Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
als einem halben Jahr. Emile
freut sich natürlich auch – und er möchte gerne noch vorher heiraten.«
»Aha!«, mehr fiel dem überrumpelten Hauptkommissar
so schnell nicht ein.
»Ja. Und – wir dachten – es wäre doch lustig,
wenn wir zu fünft heiraten könnten.«
»Eine Schwangerschaft ist heute kein Heiratsgrund
mehr«, meldete sich Conny zu Wort. »Früher vielleicht. Und es ist auch kein überzeugender
Grund.«
»Oh, keine Sorge. Das sehen wir genauso.
Wir wollten ohnehin im Sommer heiraten, den Termin hatten wir uns auch schon überlegt.
Wenn das Kind vor der Eheschließung geboren wird, entstehen unnötige bürokratische
Komplikationen. Emile müsste dann vorab seine Vaterschaft anerkennen, es gibt eine
Menge Lauferei und Papierkram. Das vermeiden wir.«
»Tja – äh, wenn ihr meint?« Nachtigall konnte
so schnell nicht von Trennung auf Familiengründung umschalten.
Sie stießen noch einmal an.
»Wenn wir eine solche Hochzeit planen, würde
es bedeuten, dass ich meine Tochter und mein Enkelkind gleichzeitig zum Altar führe
– mit meiner neuen Frau. Ich weiß nicht.«
»Bisher haben wir uns ja noch nicht einmal
auf eine gemeinsame Adresse einigen können«, mischte sich Conny wieder ein.
»Also – ihr solltet den Katzen endlich stabile
Familienverhältnisse bieten, und eurem Enkel auch!«, lachte Jule, und der Schalk
blitzte in ihren Augen.
Das offenbar schwierige Thema wurde zunächst
nicht mehr gestreift.
»Conny?«
Dr. Cornelia Stamm drehte sich zu ihm um
und kuschelte sich tiefer in die Decke ein.
»Hm?«, antwortete sie schläfrig.
»Willst du meine Frau werden?«, fragte Nachtigall
und küsste sie sanft auf die Stirn.
»Hmhm«, grunzte Conny und rollte sich zu
einer Kugel zusammen.
Peter Nachtigall starrte glücklich zur Decke
hinauf und lauschte auf ihre gleichmäßigen Atemzüge.
Endlich!
30
Viel Schlaf sollte er allerdings in dieser Nacht nicht
bekommen. Gegen 3 Uhr morgens klingelte ihn das Mobiltelefon aus einem wirren Traum,
bei dem eine Hochzeit im Rahmen eines Voodoo-Rituals gefeiert wurde. Nach den üblichen
Vorbereitungen wurde das Opfertier in den Humfó gebracht: ein eindrucksvoller, schwarzer
Stier. Während der Tötungszeremonie spritzte das dampfende Blut des Tieres aus der
Halsarterie in die Menge. Das leuchtend weiße Kleid der Braut war bald blutdurchtränkt.
Niemanden schien das zu stören, die Gäste tanzten wild, geradezu ekstatisch.
Er war direkt dankbar, geweckt worden zu
sein.
Als er sich meldete, überlegte er noch immer,
warum jemand seine Ehe ausgerechnet mit Unterstützung der Petro Loa schließen sollte.
»Guten Morgen, Herr Nachtigall. Wir haben einen Toten.
Es handelt sich um einen jungen Mann. Er wurde wohl erschlagen und auch sonst …
So etwas habe ich noch nie gesehen, und ich bin schon wirklich lange bei der Polizei.
Da denkt man, nun kann einen nichts mehr schockieren, aber das hier ist wirklich
schlimm! Dr. Manz meinte, ich soll Ihnen gleich Bescheid geben, das würde Sie sicher
interessieren.«
»Ja, dann stimmt das wahrscheinlich. Dr.
Manz ist vor Ort, ja? Nun, dann wird er sich wohl etwas dabei gedacht haben, mich
verständigen zu lassen. Irgendetwas Besonderes?«, fragte Nachtigall mit banger Vorahnung.
»Es ist ein furchtbarer Anblick, Herr Nachtigall.
Der Täter hat …« Der Beamte schluckte.
»Schon gut. Wo?«
»Auf dem Parkplatz vor der Lagune. Ein Wachmann
hat ihn gefunden.«
»Bin gleich da.«
Schnell verständigte Peter Nachtigall sein
Team und zog sich möglichst lautlos an. Dann legte er noch einen Zettel mit einem
Gruß für Conny auf den Frühstückstisch und fuhr los.
Albrecht Skorubski sah zerknautscht und
müde aus, als er ihn am Tatort traf, Michael Wiener dagegen wirkte so frisch, als
entspreche es der Normalität seines Tagesablaufs, morgens um 3 Uhr geweckt zu werden.
Neidisch beobachtete Nachtigall, wie der junge Kollege energiegeladen aus seinem
Auto sprang.
Das Opfer lag neben seinem Wagen.
Es war offensichtlich nicht einmal der Versuch
unternommen worden, seine Leiche vor den Blicken Vorüberkommender zu verbergen.
»Er war sofort tot. Es gibt keinerlei Spuren,
die etwa darauf hindeuten, er könne noch versucht haben, sich der Gefahrenzone zu
entziehen«, erklärte Dr. Manz.
Peter Nachtigall betrachtete deprimiert
den Toten.
Meinert Hagen.
In seinem Kopf hallten die Worte Robin Langs
nach, der prophezeit hatte, dass es noch mehr Tote geben würde. Doch Meinert Hagen
war gewarnt.
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