Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
Nachbarschaft gewohnt, doch als dann immer öfter die Polizei
vorsprach, sind sie in einen anderen Stadtteil umgezogen«, erzählte Skorubski und
nippte an seinem Kaffee.
»Vielleicht erinnert er sich ja noch an
dich«, schmunzelte Nachtigall. »Sei schön vorsichtig und halte dich hinter mir!«
»Haha! William kam immer gut mit unseren
Kindern aus. Mach dir mal keine Sorgen!«, patzte der Freund zurück und sah einen
Moment lang wirklich beleidigt aus.
»Ein Scherz, Albrecht! Guck nicht so böse!
Holger Mahler heißt der Boss. Wir werden sehen, ob er Zeit für uns erübrigen kann.«
Peter Nachtigalls Handy vibrierte, und er
warf einen verärgerten Blick auf das Display.
»Michael! Ich hoffe, es ist wirklich wichtig!«
»Das glaub ich scho’! Habt ihr vielleicht
scho’ einen Blick auf die Schlagzeile der Boulevardpresse g’worfe’? Ob ihr’s glaubt
oder nicht, wir habe’ einen Zeuge des Mordes. Un’ er kann den Täter b’schreibe’.
Stegmann! «
»Bist du sicher, dass es sich dabei um unseren Zeugen handelt?«
Nachtigall konnte es nicht glauben. Ihnen hatte der Mann etwas vollkommen anderes
erzählt.
»Ja, klar. So viele Jakob Stegmann gibt’s
ja nun auch wieder nicht in Cottbus, und außerdem isch der Artikel mit Bild.«
»Was? Mit Foto? Ich fasse es nicht! Vielleicht
haben sie auch gleich die Adresse notiert. Und wie sieht unser Täter demnach aus?«
»Herr Jakob Stegmann behauptet den Reportern
gegenüber, er habe eine dunkle, massige Gestalt davonlaufen sehen. Groß, mit Bomberjacke,
Glatze, Tätowierung im Nacken, schwere Stiefel.«
»Aha.« Nachtigall runzelte die Stirn. »Also
doch eindeutig ein Angriff aus der politisch motivierten Ecke.«
»Dem Artikel zufolge gibt es daran nicht
den geringsten Zweifel. Stegmann hat sogar behauptet, er könne den Täter bei einer
Gegenüberstellung jederzeit identifizieren.«
»Shit!«, schimpfte Nachtigall so laut, dass
sich einige der Cafébesucher verärgert umdrehten. »Wie kann er denn so etwas behaupten?
Weiß er denn nicht, welches Risiko er mit solch einer Äußerung eingeht?«
»Ich hab scho’ versucht ihn zu erreiche’,
aber er ist entweder nicht zu Hause, oder er geht nicht ans Telefon.«
»Versuch weiter, Kontakt zu ihm herzustellen.
Gibt es nicht auch eine Handynummer?«, fragte Nachtigall besorgt und ärgerlich zugleich.
»Doch. Da meldet sich die Mailbox.«
»Schick eine Streife bei ihm vorbei. Möglicherweise
meldet er sich nicht, weil ihm inzwischen dämmert, der Mörder könnte versuchen,
mit ihm Kontakt aufzunehmen, um ihn aus dem Weg zu räumen«, entschied der Hauptkommissar.
»Solle’ die Kollege’ ihn mitnehme’, wenn
sie ihn antreffe’?«, wollte Wiener wissen.
»Ja. Bei uns ist er allemal sicherer aufgehoben
als in seiner Wohnung. Außerdem kann er ja schon mal an einem Phantombild arbeiten,
bis wir wieder zurück sind. Wenn er den Täter so genau gesehen hat, kann das für
ihn ja kein Problem sein, oder?«, antwortete Nachtigall gallig. »Wie sieht Willi
aus?«, fragte er in Skorubskis Richtung.
»Groß, kahl, bullig, Tattoo im Nacken …
warum?«
»Dann ist er jetzt tatverdächtig.«
Skorubski zog ungläubig die Augenbrauen
hoch. »Niemals! Willi ist im Grunde nicht sehr gewaltbereit. Eine Schlägerei, ja,
aber einen Mord begehen? Nein!«
»Es ist so, dass die Kollege’ glaube’, Stegmann
ist bedroht worde’. Übers Telefon zum Beispiel. D’rum öffnet er niemandem. Seine
Nummer steht ja im Telefonbuch.«
»Wie dumm kann einer allein eigentlich sein!«,
polterte Nachtigall.
Holger Mahler öffnete den beiden Ermittlern persönlich
die Tür.
»Ach herrje! Sie? Wieso hat Willi ausgerechnet
Sie durchgelassen?«
»Ich sehe schon, Sie erinnern sich«, stellte
Nachtigall lapidar fest und schob sich in die Wohnung.
»Lebhaft sogar. Sie haben damals für richtig
Stress gesorgt. Dabei hatten wir den Typen von dieser Sekte gar nicht wirklich gedroht.
Aber das ist eben typisch für die Polizei. Wenn solch ein armseliges Würstchen jammert,
kommt ihr sofort. Bei meiner ersten Begegnung mit denen haben die mich bedrängt,
aber dafür hat sich von euch ja niemand auch nur mit einer Faser interessiert.«
Während er sprach, führte er die ungebetenen
Besucher in eine Art Zwitterraum.
Rechts von der Tür standen ein Schreibtisch
mit Computer und Drucker sowie ein Regal, links eine Bettcouch und ein Nachttisch.
Holger Mahler registrierte den Blick Nachtigalls
und bemerkte sarkastisch: »Ja, leider muss ich
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