Wovon eine Prinzessin träumt (German Edition)
Ist Schneeweißchen vom Weg abgekommen?
Das Foto darunter zeigte Louisa, wie sie sich mit unordentlichem Haar und verwischtem Make-up ins Auto gesetzt hatte. Natürlich war auch die falsch zugeknöpfte Bluse groß abgebildet. Ein kleineres Foto zeigte Garrett, wie er barfuß an der Eingangstür stand.
„Wir sehen aus, als hätten wir miteinander geschlafen“, sagte Louisa zu Garrett am Telefon.
„So schlimm ist es auch wieder nicht. Vielleicht waren wir ja auch joggen.“
Louisa schob die Zeitung vom Bett. „Ja, klar“, meinte sie ironisch. „Ich jogge immer in Rock und Sandalen.“
„Ich will damit nur sagen, dass keiner weiß, was wir gemacht haben. Mach dir keine Sorgen, es ist bald wieder vergessen.“
Sie fragte sich, wie seine Familie auf die schlechte Presse reagierte. Aber Garrett hatte ja keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern. „Wann hast du eigentlich das letzte Mal mit deinem Vater gesprochen?“
Die Frage schien ihn zu überraschen. „Warum willst du das wissen?“
„In der letzten Zeit habe ich viel über Familie nachgedacht. Ich bin einfach neugierig.“
„Wir haben nicht mehr miteinander gesprochen, seit ich sein Land gekauft habe.“
„Du hast seine Farm gekauft?“
„Ja. Sie haben nach einer schlechten Ernte in Schwierigkeiten gesteckt. Mein Vater hätte die Steuern nicht zahlen können. Und als die Farm vor der Zwangsversteigerung stand, habe ich sie gekauft, um sie meinen Eltern zu schenken. Sie sollten dort bis zu ihrem Lebensende wohnen können und sich nie wieder Sorgen machen müssen.“
„Er ist dir bestimmt sehr dankbar gewesen.“
„Er hat die Besitzurkunde zerrissen und mir ins Gesicht geworfen. Dann hat er mir gesagt, ich sei nicht länger sein Sohn.“
„Das hat er doch nicht wirklich getan!“, rief Louisa empört.
„Mein Vater hat gesagt, dass er keine Almosen von mir will.“
Diese Vorstellung schmerzte Louisa sehr. Garrett hatte doch nur helfen wollen. „Du musst dich scheußlich gefühlt haben.“
„Obwohl mein Vater schon immer sehr stolz gewesen ist, habe ich mit so einer Reaktion nicht gerechnet. Ich hatte gehofft, er würde endlich einsehen, dass mein Studium für irgendetwas gut gewesen ist und dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Er hat immer gesagt, dass das Land eines Tages mir gehören würde. Aber damit hat er wohl gemeint: wenn ich einmal wie er Farmer sein würde. Und weil ich das nicht wollte, wäre ihm anscheinend lieber gewesen, wenn die Farm von einem Fremden gekauft worden wäre.“
Dass Garrett so ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater hatte, berührte Louisa tief. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sehr dich das verletzt haben muss.“
„Ich war eher resigniert. Und irgendwie war ich auch erleichtert. Er hatte mir endlich seinen Standpunkt klargemacht, sodass ich aufhören konnte, ihm gefallen zu wollen.“
„Du hast doch aber danach noch versucht, mit ihm zu reden, oder?“
„Dafür gab es keinen Grund. Er hatte alles gesagt.“
„Aber er ist dein Vater. Er liebt dich doch!“
„Dafür ist es jetzt wohl zu spät.“
„Dafür ist es nie zu spät, Garrett. Wenn du nicht wenigstens versuchst, euren Streit zu beenden, bevor er stirbt, wirst du dein ganzes Leben lang darunter leiden.“
„Warum interessierst du dich auf einmal so für meine Familie?“
„Anne hat mir neulich etwas über unseren Vater erzählt, und …“ Sie schluchzte und versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
„Stimmt was nicht?“, fragte Garrett.
„Es sieht nicht gut aus“, brachte sie mühsam hervor und erzählte ihm, was sie von Anne erfahren hatte.
Garrett hatte geglaubt, er würde sich darüber freuen, dass der König nicht mehr auf den Thron zurückkehrte. Und selbst wenn der alte Mann nicht starb, würde er nicht länger regieren. Das wiederum bedeutete, dass Garrett seinem Ziel ein großes Stück näher gekommen war – die Position als Aarons Vertreter schien in greifbare Nähe gerückt zu sein.
Zumindest hätte er erleichtert sein müssen, weil seine harte Arbeit endlich Früchte trug. Stattdessen fühlte er sich wie ein mieser Schuft. Früher hatte er in der königlichen Familie nicht mehr als eine Herausforderung gesehen, die es zu bewältigen galt. Gesichtslose Individuen, die er für seine Zwecke hatte einspannen wollen. Diese Vorstellung hatte ihm sehr gefallen – bis er die Menschen kennengelernt hatte.
Jetzt hatte sich alles verändert, und Garrett schämte sich dafür, dass er so berechnend
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