Working Mum
ein netter Mensch ist.»
«Omeingott. Hier liegt doch wohl keine glückliche Kindheit vor?»
«Fürchte ja.»
Candy schüttelt ihren Kopf voll Verwunderung und Mitleid. «Armes Ding. Sie wird es nie schaffen.»
11.25: Bin fest entschlossen, mein elektronisches Notizbuch in Gang zu kriegen. Das Pocket Memory wird mein Leben revolutionieren. Das Pocket Memory wird den Stress verbannen. Das Pocket Memory wird meine Zeit für mich arbeiten lassen!
Nachdem ich das Faltblatt vom Starter Pack zehn Minuten lang gelesen habe, stelle ich fest, dass das Pocket Memory nicht mit meinem Computer kompatibel ist. Ich rufe die Hotline an. Der Schulabbrecher am anderen Ende spult sein auswendig gelerntes Skript mit der Leichtigkeit eines Mannes ab, der simultan aus dem Urdu übersetzt.
«Haben Sie einen Serial Port auf der Rückseite, Madam?»
«Meiner Rückseite oder der vom Computer? Wie zum Teufel soll ich das wissen?»
«Was Sie brauchen, Madam, ist ein Connect Kit.»
«Nein, was ich brauche, ist ein Organizer, der organisiert.»
«Sie können ihr Connect Kit jetzt bestellen. Wenn Sie das möchten …»
«Entschuldigen Sie, ist das Teil des Versprechens, mein Leben zu erleichtern? Könnte ich nicht einfach in einen Laden gehen und mir eins holen?»
«Es sind nicht so viele davon im Handel erhältlich, Madam. Sie werden bestellt. Die Lieferzeit liegt zwischen fünf und zehn Tagen.»
«Ich habe keine fünf bis zehn Tage. Ich fahre in vierundzwanzig Stunden in die Staaten.»
«Ich fürchte, wir können nicht …»
«Kann nicht ist was für Memmen.»
«Wie bitte, Madam?»
«Das ist ein altes australisches Sprichwort, und es bedeutet: Sagen Sie ihrem Chef, dass ich mehrere Millionen Aktien seiner Firma halte und wir uns derzeit überlegen, sie eventuell abzustoßen, da sie nach unseren Marktrecherchen nicht besonders gut dastehen. Haben Sie mich verstanden?»
Ein hörbares Schlucken. «Ich muss mit dem Abteilungsleiter reden.»
Dienstag, 8.11: Nun ist es so weit. Richard und ich haben letzte Nacht tatsächlich im Bett gelegen und darüber diskutiert, ob wir zu müde für Sex sind. Konnte mich nicht mehr genau daran erinnern, zu welchem Schluss wir gekommen sind, bis ich heute Morgen aufstand und bemerkte, das meine Schenkel ein wenig klebten.
Keine gute Idee vor einer wichtigen Präsentation. Sportler sagen doch immer, dass sie vor einem großen Wettkampf auf Sex verzichten. Weibliche Athletinnen äußern sich darüber nie, aber für sie muss wohl dasselbe gelten, wenn nicht in höherem Maß. Es gibt wahrscheinlich kaum was, das einen so fertig macht wie der weibliche Orgasmus. Stunden nachdem die Erde gebebt hat, versucht eine tiefe Müdigkeit noch immer, einen mit ihren Tentakeln in die Tiefe zu ziehen: Wenn man kommt, und ich meine, wenn man richtig kommt , möchte man liegen bleiben bis Weihnachten. Ich nehme an, so sorgt die Natur dafür, dass die Spermien die besten Chancen haben, die Eizelle zu kapern. (Wenn man mal drüber nachdenkt, ist fast alles in der weiblichen Biologie darauf ausgerichtet, ein Baby bekommen zu wollen oder es, wenn wir es haben, beschützen zu wollen.) Bis ungefähr letztes Jahr litt ich unter leichtem PMS, es war nicht nichts, aber doch nicht zu vergleichen mit der Hölle, die manche Frauen durchmachen. Dann, mit fünfunddreißig, war es plötzlich Krieg. Und jetzt gehen die Hormone jeden Monat auf die Barrikaden, fuchteln mit Plakaten und brüllen: «Rettet unsere Eizellen!» Mein Körper weiß anscheinend, dass die Zeit knapp wird, und betrauert das Abstoßen eines jeden Eis wie den Verlust eines Edelsteins.
Aber wie kann ich denn noch ein Baby bekommen, wenn ich die bereits vorhandenen nicht mal zu sehen kriege? In den letzten Tagen bin ich kaum zu Hause gewesen. Ich schaue hoch zur Wanduhr im Büro, und wenn es nach acht ist, weiß ich, dass ich die Bettzeit der Kinder verpasst habe, und dann, ja, dann denke ich mir, kann ich ebenso gut weitermachen. Momo bestellt eine Pizza oder wir holen uns was Gesundes in der Styroporbox aus der Kantine. Ist immer ungenießbar. Und wir schließen mit unserem üblichen Mitternachtsmahl: eine Tüte Tortilla Chips und ein paar Crunchies aus dem Automaten, die wir mit Diet Coke runterspülen.
Als ich letzte Nacht um 23.55 nach Hause kam, bin ich ans Telefon gegangen. Ich dachte, es sei Momo, die weitere Zahlen durchgeben wollte. Und wer war dran? Barbara, meine Schwiegermutter. Ich konnte kaum glauben, dass sie so spät anrief.
«Sag
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