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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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die das Gemüse-Potpourri und den Mungobohnen-Eintopf mit ihm teilte und seine Socken auf die Wäscheleine hängte, wenn die Sonne durch den grünen Schirm der Wälder drang, um die bemoosten Ufer von Blood Creek zu wärmen. Diese Liebe machte ihn selig und verzückt, ja geradezu albern: am liebsten hätte er auf dem Parkplatz Purzelbäume geschlagen wie Herbert Pompey, wenn er im Mann von La Mancha über die Bühne wirbelte, oder die alte Mrs. Fagnoli abgeküßt, die sich gerade vor dem Postamt aus ihrem Auto hievte. Tom Crane hatte den Schritt von der Heiligkeit zur Ekstase vollzogen.
    Glücklich machten ihn auch noch einige andere Dinge. Zum Beispiel war er zum drittenmal nacheinander bei der ärztlichen Musterung für den Wehrdienst durchgefallen. Zu mager. Er hatte den ganzen Juni lang gefastet (kam ja nicht in Frage, daß er zum Werkzeug der kapitalistischen Unterdrücker wurde und gegen seine revolutionären Brüder in Vietnam die Waffe erhob). Er war ins Einberufungsamt getaumelt und hatte bei seinen 188 cm nur 55,8 kg auf die Waage gebracht. Jetzt brauchte er nicht nach Kanada oder Schweden zu fliehen oder sich den Streß eines vorgetäuschten Selbstmords anzutun. Und als sei das noch nicht genug Anlaß zur Freude, waren am selben Tag, als die Musterungsbehörde ihn abgelehnt hatte, die Bienen in sein Leben getreten. Vierzig Bienenstöcke. Zum Verkauf ausgeschrieben von irgendeinem bankrott gegangenen konservativen Scheißer, einem klapprigen Alten aus Hopewell Junction, und das für einen Spottpreis, für einen Bruchteil ihres Wertes. Jetzt hatte Tom sie. Bienen. Eine tolle Idee: die machten die ganze Arbeit, und er strich den Gewinn ein. Es war wie mit der Gans, die goldene Eier legte. Er brauchte das Zeug nur einzusammeln, zu schleudern und in die alten Steinguttöpfe zu gießen, die er bei seinem Großvater im Keller gefunden hatte, um sie draußen an der Straße zu verkaufen, mit gummierten Etiketten (fünfundzwanzig Cents die Großpackung) verziert, auf denen in Jessicas schönster Schrift TOM CRANES GOLD zu lesen war.
    Und dann, als wäre das Maß seines Glückes noch immer nicht voll, gab es die Arcadia.
    Seitdem er die Uni hingeschmissen hatte, war sein Leben ein zielloses, unengagiertes Dasein gewesen, geprägt von Komposthaufen und ziegendreckgedüngten Marihuanaplantagen; er hatte sich von einer lässigen Sache zur nächsten treiben lassen, wie eine Wasserkastanie, bevor sie Wurzeln schlägt. Die Arcadia war der Boden für diese Wurzeln. Wenn es einen Gott gab, und wenn Er aus den Pforten des Himmels getreten und alle Beschäftigungen und Begeisterungen der Welt durchgegangen wäre, um Tom Crane mit dem geeignetesten, dem einzig für ihn angemessenen, schlichtweg urtypischen Metier zu versorgen, Er hätte nichts Besseres finden können als die Arcadia.
    Zum erstenmal davon gehört hatte er im April bei einem Treffen der Sumpflilien-Umweltschutz-Vereinigung von Manitou-on-Hudson. Der Redner dieses Abends, ein kleiner bärtiger Mann, der ständig die Faust aufs Pult krachen ließ, hielt einen Vortrag über die Arcadia-Stiftung. Zwischen den Fausthieben gab er einen kurzen historischen Abriß der jüngst gegründeten Organisation zum besten, wetterte gegen die Verschmutzer und Verpester des Flusses, verteilte Beitrittsformulare und ließ den Klingelbeutel (in Gestalt eines flachen Filzhuts) herumgehen. Mehr noch, er zeigte Dias von der Arcadia selbst, dem Wirklichkeit gewordenen Segelschiff aus Will Connells Phantasie.
    Offenbar hatte Will, der bärbeißige, radikale Folksänger und Naturfreund, dessen Stimme an jenem unseligen Tag im Jahre 1949 laut und deutlich über Peletiah Cranes Viehweide erschollen war, einen Traum gehabt. Eine Vision. In der sanfte Brisen, halkyonische Tage, knatternde Segel und Takelagen und Teakholzplanken eine Rolle spielten. Er hatte ein altes, eselsohriges Werk gelesen ( Unter Segeln auf Hudsons Fluß von Preservation Crane, New York 1879), das an vergangene Zeiten gemahnte, als dickbäuchige, breitmastige Schaluppen der Holländer den Hudson bevölkert hatten, die bald danach von Dampfschiffen abgelöst worden waren, und plötzlich schälte sich aus den nebligen Tiefen irgendeines alten Shantys, der ihm durch den Kopf spukte, die Arcadia heraus. Noch am selben Nachmittag band er sich die Mandoline auf den Rücken und trampte nach Scarsdale zum Haus von Sol und Frieda Löwenstein.
    Die Löwensteins waren Kommunisten, die die McCarthy-Ära überstanden und danach in der

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