Wovon eine Prinzessin träumt (German Edition)
taten, als wäre alles ganz normal. Irgendwann schlief ihr Vater ein, und ihre Mutter ging mit ihr in den privaten Warteraum nebenan. Sobald sie ihn betreten hatten, umarmte Louisa sie und drückte sie fest.
„Wofür ist das denn?“
„Weil du so ausgesehen hast, als könntest du es gebrauchen“, erwiderte Louisa.
„Ach, mir geht es gut“, entgegnete ihre Mutter scheinbar unwirsch. „Ich bin bloß müde und habe Heimweh.“
„Und du machst dir Sorgen wegen Vater?“
„Da gibt es nichts, weswegen ich mir Sorgen machen muss“, behauptete ihre Mutter. Aber Louisa entging der angespannte Unterton nicht. „Sein Kardiologe ist gestern hier gewesen. Er ist zuversichtlich, dass die Herzpumpe gut funktionieren wird. Wir müssen nur Geduld haben.“
Noch vor einer Woche hätte Louisa ihr geglaubt. Doch jetzt sah sie die Welt mit anderen Augen. „Das ist eine schöne Vorstellung“, entgegnete sie. „Aber warum sagst du mir jetzt nicht, was der Arzt wirklich meint?“
Eine Weile hielt ihre Mutter die Fassade der unbeschwerten Ehefrau noch aufrecht. Dann aber wich ihr alle Farbe aus dem Gesicht, und sie schluchzte in Louisas Armen. Tröstend strich Louisa ihrer Mutter über den Rücken und das Haar, so wie ihre Mutter es vor Jahren mit ihr getan hatte.
Schließlich beruhigte sie sich, und die Anspannung schien allmählich von ihr abzufallen. „Es tut mir leid, dass ich mich so gehen lasse“, entschuldigte sie sich. „Ich sehe bestimmt furchtbar aus.“
„Wir müssen alle mal weinen. Und überhaupt, du siehst wundervoll aus, so wie immer.“
„Die letzten Wochen sind ziemlich anstrengend gewesen. Eigentlich geht es ja schon so die letzten Jahre.“
„Es funktioniert nicht“, sagte Louisa. „Die Pumpe, meine ich. Stimmt’s?“
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Eigentlich hätte es schon viel besser sein müssen. Aber je länger die Pumpe angeschlossen ist, desto größer ist das Risiko, dass er eine Infektion bekommt. In seinem Zustand kann das tödlich sein.“
„Und ohne die Pumpe?“
„Würde er noch ein paar Jahre zu leben haben.“
Sie wussten beide, dass das nicht stimmte. Der König hatte weder genug Lebensmut noch Stärke. Louisa sah ihre Mutter fest an. „Wie hoch ist das Risiko für einen weiteren Herzinfarkt?“
„Sehr hoch.“
„Und die Aussichten, dass er es überleben würde?“
„Sehr schlecht. Sein Herz ist bereits sehr mitgenommen.“
„Wie nimmt er die Neuigkeiten auf?“
„Ich glaube beinah, dass er sogar erleichtert ist. Er hat so hart gekämpft. Jetzt kann er den Kampf aufgeben, ohne das Gefühl haben zu müssen, uns enttäuscht zu haben.“
„Er könnte mich niemals enttäuschen“, sagte Louisa. Nach allem, was Anne mit ihr besprochen hatte, fühlte sie eine neue Erkenntnis in sich reifen: Sie war in der Lage, ihren Vater gehen zu lassen, weil es an der Zeit war. Natürlich schmerzte der Gedanke, ihn zu verlieren. Doch es war ein Trost zu wissen, dass ihr Vater seinen Frieden finden konnte.
Sie war erstaunlich gefasst, als sie am Abend mit Garrett telefonierte und ihm die Lage schilderte.
„Wenn du mich brauchst, bin ich mit dem nächsten Flugzeug in London“, versprach er ihr mehr als ein Mal. „Sag einfach nur Bescheid, und ich bin da.“
Sein Angebot war verlockend, aber sie wollte es allein durchstehen. Sie musste wissen, dass sie es konnte. Denn wenn sie hiermit zurechtkam, konnte sie sich auch jeder anderen schwierigen Lage im Leben stellen. Nach dem Telefonat schaltete Louisa ihr Notebook ein, um im Internet nach der Krankheit ihres Vaters zu recherchieren. In ihrem Postfach entdeckte sie eine E-Mail vom Lebkuchenmann. Der Text lautete: Viele Grüße an den alten Mann.
13. KAPITEL
Louisa war so wütend, dass sie am liebsten ihren Computer aus dem Fenster geworfen hätte. Noch nie hatte jemand sie derart aus der Fassung gebracht.
Er wusste also, wo sie sich aufhielt. Großartig, wirklich. Diese kindischen Spielchen waren einfach lächerlich! Warum bewies er nicht endlich Rückgrat und zeigte sich ihr? Sie und ihre Familie hatten vereinbart, die E-Mails des Lebkuchenmannes zu ignorieren, um ihn nicht zu provozieren. Aber jetzt reichte es Louisa. Außerdem zeigt er sich vielleicht endlich und wird gefasst, wenn ich ihn reize, dachte sie.
Kurz entschlossen schrieb sie zurück: „Du bist ein Feigling.“ Als sie die E-Mail abgeschickt hatte, fühlte sie sich besser. Sie ließ sich eben nicht alles gefallen.
Kaum eine Minute später erhielt
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