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Wortstoffhof

Wortstoffhof

Titel: Wortstoffhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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blau, Franz.« Und deutete auf ein Plakat hinter sich, auf dem ein Stein in blaues Wasser gefallen war und Wellen sich ausbreiteten. Die Mitte – ein Stein? Deutschland – ein Teich?
    Zu Recht sprach später der Politologe Dettling in der Woche vom »Zauber der Mitte«. Man wird nun aber darauf hinweisen müssen, dass, wer die Mitte von etwas finden will, das Ganze kennen muss. Zauber der Mitte: immer auch der Zauber Deutschlands.
    Schröder sagte dazu, er sei »nicht in die Mitte hineingeboren worden«, sondern habe sich vom »unteren Ende« hinaufgearbeitet, bis zur Mitte eben. Was geschieht dort? »Von der Mitte aus wird die Gesellschaft politisch geführt.«
    Das kann nichts anderes heißen, als dass er sich Deutschlandals eine Art Turm vorstellt – und nicht als Teich, wie Müntefering. Vielleicht ist es so, dass der Turm an einem See steht? Dass der damals, 2002, Regierende aus seiner Turmmitte Stein auf Stein ins Wasser warf, immer neue Mitten bildend, den davon ausgehenden Kreisen nachsinnend?
    Betrachten wir nun das Mitte-Bild Angela Merkels. Sehr anders als Schröder entwirft sie kein vertikales, sondern ein horizontales Deutschland: »Ganz klar: Die Mitte ist rechts von links«, schrieb sie – als tief durchdachte Zuspitzung einer mäandernden Gedankenfolge – vor Jahren in der FAZ in einem zu Recht unvergessenen Aufsatz.
    Sie schrieb aber auch: »Die Mitte hat Wurzeln.«
    Und: »Die Mitte will Bewegung.«
    Ja sogar: »Die Mitte ist Bewegung.«
    Was für ein poetisches, berückendes Bild! Die Mitte als Pflanze, sich bewegend und doch verwurzelt, ein quasi auf der Stelle tanzendes Bäumchen. Seltsam passend Schröders Anmerkung, auch er verstehe die Mitte als »nichts Statisches«.
    Welcher Metaphernfluss doch aus der Mitte entspringt! Wie gerade die Unklarheit über den Begriff das zart Empfindende, die gefühlshafte Tiefe, das Suchende und Raunende in unserem Leitpersonal und den politischen Spitzengrüblern weckt!
    Die Mitte gleiche »einem Acker, den man erst bestellen muss«, sagte Dettling, der Politologe, sie sei »launisch und anspruchsvoll«. Die Mitte sei »ein flüchtiger Ort«, äußerte der Trendforscher Wippermann, »ein Weg«, so Friedhelm Hengsbach, »eine Aufgabe«, so wieder Dettling. »Die Mitte ist weiblich«, las ich als Überschrift in der Zeit .
    Ach, Mitte, du flüchtiges Wasser, du rotes Weib, du launischer Acker … Es ist der reine Wahnsinn, aus dem AngelaMerkel sich dann auf einem CDU-Parteitag 2007 mal einen Weg zu bahnen suchte, auf der Suche nach einer neuen Einfachheit sozusagen. »In der Mitte sind wir und nur wir. Wir sind die Mitte. Wo wir sind, ist die Mitte.«
    »Basta«, wie Gerhard Schröder gesagt hätte.
    »Mitte«, wie Angela Merkel immer sagt.
    »Die machen ja doch, was sie wollen«, wie der Mann auf der Straße findet.
    »Uns trieb die Sehnsucht, uns trieb nicht Ruhm und Geld, uns trieb die Sehnsucht zum Mittelpunkt der Welt«, wie die Puhdys sangen.
    »Mitte«, wie Angela Merkel sagt.
    »… die schöne Mitte, / Wo die Menschheit fröhlich weilt«, wie Schiller dichtete.
    »Schluss jetzt!«, rufe ich.
    »Mitte«, sagt Angela Merkel.
    »Schnauze!«, rufe ich.
    »Mitte«, sagt Angela Merkel.
MONTAGE
    Aus Engelskirchen schriebt Frau B., dass sie als Kind in Bergheim/Erft lebte, wo es eine Panzerfabrik gab, die auf einer großen Tafel bekannt gab, sie suche »Arbeiter für MONTAGE«. Das habe sie eigenartig gefunden, dass man Arbeiter suche, die nur an einem Tag in der Woche und nur montags arbeiteten; erst ihr Vater habe ihr die Sache dann erklären können. (Sonst wären ja auch, Anm. d. Verf., alle Montage Dienst-Tage gewesen und die anderen Wochentage Frei-Tage.)
    Frau T. aus München meldet sich mit Brief Nummer zwei, der den Satz aus einer Rundmail im Physik-Departement der TU enthält, in welcher den »lieben Mitarbeitern« mitgeteilt wird: »… wenn Sie größere Geräte wie z. B. Aufdampfanlagen entsorgen, müssen Sie vorher zerlegt werden.« Frau T. schreibt, sie müsse nun immer wieder über die armen Menschen nachdenken, die sich zerlegen lassen müssen, nur weil sie z. B. eine Aufdampfanlage entsorgen wollen. Wahrscheinlich, schreibt sie, »gibt es bei uns auch eine Abteilung, wo man das macht: Physiker zerlegen und nachher wieder zusammenbauen«.
    Falls nicht, empfehle ich, Arbeiter für Montage zu suchen.
MPFPLAN
    Viele sehr schöne Wortstoffwörter entstehen, indem man eigentlich zusammenhängende Buchstaben voneinander trennt, zum Beispiel die

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