Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
entgegenstehen, und der Sehnsucht nach einem organisch-ganzheitlichen Sein, das eine frei gelebte Sexualität einschließt und zu vitaler Menschlichkeit und Kreativität zurückfinden lässt. Unter anderem die Romane »Söhne und Liebhaber« von 1913 und »Liebende Frauen« von 1923 zeigen diese Bedrohung der menschlichen Lebenskraft durch die industrielle Gesellschaft.
In Büchern wie »The Pioneers« (»Die Ansiedler oder Die Quellen des Susquehanna« und »The Pathfinder; or The Inland Sea« (»Der Pfadfinder oder Das Binnenmeer«; 1841) knüpfte Cooper an die Ideale des Humanismus an. Das simplifiziert Gute siegt in den Geschichten über die Verderbtheit der Zivilisation. Hier, im Grenzbereich zwischen Zivilisation und Wildnis, verbinden sich Abenteuer und Romantik mit moralischem Idealismus. Die in seinen stark autobiografischen Seeromanen agierenden Seeleute stechen besonders durch ihre Ritterlichkeit hervor. In der Lederstrumpf-Serie idealisiert Cooper das naturnahe, abenteuerliche Leben der Trapper, Kolonisten und Indianer, deren Mut und Tapferkeit er bewundernd schildert, indem er die optimistischen Lehren Rousseaus in die Landschaft und auf die Menschen der Neuen Welt übertrug. Mit Lederstrumpf schaffte Cooper eine heroische Vision der amerikanischen »Frontier«, er begründete damit einen amerikanischen Mythos. Der einsame, aber freie Jäger wird von der Zivilisation eingeholt und eingeengt. Im Versuch, ihr zu entkommen, verkörpert Lederstrumpf die amerikanische Sehnsucht nach immer neuen »Frontiers«.
Arno Schmidt, der ein bedeutender Übersetzer von Coopers Werken war, sah in ihm einen bewusst vaterländischen Historiker, der die Entwicklung der Vereinigten Staaten begleitete. Niemand außer Cooper sei zu solchen kulturgeschichtlichen Schilderungen so berufen gewesen, da sein eigenes Leben und seine Erfahrungen die Grundlage seiner Schilderungen waren. Arno Schmidt sah Coopers Beitrag zur Weltliteratur darin, ihr mit dem »Lederstrumpf« einen ihrer ganz großen Archetypen geschenkt zu haben.
James Fenimore Cooper starb einen Tag vor seinem 62. Geburtstag, am 14. September 1851, in Cooperstown. Und auch wenn er zum Zeitpunkt seines Todes in Europa beliebter war als in seiner Heimat, so starb mit ihm doch der erste große Romancier Amerikas.
HAUPTWERKE COOPERS
• »Lederstrumpf«-Romane
Die Ansiedler oder Die Quellen des Susquehanna (1823)
Der letzte Mohikaner (1826)
Die Prärie (1827)
Der Pfadfinder oder Das Binnenmeer (1840)
Der Wildtöter oder Der erste Kriegspfad (1841)
• Seeromane
Der Lotse (1823)
Der rote Freibeuter (1828)
• Sozialkritische Schriften
Die Monikins (1835)
Der amerikanische Demokrat (1838)
Ein Brief an seine Landsleute (1834)
• Historische Romane
Vorsicht (1820)
Der Spion. Eine Erzählung aus dem Niemandsland (1821)
Der Bravo. Eine venezianische Geschichte (1831)
Die Heidenmauer oder Die Bendiktiner (1832)
Der Scharfrichter von Bern oder Das Winzerfest (1833)
Littlepage-Trilogie: Satanszehe, Der Kettenträger, Die Roten (1845–1846)
FRANZ GRILLPARZER
»DER TRAUM EIN LEBEN« – EIN DICHTER ZWISCHEN DEN ZEITEN
Gegen Ende seines Lebens hat sich Grillparzer, der bedeutendste österreichische Dramatiker des 19. Jahrhunderts, mit leiser Komik als den »armen Spielmann« – so der Titel einer seiner Novellen – gezeichnet. In seiner Sensibilität, seiner Schwermut, seinen grüblerischen, endlosen Selbstbeobachtungen und in dem Wunsch, das Habsburger Reich als eine Art idealen Weltstaat zu deuten, schwingen die Musikalität Wiens und die noch in der spätklassischen Literatur wirksamen barock-katholischen Traditionen mit.
15. 1. 1791
Geburt in Wien
1804–1811
Studium in Wien
1813–1856
Beamter im Staatsdienst
1818–1823
Theaterdichter des Wiener Burgtheaters
1826
Deutschlandreise
21. 1. 1872
Tod in Wien
Grillparzer gehört zweifellos zu den überragenden Dramatikern deutscher Sprache im 19. Jahrhundert. Auch aufgrund seiner Lyrik, seiner Prosa und seines Tagebuches rechnet man ihn zu den Großen der Literatur. Ein Großer, der allerdings wegen seines schwierigen Charakters, seiner permanenten Neigung zur Hypochondrie, wegen seiner Angst vor dem »zerstörenden Verstäuben ins Unermessliche« sehr moderne Züge existenzieller Gefährdung zeigte, einer Haltung, die man für das Österreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit dem Schlagwort »Experiment Weltuntergang« umschrieben hat. In seiner »Selbstbiographie« (1853) hat Grillparzer
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