Wovon eine Prinzessin träumt (German Edition)
sie die Antwort: „Sei vorsichtig, Lulu. Oder Daddy wird nicht der Einzige sein, der das Zeitliche segnet.“
Er benutzte den Kosenamen, mit dem Anne sie früher immer angesprochen hatte. Woher konnte er ihn wissen? Plötzlich bekam Louisa es mit der Angst zu tun und klappte das Notebook hastig zu. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, auf die E-Mail zu antworten. Was, wenn der Lebkuchenmann ausrastete und jemand anders zu Schaden kam? Dann wäre es ganz allein ihre Schuld. Verdammt! Hätte sie sich bloß zusammengerissen! Entschlossen klappte sie das Notebook wieder auf und leitete die E-Mail an den Sicherheitsdienst weiter. Auch wenn sie jetzt Gefahr lief, die neu gewonnene Freiheit wieder zu verlieren, sie musste es tun. Anschließend rief sie Chris an, um ihn zu warnen.
„Dieser widerwärtige Hurensohn“, presste Chris hervor. „Wie viele E-Mails hat er dir schon geschickt, Louisa? Vier oder fünf in den letzten Wochen?“
„Aber woher weißt du …?“
„Weil ich so ein komisches Gefühl hatte, dass du vielleicht nicht alles erzählst, habe ich deine E-Mails überwachen lassen.“
„Meine privaten E-Mails?“
„Keine Sorge. Die Leute vom Sicherheitsdienst haben die strikte Anweisung, ausschließlich die Nachrichten vom Lebkuchenmann zu lesen.“
Woher nahm er sich eigentlich das Recht, in ihre Privatsphäre einzudringen? Louisa atmete tief durch. Hätte sie ihm gleich davon erzählt, hätte Chris nicht zu diesem Mittel gegriffen. Er wollte sie schützen. Und sie? Sie hatte ihren Bruder belogen und dadurch die anderen in Gefahr gebracht. „Ich höre nicht auf, dich zu enttäuschen, oder?“, fragte sie seufzend.
„Das ist mir auch schon aufgefallen.“
„Ich habe wieder mal nur an mich gedacht.“
„Ja. Aber es war wohl auch nicht gerade hilfreich, dass wir die letzten siebenundzwanzig Jahre versucht haben, dich vor allem zu bewahren.“
„Ich möchte nicht länger dieser Mensch sein, Chris. Ich will endlich Verantwortung übernehmen.“
„Das würden wir alle begrüßen.“
„Wie dem auch sei, eine ganz dumme und unverantwortliche Sache muss ich dir noch beichten“, fuhr Louisa fort und runzelte die Stirn.
„Was hast du getan?“
Sie erzählte ihm von der E-Mail, die sie dem Lebkuchenmann geschrieben hatte.
„Das ist wirklich blöd! Du weißt doch, dass wir ihn nicht provozieren sollen. Warum haben wir die Sicherheitsfachleute überhaupt engagiert, wenn wir nicht auf sie hören?“
„Vielleicht irren sie sich ja dieses Mal. Vielleicht sollten wir ihn reizen, damit er sich zeigt und endlich gestellt werden kann.“
„Das ist zu gefährlich.“
„Chris, vielleicht wäre es das Risiko wert. Wie lange können wir denn noch so leben? Ständig in Alarmstufe rot. Jemand muss etwas unternehmen.“
„Wir haben alle genug davon, Louisa. Allerdings darf dafür niemand sein Leben aufs Spiel setzen. Du musst Geduld haben.“
Obwohl sie ihn verstand, konnte sie den Frust nicht niederkämpfen. Sie hatte es satt, geduldig zu sein. Die süße, sanfte und meist gehorsame Prinzessin Louisa! Diese Frau konnte sie nicht mehr ausstehen. Sie hatte bereits so viel Zeit damit verschwendet, sich über den Stalker Gedanken zu machen. Stattdessen wollte sie das Leben in vollen Zügen genießen. Und das war genau das, was sie von nun an zu tun beabsichtigte: ihr Leben leben.
Garrett war erschöpft, als er am Dienstagabend die Eingangstür zu seinem Haus aufschloss. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, und er wünschte nichts mehr, als die Sachen auszuziehen, aufs Bett zu fallen und Louisa anzurufen. Mittlerweile war es für ihn zum Highlight des Tages geworden, ihre Stimme zu hören. Und er freute sich sehr auf den nächsten Abend, wenn Louisa zurückkehren würde. Das Sprichwort „Liebe wächst mit der Entfernung“ schien sich in ihrem Fall absolut bewahrheitet zu haben.
Er legte seine Tasche auf den Tisch unten an der Treppe und las im Arbeitszimmer kurz seine E-Mails. Anschließend ging er in die Küche, um sich einen Drink einzuschenken. Bereits vom Flur aus sah er, dass in der Küche Licht brannte. Da die Krankenschwester bereits vor einer Stunde gegangen war, konnte das nur bedeuten, dass Ian noch auf war. So seltsam es war, aber Garrett hatte sich daran gewöhnt, nicht mehr in ein leeres Haus zurückzukehren. Die Gegenwart seines Bruders störte ihn nicht annähernd so sehr, wie er befürchtet hatte. Und er hatte keine Angst mehr, das Haus am Abend leer geräumt
Weitere Kostenlose Bücher