Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
wissenschaftlichen Zeitschriften vor.
FRIEDRICH KARL VON SAVIGNY
(* 1779, † 1861)
Savigny, der einflussreichste Jurist des 19. Jahrhunderts, forderte in seiner Vorlesung »Anleitung zum eigenen Studium der Jurisprudenz« hauptsächlich drei Betrachtungsweisen, wie sie auch für die Brüder Grimm entscheidend wurden: die philologisch-historische, die systematische und die vergleichende.
In seinem Marburger Wirken von 1802 bis 1806 geht Savigny maßgeblich von Johann Gottfried Herder aus. Savigny suchte die Rechtswissenschaft seiner Zeit von jeder Vernunftspekulation zu befreien und eröffnete den Ausblick auf die geschichtliche Kontinuität der Rechtsbildung. So entwickelte er in seinem 1803 erschienenen Buch »Das Recht des Besitzes«, welches von den Brüdern gelesen und studiert wurde, die Lehre vom Recht als geschichtlichem Erzeugnis des menschlichen Gemeinlebens.
Aus dem innersten Wesen des Volkes geht nach Savigny auch das Recht hervor, der Volksgeist ist Quelle und Norm allen Rechtes.
Hintergrund für die Arbeit der Brüder war ihr Einblick in die von ihnen hoch geschätzte Volkspoesie oder Naturpoesie, wozu sie neben Märchen, Sagen und Volksliedern auch die alte epische Dichtung der Heldenlieder und Heldenepen zählten, die sie von der einzelnen Verfassern zuzuordnenden Kunstpoesie, wie Minnesang, Meistergesang, Drama und vielen Dichtungen der neueren Zeit, abgrenzten. Die Besonderheit der Volkspoesie, die sich sozusagen selbst dichtet oder – gemäß Johann Gottfried Herder, dem die Brüder Grimm hierin folgen – dem Volksgeist entspringt, liegt in ihrer Ursprünglichkeit wie in ihrem hohen Alter. Deshalb war es für die Brüder Grimm zunächst entscheidend, möglichst viele Zeugnisse dieser Volkspoesie, selbst aus mündlicher Überlieferung, zu sammeln, wie auch aus älteren oder fremden, besonders germanischen Sprachen zu übersetzen und zu edieren. Mit dieser Arbeit erweiterten sie den alten humanistischen Wissenschaftsgrundsatz »ad fontes« (zurück zu den Quellen) zu der für sie bestimmenden Forderung »ad omnes fontes« (Erfassung möglichst aller Quellen).
VIELFÄLTIGE TÄTIGKEITEN
Als Hauptwerke dieser Ausrichtung erschienen – was die bis heute nachwirkende Volkspoesie betrifft – die »Kinder- und Hausmärchen« (1812–15), in zwei Bänden gesammelt durch die Brüder Grimm, eine Ausgabe altspanischer Romanzen von Jacob Grimm (»Silva de Romances viejos«, 1815), »Deutsche Sagen« (1816–18), herausgegeben von den Brüdern Grimm, ebenfalls in zwei Bänden, »Irische Elfenmärchen« (1826), übersetzt aus dem Englischen von den Brüdern Grimm, die »Volkslieder« (posthum erst 1985–89, aus der Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek Marburg) sowie »Irische Land- und Seemärchen« (posthum 1986), übersetzt von Wilhelm Grimm. Dazu kamen aus den altgermanischen Sprachen Wilhelm Grimms Übersetzung der »Altdänischen Heldenlieder, Balladen und Märchen« (1811), die erste metrisch gegliederte Ausgabe des althochdeutschen Hildebrandsliedes und Wessobrunner Gebets (»Das Lied von Hildebrand und Hadubrand und das Weißenbrunner Gebet«, 1812) durch die Brüder Grimm, die altnordische Sammlung »Lieder der alten Edda« (1815), herausgegeben und erklärt, das heißt metrisch und prosaisch übersetzt durch die Brüder Grimm (nur Band 1, Heldenlieder), ferner in der von den Brüdern Grimm 1813 bis 1816 herausgegebenen und fast ausschließlich mit ihren Beiträgen ausgefüllten Zeitschrift »Altdeutsche Wälder« (Band 1–3) viele weitere Textproben und Hinweise zu Quellen und Motiven der deutschen Volks-, aber auch der älteren Kunstpoesie. Das Zusammentragen dieser vielfältigen Poesie und deren Fortwirken über die mündliche Erzähltradition von Märchen und Sagen oder auch über Sprichwörter, Jägerschreie oder Rechtsformeln haben die Brüder Grimm zu ihrem Lebenswerk gemacht.
KINDER- UND HAUSMÄRCHEN
Die größte Wirkung der Brüder Grimm ging von ihrer vorwiegend aus mündlichen Quellen stammenden Sammlung und stilistischen Neugestaltung der »Kinder- und Hausmärchen« aus. Schon zu ihren Lebzeiten erschienen bis 1857 sieben Auflagen, ferner zehn weitere Ausgaben der so genannten kleinen Ausgabe von 1825 bis 1858, wozu noch der selbstständige Band ihrer Anmerkungen von 1822 und 1856 kam. Als das meistgelesene deutsche Buch hatte es seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sogar die deutschen Bibelübersetzungen überflügelt. Dieser gewaltige Bucherfolg war
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