«Also ist Lügen in einem Final nicht falsch?»
«Nur wenn man es schlecht macht.»
Momo lacht so, dass es ihre zarte Gestalt aufs Bett wirft. Ein Schuh fällt runter und poltert auf den Boden. (Muss daran denken, was gegen ihre Schuhe zu unternehmen: Sie hat dunkelblaue, flache, die nichts für ihre Füße tun, obwohl die zart und ausdrucksvoll sind wie die einer Ballerina.) Wie sie da so liegt auf der orangen Tagesdecke, schaut sie zu mir hoch und seufzt: «Ich versteh dich nicht, Kate. Manchmal glaube ich, du denkst, es sei alles der füchterlichste Bockmist, und dann sieht es wieder so aus, als ob du wirklich gewinnen wolltest.»
«Oh, das will ich auch wirklich. Sieh mich an. Als ich klein war, habe ich immer ein Monopoly-Hotel in meinem Strumpf versteckt. Wenn ich auf die Parkallee gekommen bin, habe ich es heimlich rausgeholt. Einmal zu Weihnachten hat mein Dad mich erwischt und mir eins mit dem Nussknacker übergezogen.»
Ich kann sehen, dass Momo Mühe hat, für diese dickensianische Episode einen Platz zu finden in der netten, höflichen, geordneten Kindheit, die das Geburtsrecht aller Mädchen der wohlhabenderen Schichten ist. Sie hat noch nicht gemerkt, dass ich mit falschen Papieren reise. Wie sollte sie auch. Mittlerweile fällt es mir selbst schon schwer, mich bei einer Gegenüberstellung in der City als Hochstaplerin zu identifizieren.
Als sie antwortet, sieht sie aus, als ob die Sonne sie blendet.
«Das ist furchtbar», sagt sie. «Dein Vater. Das tut mir wirklich Leid.»
«Lass nur. Habe Mitleid mit den Verlierern. So, und nun lass uns den Teil nochmal durchgehen, wo du mir die Klientenliste reichst.»
Das Telefon klingelt, und im ersten Moment erkennt keine von uns das fremde, klagende Blöken. Es ist Rod mit ein paar Vorschlägen in letzter Minute. Als ich eingehängt habe, drehe ich mich zu Momo um.
«Gut, rate mal, was er gesagt hat.»
Sie runzelt die Stirn und tut so, als denke sie nach, bevor sie antwortet: «Und nun raus da und reißt euch den Arsch auf?»
Plötzlich mache ich mir ihretwegen viel weniger Sorgen. «Okay, du hast den Job. Rod ist gar nicht so übel, weißt du, wenn man erst mal weiß, wie man mit ihm umgehen muss. Solange man ihm weismachen kann, dass alles, was man tun möchte, seine Idee ist, ist er glücklich und zufrieden.»
Momo runzelt die Stirn. «Kate, wenn du über die
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