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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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nicht täuschen.
    »Hey Jule!«, Connys Stimme kam aus der Küche.
    Es wurde Zeit, nach unten zu gehen und das
arme Kind zu trösten.
    Peter Nachtigall gab sich einen Ruck.
    Er wusste, dass hier Fähigkeiten gefragt
waren, für die er kein wirkliches Talent besaß. Trösten, wieder aufbauen, stärken
… Aber er würde sein Bestes geben.
    Mit schweren Schritten stieg er die Treppe
hinunter.
    Jule und Conny lachten, Geschirr klapperte.
Erleichtert registrierte Nachtigall, dass sie über die größte Enttäuschung und den
schrecklichsten Schmerz schon hinweggekommen sein musste. Vielleicht war es ja kein
frisches Zerwürfnis, sondern ein seit Langem andauernder Prozess. Ein paar giftige
Gedanken beschäftigten sich mit Emile, der sich ihm gegenüber nicht das Geringste
hatte anmerken lassen und so tat, als sei die Welt in Ordnung. So ein Schauspieler!
    Den ganzen Nachmittag hatte er geübt, um
solche Formulierungen wie »Das habe ich schon immer geahnt« oder »Für mich ist das
ehrlich gesagt keine Überraschung« zu vermeiden.
    Mit ungutem Gefühl stieß er die Küchentür
auf.
     
    Jule flog ihrem Vater zur Begrüßung an den Hals und drückte
ihm ein stürmisches Begrüßungsküsschen auf die Wange.
    »Hallo Papa! Was machst du denn für ein
ernstes Gesicht?«
    »Mach ich das?«
    »Aber ja – richtig miesepetrig«, bestätigte
auch Conny und lachte.
    »Vielleicht liegt das an deinem aktuellen
Fall.«
    »Ja, vielleicht«, gab Nachtigall ratlos
zurück.
    »Claudine Caro? Du bearbeitest den Fall?«,
fragte Jule interessiert.
    »Ja, aber irgendwie stecken wir fest. Sie
hatte Angst, niemand weiß, vor wem und in ihrem privaten Umfeld konnten wir bisher
noch kein Motiv entdecken. Ziemlich verfahrene Angelegenheit.«
    Casanova und Domino waren Nachtigall in
die Küche gefolgt und forderten jetzt lautstark und entschlossen die Aufmerksamkeit
ihrer Menschen ein. Jule ging in die Hocke und streichelte die beiden Katzen.
    »Essen ist fertig! Gemüsegratin und Salat.
Ein Glas Wein dazu?«
    Nachtigall nickte.
    »Für mich nur einen Saft«, erklärte Jule
und setzte sich.
    Er hatte es ja gewusst.
    Seine Tochter war so aufgewühlt, dass sie
nicht einmal mehr ein Glas Wein mit trinken konnte, aus Angst die Kontrolle über
ihre Verzweiflung zu verlieren. Das würde Emile ihm büßen, nahm der Vater sich vor.
    Casanova und seine Freundin bezogen derweil
vor dem Kühlschrank Posten und stimmten einen zweistimmigen Katzenjammer an.
    »Na. Knapp vor dem Hungertod? Wie immer?«,
lachte Conny und nahm sich des Problems an.
    Nachtigall sah seine Tochter auffordernd
an. Jetzt wäre doch eine gute Gelegenheit, ihm von ihren Sorgen zu erzählen.
    Jules Gedanken wanderten jedoch zum Mordfall
Claudine Caro zurück.
    »Claudine war eine wirklich eindrucksvolle
Frau. So stark und entschlossen. Und irgendwie geheimnisvoll.«
    »Du kanntest sie näher?«
    »Nicht wirklich. Aber man begegnete sich.
Die BTU ist nicht unüberschaubar, und Claudine stach aus der Masse der Studierenden
heraus wie«, sie zögerte, »wie eine Stachelbeere aus einem Teller Erdbeeren. Die
meisten Studentinnen beneideten sie wegen ihres Aussehens, ihres selbstbewussten
Auftretens, ihres Wissens, ihrer Konsequenz beim Lernen, und die meisten Studenten
konnten sich nur mit Mühe ein Pfeifen verkneifen. Aber das Beste ist: Ich glaube,
sie hat davon nie etwas bemerkt. Weder die Bewunderung noch den Neid. Es perlte
an ihr ab. Auf mich wirkte sie immer, als sei sie mit etwas immens Wichtigem beschäftigt.«
Julia sah amüsiert zu, wie Casanova Domino den Vortritt beim Fressen ließ.
    »Er hat Manieren wie eine echter Gentleman«,
gluckste sie leise.
    »Das mag Außenstehenden so scheinen – aber
in Wahrheit verhält sich die Sache anders: Er weiß, wir schätzen dieses Verhalten
an ihm und werden dafür Sorge tragen, dass er es nicht bereuen muss. Er wird fürstlich
dafür belohnt!«, korrigierte der Vater ihre positive Einschätzung und verteilte
das Gratin auf die Teller.
    »Ach, ich dachte, es sei wahre Katzenliebe.
Und nun behauptest du, es sei kalte Berechnung. Nein, das glaube ich nicht!«, protestierte
Conny entschieden.
    Sie füllte die Gläser.
    »Gut, ich weiß, es war unfair, mich so einfach
anzumelden, ohne das näher zu erklären. Bestimmt habt ihr euch Gedanken gemacht.
Lasst uns anstoßen! Emile und Jule werden die Familie vergrößern.«
    »Wie?«, fragte Nachtigall etwas begriffsstutzig.
    »Du wirst Opa«, freute sich Conny.
    »Großvater? Wann?«
    »In weniger

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